Wie Sie Zusatzleistungen nutzen und Geld sparen

Osteopathie gegen Rückenbeschwerden

Viele Menschen wünschen sich eine osteopathische Behandlung. Gesetzlich Versicherte bekommen dazu von ihrer Kasse unter Umständen finanzielle Unterstützung.

(Foto: DEEPOL by plainpicture)

Düsseldorf, München Dieser jährliche Check sollte für gesetzlich Versicherte so selbstverständlich sein wie die Kontrolluntersuchung beim Zahnarzt: Hat meine Krankenkasse den Beitrag erhöht, hat sie Leistungen gestrichen oder gar neue aufgenommen? Im Juni 2022 waren mehr als 73 Millionen Menschen in Deutschland in einer der 96 gesetzlichen Krankenkassen versichert. Was viele Versicherte nicht wissen: Der Wechsel von einer gesetzlichen Kasse in die andere ist seit 2021 nochmals leichter geworden. Pflichtversicherte können nun bereits nach zwölf Monaten die Kasse wechseln statt wie zuvor erst nach 18 Monaten.

Für einen Wechsel kann es zwei wesentliche Gründe geben: den Preis – also der Beitragssatz und Programme der Kassen, die Versicherten helfen, ihren Beitrag zu senken – und Zusatzleistungen. Zwar sind etwa 96 Prozent der Kassenleistungen festgelegt und daher gleich, aber bei den restlichen vier Prozent unterscheiden sich die Krankenkassen mitunter stark. Der jährliche Check der Kasse lohnt sich also.

„Viele Versicherte bleiben über Jahre, ja Jahrzehnte bei der gleichen Kasse“, sagt Sabine Wolter, Referentin Gesundheitsrecht und Gesundheitsmarkt bei der Verbraucherzentrale NRW. Sie rät dennoch: „Verbraucher sollten regelmäßig prüfen, ob ihre Kasse Leistungen anbietet, die sie für sich als wichtig betrachten, und dann gegebenenfalls über einen Wechsel nachdenken.“

Umfangreiche Wünsche der gesetzlich Versicherten

Das Gros der Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen wird durch das Sozialgesetzbuch festgelegt. Entscheidungen wie das Ende der Zuzahlung zu Brillen für alle Versicherten (Abschaffung 2004) oder die Streichung des Sterbegelds (Abschaffung 2003) treffen nicht die Kassen, sondern der Gesetzgeber.

So verbleiben Zusatzleistungen. Welche Angebote die Versicherten am häufigsten nachfragen, ermittelt das Ranking des Kölner Datendienstleisters DFSI. Er wertet aus, welche der 163 möglichen Zusatzleistungen von Ayurveda über Feldenkrais bis Zahnprophylaxe am häufigsten als wichtiges Kriterium von Nutzern des Internetportals gesetzlichekrankenkassen.de angegeben werden. Die 30 am meisten nachgefragten Zusatzleistungen werden neben der Höhe des Beitragssatzes berücksichtigt.

Verbraucher sind laut Wolter gut beraten, ihre Bedürfnisse klar zu ermitteln. So kann es für Menschen, die tagsüber viel stehen und Urlaub in Deutschland lieben, sinnvoll sein, Unterstützung zur Laserbehandlung oder Radiofrequenztherapie bei Krampfadern zu bekommen statt für Reiseschutzimpfungen. Junge Menschen, die gerne durch die Welt reisen, sparen eher, wenn sie die Kasse wählen, die die Kosten für Impfungen auch gegen seltenere Erreger anteilig oder gar ganz übernimmt.

Der Wunsch nach Behandlung bei einem Arzt mit osteopathischer Zusatzausbildung ist eine der am häufigsten nachgefragten Zusatzleistungen. Hier können Versicherte viel Geld sparen, wenn die Kasse sich daran beteiligt oder die Kosten übernimmt. Auch hier gilt es, achtsam zu sein. „Die Krankenkassen übernehmen die Kosten nur, wenn ein zugelassener Arzt mit Zusatzausbildung diese Behandlung anbietet. Sinnvoll ist es für Versicherte daher immer, bei der Kasse vorher zu prüfen, ob die Kosten übernommen werden, auch wenn sie das grundsätzlich tut“, sagt Wolter.

Einige Kassen bieten auf dem Papier eine ganze Reihe von Naturheilverfahren – allerdings im Rahmen eines sogenannten Globalbudgets oder Gesundheitskontos. Das bedeutet nichts anderes, als dass für sämtliche Naturheilverfahren ein festes Budget zur Verfügung steht. Versicherte können dann zwar aus der Gesamtzahl der Verfahren wählen, allerdings ist das Budget in der Regel so knapp bemessen, dass es lediglich für eine Behandlung reicht. Auf Rechnungen von Heilpraktikern, die Osteopathie anbieten, bleiben die Versicherten hingegen sitzen, wenn sie nachträglich bei der Kasse eingereicht werden.

Beschränkte Spielräume der gesetzlichen Krankenkassen bei Zuschüssen

Zudem sollten Interessenten beachten, dass die möglichen Zuschüsse meist gedeckelt sind. So zahlt die BKK Gildemeister Seidensticker drei Mal im Jahr maximal einen Zuschuss von je 40 Euro für die Behandlung bei einem Arzt, der über die Mitgliedschaft beim Deutschen Zentralverein homöopathischer Ärzte (DZVhÄ) dem Vertrag zwischen BKK und DZVhÄ angeschlossen ist.

Bei den Zusatzleistungen sind die Spielräume der Krankenkassen beschränkt, und der oftmals beworbene Zuschuss unterliegt Kriterien, die viele Versicherte nicht erfüllen. So suchten im Untersuchungszeitraum von Juni 2022 bis Juni 2023 viele Menschen nach Zuschüssen für Sehhilfen. Krankenkassen dürfen diese aber ausschließlich Menschen gewähren, die Augenwerte von weniger als minus vier oder mehr als plus sechs Dioptrien haben. Davon sind laut dem Zentralverband der Augenoptiker und Optometristen jedoch gerade mal rund eine Million Volljährige unter den mehr als 40 Millionen Brillenträgern in Deutschland betroffen.

Anspruch auf Zuzahlung oder Übernahme der Kosten für eine professionelle Zahnreinigung (PZR) hat hingegen nahezu jeder gesetzlich Versicherte, die allermeisten Kassen in Deutschland bezuschussen diese mittlerweile.

Die PZR ist auch in der diesjährigen Auswertung die am häufigsten nachgefragte Zusatzleistung von Versicherten. „Wir sehen, dass sich die Nachfrage im Vergleich zum Betrachtungsraum des Vorjahres weiter verstärkt“, sagt Thomas Lemke vom DFSI. Die großen Krankenkassen setzen dabei vor allem auf das Modell der Zuzahlung. Je nach Anbieter unterscheiden sich die Höhe und Häufigkeit der Zuzahlung. Der Versicherte bezahlt die PZR selbst und erhält von seiner Kasse, nachdem er die Rechnung beglichen hat, den Zuschuss.

„Es gibt einige Kassen, die Rahmenverträge mit dem Zusammenschluss Dent Net haben. Die Versicherten können dann bei bestimmten Zahnärzten die Prophylaxe direkt über die Kasse abrechnen lassen“, sagt Lemke. Andere Kassen wiederum, wie etwa die DAK, zahlen eine fixe Summe Zuschuss, haben aber ebenfalls mit einem Netz von Zahnärzten Festpreise vereinbart, die nicht höher sind als der Zuschuss – der Versicherte hat somit am Ende keine zusätzlichen Kosten.

Kassen reagieren auf Druck

Auch die nach Mitgliedern größte GKV, die Techniker Krankenkasse, hat bei der PZR nach langen Jahren der Weigerung eingelenkt und zahlt seit Oktober 2022 einen Zuschuss. „Die Kassen reagieren auf Kundendruck“, sagt Lemke.

Methodik des Rankings

Er beobachtet, dass der vergleichsweise geringe Spielraum der Kassen genutzt wird: „Versicherte sollten das nachrechnen, statt allein auf den Beitragssatz zu schauen.“

Der höchste durchschnittliche Beitrag für die gesetzliche Krankenversicherung liegt momentan bei 807,98 Euro. Das sind 16,2 Prozent der sogenannten Beitragsbemessungsgrenze, die aktuell bei 4987,50 Euro liegt. Da der Arbeitgeber die Hälfte des Beitrags übernimmt, werden vom Bruttoeinkommen jeden Monat lediglich 403,99 Euro abgebucht. Wer ein höheres Bruttoeinkommen hat, zahlt trotzdem nur so viel, als würde sie oder er 4987,50 Euro verdienen.

Die maximale Ersparnis im Verhältnis zum Durchschnittsbeitrag beträgt bei den günstigsten Krankenkassen – das sind aktuell die BKK firmus und die BKK Gildemeister Seidensticker – monatlich 17,46 Euro. Das heißt, die Unterschiede beim Beitrag sind oft in konkreten Zahlen weniger groß und könnten spielend übertroffen werden von den Summen, die Kassen zum Beispiel für Gesundheitskosten dazugeben. Versicherte, die genau wissen, was sie brauchen, können somit nicht nur etwas für ihre Gesundheit tun, sondern auch Geld sparen.

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