„Taiwan darf nicht die Ukraine werden“

Terry Gou

Der Foxconn-Gründer will Taiwan regieren.

(Foto: REUTERS)

Tokio Wenn Terry Gou spricht, hört die Hightech-Welt zu. Schließlich hat der Taiwanese mit Hon Hai Precision Industry, besser bekannt als Foxconn, den weltgrößten Auftragsfertiger für Elektronikartikel wie Apples iPhone aufgebaut. Jetzt will der 72-Jährige eine zweite Karriere starten. Nach zwei gescheiterten Anläufen hat er erneut seine Kandidatur für die taiwanesischen Präsidentschaftswahlen im Januar 2024 erklärt.

Seine Ambitionen machte er auf großer Bühne gleich grafisch deutlich. Ein blauer Pfeil ragte nach oben, davor stand sein Name auf Chinesisch. Dann rief er den Wählern zu, was er wolle: die Ablösung der seit acht Jahren regierenden chinakritischen Demokratischen Fortschrittspartei. Diese habe „Taiwan nach außen in die Gefahr eines Kriegs geführt, nach innen ist ihre nationale Politik voller Fehler“, wetterte Gou.

Schon die Wahlkampfrhetorik zeigt: Bei der Wahl geht es grundsätzlich um den Kurs Taiwans zwischen China und den USA. Die Regierungspartei steht für eine wachsende Distanz zu China. Das konservative Lager, das mit Gou nun drei Kandidaten stellt, will Gespräche mit China, des Friedens wegen.

Die chinesische Führung betrachtet das von den USA unterstützte Taiwan als abtrünnige Provinz, die sie notfalls mit Gewalt mit dem Festland vereinen will. Die USA wiederum stärken Taiwan immer mehr, um China davon abzuschrecken. 

Gou verspricht 50 Jahre Frieden

Gou verspricht eine Wende. „Ich werde nicht zulassen, dass Taiwan die nächste Ukraine wird“, sagte er in Anspielung auf die russische Aggression gegen den kleineren Nachbarn. „Ich verspreche, der Straße von Taiwan für die nächsten 50 Jahre Frieden zu bringen und ein tiefes Fundament gegenseitigen Vertrauens zwischen beiden Seiten der Straße zu legen.“

Das Engagement ist nicht uneigennützig. Gou hat ein unternehmerisches Interesse daran, dass sich die Beziehungen nicht weiter verschlechtern. 1974 gründete er seine Firma. Als Taiwan 1987 das Investitionsverbot für China aufhob, ergriff er die Chance und baute in China seine größten Fabriken. 2020 war Foxconn mit 1,3 Millionen Beschäftigten der größte Arbeitgeber und größte Exporteur Chinas.

2019 zog sich der Gründer aus Sorge um die Beziehungen zwischen Taiwan und China von der Konzernspitze zurück und ging in die Politik. Zunächst versuchte er erfolglos, Präsidentschaftskandidat der konservativen Kuomintang (KMT) zu werden, die Taiwan lange diktatorisch regiert hatte. Im Frühjahr 2023 scheiterte Gou zum zweiten Mal in der KMT. Nun tritt er als unabhängiger Kandidat an.

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Wie genau er eine Entspannung mit China erreichen will, ist vorerst noch sein Geheimnis.

Sein Kontrahent Hou Yu-ih verspricht, Stabilität in die Beziehungen an der Taiwanstraße zu bringen, indem er die Verteidigung stärkt und den Dialog mit China aufnimmt. Der andere Kontrahent Ko Wen-je ist Bürgermeister von Taipeh und schaffte es als solcher, gemeinsame Veranstaltungen mit dem chinesischen Shanghai durchzuführen. Darauf will er als Präsident aufbauen.

Wie Gou das konservative Lager einen will

Doch solche Detailfragen sind für Gou derzeit zweitrangig. „Meine Kandidatur soll die Integration der Opposition fördern“, erklärte er in seiner Rede. Nur so könne er die Wahl gewinnen. Denn bei der Präsidentschaftswahl gibt es nur einen Wahlgang. Der Kandidat mit den meisten Stimmen wird Staatsoberhaupt. Eine absolute Mehrheit ist nicht notwendig.

Bei einem Vierkampf hat deshalb Taiwans Vizepräsident Lai Ching-te von der Regierungspartei die besten Chancen. In einer am Freitag veröffentlichten Umfrage der Nachrichtenseite My Formosa kam er auf 37,5 Prozent, die anderen Kandidaten lagen unterhalb von 20 Prozent. Zusammengenommen hätten die Herausforderer aber eine Mehrheit.

Gou lud seine Rivalen ein, ein gemeinsames Programm auszuarbeiten. Ob sie sich auf einen Spitzenkandidaten einigen können, ist offen. Gou wirbt für sich damit, „der einzige Unternehmer mit Managementfähigkeiten“ im Kandidatenfeld zu sein.

Gleichzeitig verspricht er, auch andere Probleme Taiwans zu lösen, etwa das nachlassende Wachstum und die stagnierenden Löhne. „Ich werde Technologie und Wirtschaft so entwickeln, dass Taiwan in 20 Jahren Singapur überholt und der reichste Mann Asiens wird“, sagte er. „Wenn Singapur das kann, kann Taiwan es auch.“

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