Börsenpläne von Chipentwickler Arm bekommen Dämpfer

London Die Euphorie an den Finanzmärkten über den geplanten Börsengang des britischen Chipdesigners Arm hat einen empfindlichen Dämpfer bekommen. Dem Vernehmen nach strebt der Eigentümer Softbank nur noch einen Marktwert zwischen 50 und 55 Milliarden Dollar für das Unternehmen aus Cambridge an.

Das Debüt von Arm wird weltweit als Test für das Klima für Börsengänge betrachtet. Die Pläne könnten sich zum größten Börsengang des Jahres entwickeln. Das Unternehmen will noch im September etwa zehn Prozent seiner Anteile an der US-Technologiebörse Nasdaq notieren, die Roadshow bei Investoren soll diese Woche beginnen.

Nach Medienberichten wollen sich Hightech-Konzerne wie Apple, Samsung, die Google-Mutter Alphabet, Intel, AMD oder Nvidia als Ankerinvestoren an dem Börsengang beteiligen. Die Tech-Firmen gehören zu den wichtigsten Kunden von Arm und planen laut Insidern jeweils mit Investitionen zwischen 25 und 100 Millionen Dollar. Weitere Großinvestoren könnten hinzukommen. Der Amazon-Konzern, der ebenfalls über einen Einstieg verhandelt hatte, sei dagegen abgesprungen, heißt es.

Der Chipkonzern Arm gilt als heimlicher Riese der globalen Technologiewelt. Kein modernes Smartphone kommt ohne die Entwicklungen der britischen Firma aus. Das Unternehmen mit einem Umsatz von zuletzt knapp 2,7 Milliarden Dollar beschäftigt rund 6000 Mitarbeiter und entwickelt Chips für Mobiltelefone, Tablets, Autos und Smart-TVs.

Der aktuelle Hype um das wirtschaftliche Potenzial von Künstlicher Intelligenz (KI) hat auch die Fantasie der Investoren für Arm beflügelt, obwohl die dafür benötigten Serverchips nur einen Teil des Arm-Geschäfts ausmachen. Hochleistungsfähige Halbleiter sind Voraussetzung für die Verarbeitung riesiger Datenmengen. Arm wurde 1990 als Gemeinschaftsunternehmen von Acorn Computers, Apple und VLSI Technology gegründet.

Michael Hewson, Marktanalyst beim Londoner Broker CMC Markets, sagte in einem Interview, die neue Bewertung sei „wie eine Dosis Realität“ und fügte hinzu: „Ich dachte, dass 64 Milliarden Dollar ein bisschen viel sind.“ Für den britischen Technologieinvestor Helmut Hauser, der selbst zum Gründerteam von Arm gehörte, wäre eine Bewertung von rund 50 Milliarden Dollar „kein schlechtes Ergebnis“.

Softbank kaufte Arm 2016 für 24 Milliarden Pfund

Softbank hatte das britische Unternehmen 2016 für gut 24 Milliarden Pfund (heute umgerechnet 30 Milliarden Dollar) gekauft. Vergangenes Jahr hatten die Japaner versucht, Arm für 40 Milliarden Dollar an Nvidia zu verkaufen, was aber an den Kartellbehörden in Europa und den USA scheiterte. Seither forcieren die Japaner die Börsenpläne.

Man könne mit ziemlicher Sicherheit prognostizieren, sagte Softbank-Chef Masayoshi Son damals nach der Übernahme, dass das Unternehmen in fünf Jahren um das Fünffache wachsen werde. Dazu kam es zwar nicht, doch in einer internen Transaktion mit seinem Risikokapitalfonds Vision Fund bewerteten die Japaner Arm im August noch mit 64 Milliarden Dollar. 

Chiphersteller Arm

Anders als etwa Nvidia profitiert Arm nicht direkt von der boomenden Chipnachfrage.

(Foto: Bloomberg)

Gemessen an den letzten Erlösen hätte sich daraus ein Kurs-Umsatz-Verhältnis von fast 24 für Arm ergeben – das ist doppelt so viel wie der Wert vergleichbarer Firmen wie etwa des Tech-Designers Synopsys. Allerdings erzielen Spezialchipanbieter wie Nvidia aufgrund ihrer Schlüsselstellung bei der KI-Entwicklung Kurs-Umsatz-Zahlen von über 44. Anders als etwa Nvidia profitiert Arm nicht direkt von der boomenden Chipnachfrage, sondern erhält von den Halbleiterproduzenten Lizenzgebühren für das Chipdesign.

Der Finanzinformationsdienst Bloomberg hat ausgerechnet, dass Arm auf Basis des in der Branche erwarteten Kurs-Gewinn-Verhältnisses im kommenden Jahr etwa 1,7 Milliarden Dollar verdienen müsste, um eine Marktbewertung von 64 Milliarden Dollar zu rechtfertigen. Doch laut Börsenprospekt erzielte Arm im abgelaufenen Geschäftsjahr 2022/23 einen bereinigten Nettogewinn von 524 Million Dollar.

Hohe Abhängigkeit von China

Zudem weist das Unternehmen darauf hin, dass etwa ein Viertel seiner Erlöse von China abhängen. Diese Abhängigkeit mache den Chipdesigner „besonders anfällig für wirtschaftliche und politische Risiken“. Das gilt als Hinweis darauf, dass Arm zwischen die Fronten eines Technologiekonflikts zwischen dem Westen und China geraten könnte.

Die US-Regierung versucht, den Zugang Chinas zu den modernsten Chiptechnologien zu beschränken. So hat der amerikanische Präsident Joe Biden gerade angekündigt, die Investitionen amerikanischer Unternehmen in den chinesischen Technologiesektor stärker zu überprüfen. Andere westliche Länder wollen dem Beispiel der USA folgen. Arm erklärt in seinem Verkaufsprospekt, dass US-amerikanische, britische oder chinesische Restriktionen das Geschäft „wesentlich beeinträchtigen“ könnten.

In Großbritannien hat der Börsengang von Arm in New York für politische Verstimmung gesorgt, weil er die Attraktivität des Finanzplatzes London infrage stellt. Arm war bis 2016 an der Londoner Börse notiert, wurde dann aber von Softbank übernommen. Dem britischen Premier Rishi Sunak war es nicht gelungen, die Japaner umzustimmen und zurück nach London zu locken. Gründungsinvestor Hauser zeigte sich enttäuscht über die Entscheidung. Er hoffe aber, dass Arm eine Zweitnotierung an der Themse erwäge.

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