Ukraine erobert wichtige Ortschaft Robotyne

Berlin Die ukrainischen Streitkräfte haben in ihrer Gegenoffensive offenbar die wichtige Ortschaft Robotyne im Südosten des Landes zurückerobert. Das berichten mehrere Quellen übereinstimmend, die Ukraine hat die Eroberung allerdings noch nicht offiziell bestätigt.

Die Ukrainer könnten damit einen ersten Verteidigungsring der Russen – bestehend aus dicht gestaffelten Minenfeldern – überwunden haben, berichten die Experten des US-Militär-Thinktanks Institute for the Study of War (ISW). Die Ortschaft könnte als Ausgangsort für einen Angriff in Richtung Asowsches Meer und Krim dienen – und bedeutet damit einen wichtigen Gewinn für die Ukraine.

In den vergangenen Monaten hatten die Soldaten der Ukraine nur kleinere Fortschritte erzielen können, da russische Minen den Vormarsch vielerorts bremsen. Nach Angaben des ukrainischen Verteidigungsexperten Ivan Stupak sind die Minengürtel teilweise bis zu 15 Kilometer breit. Sie zu überwinden, brauche Zeit, sagte Stupak, der früher für den ukrainischen Geheimdienst SBU tätig war. „Die Soldaten rücken nicht Meter für Meter vor, sondern Zentimeter für Zentimeter.“

Unter den westlichen Verbündeten wuchsen zuletzt die Zweifel an den Erfolgsaussichten der vor drei Monaten gestarteten Gegenoffensive. Die Hoffnung auf eine schnelle Wende mit den gelieferten Nato-Waffen erfüllte sich nicht.

Doch welchen Nutzen diese haben, zeigte sich in Robotyne. Bei den Kämpfen um die stark befestigte Ortschaft kam die 82. Luftlandebrigade der Ukraine zum Einsatz. Diese besteht aus erfahrenen Soldaten, die über moderne Schützen- und Kampfpanzer aus westlicher Produktion verfügen. Während andere Einheiten mit der Gerätschaft überfordert scheinen, wüssten die Kämpfer der Brigade sehr wohl, wie diese eingesetzt werden müssten, sagte ein westlicher Sicherheitsexperte.

Weitere Verteidigungslinien auf dem Weg zur Krim

Doch auch mit der Einnahme enden die Herausforderungen für die ukrainische Armee nicht. Auf den Minengürtel folge eine Linie mit Artillerie und anderen Kampfverbänden sowie eine dritte Verteidigungslinie, erklärten die ISW-Experten. Die Region um die zweite Linie sei allerdings weniger vermint und dürfte den Ukrainern schnellere Geländegewinne ermöglichen.

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In der Tat erhalten die vorrückenden Streitkräfte nun Zugriff auf eine gute ausgebaute Straße Richtung Asowsches Meer, über die sich größere Verbände schnell bewegen lassen. Auf dem Weg liegt die Stadt Tokmak, die ein wichtiger Knotenpunkt für die Logistik des russischen Militärs ist.

Die Versorgung der Truppen fällt Russland nach Angaben aus Sicherheitskreisen zunehmend schwerer, da die Ukraine in den vergangenen Wochen zahlreiche Depots, Brücken und Straßen mit weitreichenden Artilleriegeschossen und Raketen zerstört hat. „Das zeigt seine Wirkung“, sagte der ukrainische Experte Stupak.

Zweifel am Erfolg der Gegenoffensive lassen Vertreter der ukrainischen Streitkräfte nicht erkennen. Langsam, aber stetig rückten die Einheiten vor, berichtet der Offizier Volodoymyr Omelyan dem Handelsblatt am Telefon. Vor dem Krieg war er Minister in Kiew und Diplomat, jetzt befehligt er eine Einheit, die den Luftraum über der Ukraine sichert. „Russland wird uns nicht mehr stoppen“, sagt er.

Russische Kampfhubschrauber nehmen ukrainische Panzer ins Visier

Neben den Minenfeldern nennt der Offizier einen weiteren Grund, warum die Gegenoffensive mehr Zeit braucht. „Unsere Führung will unsere Leute nicht opfern“, sagt Omelyan. Er verweist dabei auf die Luftüberlegenheit Russlands. Hatte Moskau seine Luftwaffe zunächst geschont, komme diese nun stärker zum Einsatz.

Eine Gefahr sind nach seinen Worten die russischen Kampfhubschrauber vom Typ Ka-52. Aus einigen Kilometern können diese mit ihren Waffensysteme die Panzer der Ukraine bekämpfen. Um den Nachteil auszugleichen, brauche die Ukraine Kampfjets aus dem Westen, sagte Omelyan.

Unterdessen gaben die USA bekannt, dass sie die Lieferung von Kampfflugzeugen an Kiew genehmigen wolle. Piloten und Techniker sollen in Dänemark und den Niederlande an F-16-Jets ausgebildet werden. Mehrere Länder wollen später aus ihren Beständen einige Flugzeuge an die Ukraine abgeben.

F-16-Jets

Mehrere Länder wollen Kampfjets an die Ukraine geben.

(Foto: AP)

Einen schnellen Durchmarsch dürfte es aber auch dann nicht geben, da Russland die Verteidigungsanlagen in den besetzten Gebieten in den Monaten aufrüsten konnte, in denen die Ukraine auf Panzer und Flugabwehrsysteme gewartet hat.

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