Tesla soll Kundenbeschwerden ignoriert haben

Tesla

Die Reichweite von Elektroautos ist ein wichtiges Verkaufskriterium.

(Foto: AP)

New York Es ist ein starker Vorwurf. Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters hat der US-Elektroautobauer Tesla die Reichweite seiner Fahrzeuge über Jahre hinweg zu rosig dargestellt.

Kunden, die sich über die mangelnde Reichweite beschwerten, sollen zudem an ein spezielles Service-Team überwiesen worden sein. Dessen Aufgabe war es demnach, die Fahrer von einem Besuch der überlasteten Service-Zentren abzubringen.

Reuters bezieht sich auf die Schilderungen mehrerer ungenannter Insider. Demnach soll Tesla schon vor Jahren damit begonnen haben, die potenzielle Reichweite seiner Fahrzeuge übertrieben darzustellen. Vor etwa zehn Jahren soll Tesla die Algorithmen zur Reichweitenanzeige so angepasst haben, dass bei voller Batterie besonders rosige Prognosen dargestellt wurden.

Erst, wenn die Batterie auf unter 50 Prozent ihrer maximalen Ladung fiel, soll der Algorithmus dem Fahrer demnach realistischere Prognosen für die verbleibende Reichweite angezeigt haben. Tesla reagierte auf eine Kommentaranfrage nicht.

Die Reichweite von Elektrofahrzeugen ist einer der wichtigsten Faktoren bei der Kaufentscheidung von Verbrauchern. Tesla ist nicht der einzige Autohersteller, dessen E-Fahrzeuge regelmäßig nicht die angegebene Reichweite erreichen.

Die südkoreanische Aufsichtsbehörde KFTC hatte Tesla Anfang des Jahres zu einer Geldstrafe von rund 2,1 Millionen Dollar verurteilt, weil das Unternehmen auf seiner lokalen Website zwischen August 2019 und Dezember 2022 falsche Reichweitenangaben gemacht hatte. Tesla-Chef Elon Musk und zwei örtliche Führungskräfte räumten am 19. Juni auf Druck der Aufseher in einer Erklärung „falsche/übertriebene Werbung“ ein.

Auch die US-Umweltschutzbehörde EPA hat Tesla seit dem Modelljahr 2020 aufgefordert, seine Reichweitenangaben um durchschnittlich drei Prozent zu reduzieren.

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Um Kundenbeschwerden aufgrund fehlender Reichweite einzudämmen und die überlasteten Service-Zentren zu entlasten, soll Tesla laut dem Bericht eine eigene Einheit in Las Vegas aufgebaut haben. Diese „Diversion Team“ genannte Einheit sollte Kunden, die sich über mangelnde Reichweite beschwerten, davon abhalten, ihre Fahrzeuge zur Wartung zu bringen, heißt es.

Mitarbeiter sollen die Absage von Service-Terminen gefeiert haben, indem sie ihre Telefone auf stumm schalteten und unter dem Beifall von Kollegen ein Xylophon anschlugen, werden Insider zitiert.

Das Team hatte demnach bis zu 2.000 Fälle pro Woche zu bearbeiten. Ende 2022 sollen Manager ihre Kundenberater angewiesen haben, Fälle schneller abzuschließen, indem keine Ferndiagnosetests mehr an den Fahrzeugen durchgeführt wurden. Tausenden Kunden soll trotzdem mitgeteilt worden sein, mit ihren Autos sei alles in Ordnung, so der Bericht. Seit kurzem soll laut Reuters ein neues Team in Utah für Reichweitenbeschwerden zuständig sein.

Autoexperten wie Christian Koenig überraschen die Erkenntnisse nicht. Viele Tesla-Fahrer räumten „bereitwillig ein, dass sich die im Alltag erzielte Reichweite deutlich von den Herstellerangaben unterscheidet“, so Koenig, der in Atlanta eine Beratung für E-Mobilität führt. „Das bestätigen im Übrigen auch eine Reihe von Fahrzeugtests der Fachpresse.“ Viele Tesla-Besitzer umgingen die geringere Reichweite jedoch durch das heimische Aufladen oder die Nutzung des großen konzerneigenen Ladenetzes.

Tesla war in den vergangenen Monaten wegen überoptimistischer Versprechen verstärkt in das Visier der US-Behörden geraten. Dabei geht es jedoch nicht um Reichweitenangaben, sondern vor allem um die Fähigkeiten von Teslas Autopilot-Systemen.

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