Streamingdienste werben mit Top-Gehältern um KI-Spezialisten

Streik der Medienschaffenden in Kalifornien

Die Autorinnen und Schauspieler sorgen sich um ihre Zukunft, weil ihre Arbeit durch KI-Anwendungen ersetzt werden könnte.

(Foto: AP)

San Francisco Der anhaltende Hollywood-Streik der Medienschaffenden kam offenbar keine Minute zu früh. Denn die großen Medienkonzerne rüsten ihre Abteilungen für Künstliche Intelligenz (KI) derzeit mit immer mehr Macht und Personal aus.

KI-Spezialisten können enorm hohe Gehälter dafür bekommen, dass sie massenhaft traditionelle Jobs eliminieren – so die Furcht der übrigen Filmbranche. Darsteller und Autorinnen streiken derweil dafür, dass ihre Arbeit in einer KI-Filmwelt in Zukunft noch eine Rolle spielt.

Die spektakulärste Offerte mit bis zu 900.000 Dollar Jahresgehalt kommt von Netflix, wo ein Spezialist für den Aufbau einer KI-Plattform gesucht wird, auf der später verschiedene Anwendungen des Konzerns aufbauen sollen. Mit ihr würden Erfolgschancen von digitalen Inhalten untersucht und neue Inhalte vorschlagen werden, heißt es in der Stellenausschreibung. Im Netflix-Jobangebot hieß es zunächst auch, es würde „great content“, toller Inhalt, erstellt. Das wurde später rausgestrichen.

Eine detaillierte Untersuchung des Branchenmagazins „The Hollywood Reporter“ förderte zahlreiche Jobangebote von Medienunternehmen für KI-Spezialisten quer durch die USA zutage. Alle großen Firmen sind dabei. Allein Disney hat mindestens sechs offene Stellen dazu ausgeschrieben.

Derweil sind die Fronten im Streit zwischen den Darstellerinnen und Autoren auf der einen Seite und den großen Medienunternehmen auf der anderen Seite unverändert verhärtet. Der Hollywood-Streik dauert inzwischen mehr als drei Monate. Marktbeobachter halten eine Einigung im laufenden Jahr für unwahrscheinlich. Keine Seite ist bereit, in neue Verhandlungen einzutreten.

Darsteller und Autoren könnten durch KI ersetzt werden

Es geht hauptsächlich um den Einsatz und die Rahmenbedingungen von Künstlicher Intelligenz. Die Studios, vertreten durch die Alliance of Motion Picture and Television Producers (AMPTP), wollen eine großzügige Auslegung von digitalen Eigentumsrechten, die den Unternehmen eine unendliche Nutzung der Aufnahmen von Darstellern bei einmaliger Vergütung erlauben würde.

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Eine Schauspielerin käme etwa für einen Tag ins Studio und würde für ein paar Hundert Dollar Gage umfassend digital aufgenommen. Von da an könnte das Studio diese Aufnahmen unbegrenzt nutzen, verändern und wiederverwerten – und das ohne weitere Bezahlung oder zeitliche Begrenzungen. Autoren müssten zusehen, wie ihre Stoffe von KI umgeschrieben, in andere Werke integriert oder ganz neu geschrieben würden – auch ohne Beteiligungen.

Die aktuelle Flut von hochbezahlten KI-Jobangeboten stößt den Streikenden deshalb besonders bitter auf. Joe Russo, unabhängiger Filmemacher, kommentierte den Bericht des „Hollywood Reporter“ auf Twitter: „Netflix ist bereit, jedem Nachahmer mehr zu zahlen als für unsere Drehbücher.“

Die Medienschaffenden versuchen deshalb, bestehende Eigentums- und Senderechte für das Streamingzeitalter fortzuschreiben. Wenn zum Beispiel mit dem Abbild eines Schauspielers eine neue Serienfigur geschaffen wird, soll dieser Schauspieler auch dafür bezahlt werden. Die Studios wollen diese Verwertungsrechte kostenfrei haben.

Abstruse Auswüchse im Hollywood-Streik

Der laufende Arbeitskampf in Hollywood nimmt derweil immer abstrusere Züge an. Die Universal Studios in Los Angeles wurden Ende Juli von der Kommune zu einer Strafe von 250 Dollar verurteilt, weil sie Bäume vor dem Firmenhauptquartier während der Demonstrationen trimmen ließen, die den protestierenden Medienschaffenden in der Hitze Südkaliforniens wenigstens ein wenig Schatten geboten hatten. In den USA ist es üblich, dass Demonstranten mit Protestplakaten vor einem Firmensitz marschieren, Slogans skandieren und Trillerpfeifen benutzen.

Die Stadt Los Angeles untersuchte den Vorfall und bestätigte, die nötigen Genehmigungen für die Arbeiten seien nicht eingeholt worden. Aufgrund „veralteter Gesetzgebungen“ sei man aber nicht berechtigt, mehr als 250 Dollar Strafe zu verhängen. Universal beteuerte, es habe sich um „ein Versehen“ gehandelt und man werde auf anderen Wegen für Schatten sorgen. Mittlerweile, so berichten Lokalmedien, seien Zelte zum Ausruhen aufgestellt worden und Wasser werde ausgegeben.

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