SAP kauft Softwaremanagement-Firma Leanix

SAP

Der Softwarekonzern übernimmt das Bonner Start-up Leanix.

(Foto: dpa)

Hamburg, Düsseldorf SAP will mit einem Zukauf seine Produktpalette erweitern. Der Softwarekonzern kündigte am Donnerstagmorgen die Übernahme von Leanix an. Das Start-up aus Bonn bietet eine Cloudplattform an, mit der sich Kunden Transparenz über ihre IT-Systeme verschaffen können – eine Voraussetzung für die Modernisierung der eigenen Informationstechnologie. Das Handelsblatt hatte über die bevorstehende Übernahme bereits am Mittwoch berichtet.

Verkäufer sind Investoren rund um die Deutsche Telekom. Die Risikokapitalsparte des Dax-Konzerns, Deutsche Telekom Capital Partners, hält bislang 22 Prozent der Anteile. Leanix könnte Unternehmenskreisen zufolge mit knapp 1,2 Milliarden Euro bewertet werden. Die Deutsche Telekom und SAP lehnten dazu am Mittwochabend Stellungnahmen ab.

Leanix hat eine Plattform entwickelt, mit der Unternehmen ihre IT-Landschaft vermessen können. Das System verzeichnet weitgehend automatisch, welche Lösungen in welchen Versionen zum Einsatz kommen. Gründer und Chef André Christ hat das Konzept mal als „Google Maps für die IT“ bezeichnet.

Das Unternehmen hat das Produkt über die Jahre stetig ausgebaut. Neben Softwareinstallationen können Firmen mittlerweile auch Clouddienste und sogenannte Microservices verwalten, also kleine Anwendungen, die Organisationen in ihre Systeme einbinden, wie beispielsweise den Bezahldienst einer Bank.

Unterstützung für SAP-Strategie

Die Technologie von Leanix könnte SAP helfen, ein zentrales Problem bei der strategischen Neuausrichtung zu lösen. Viele Bestandskunden zögern, S/4 Hana einzuführen – also die seit 2015 verfügbare Generation der Software, mit der Organisationen Geschäftsprozesse steuern. Im Fachjargon ist vom Enterprise Resource Planning (ERP) die Rede.

Nach Zahlen des Marktforschungs- und Beratungsunternehmens Gartner vom Jahresanfang haben fast 70 Prozent aller Bestandskunden noch keine Lizenzen für S/4 Hana gekauft, trotz Angeboten von SAP und Programmen wie „Rise with SAP“, die eine Erleichterung bei der Migration versprechen. Und nur 20 Prozent haben zumindest ein Modul im produktiven Einsatz.

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Ein Hindernis ist die Komplexität: Viele Unternehmen setzen mehrere ERP-Systeme parallel ein und haben die Programme zudem umfassend individuell konfiguriert. Der Wechsel auf S/4 Hana gilt daher als langwierig und kostspielig. Transparenz über die IT-Landschaft beschleunige die Transformation, warb Leanix-Chef Christ im vergangenen Jahr um SAP-Kunden.

Diese Umstellung will das SAP-Management mit der Übernahme nun offenbar beschleunigen. Sollte das gelingen, profitiert der Softwarehersteller doppelt: Einerseits vom Verkauf seines Kernprodukts S/4 Hana, andererseits von der Vermarktung zusätzlicher Angebote, die Kunden im Zuge einer Umstellung kaufen, von der Beschaffungssoftware bis zur künstlichen Intelligenz.

Starkes Wachstum

Die Akteure in den beiden Unternehmen kennen sich seit einiger Zeit. Leanix arbeitet seit einigen Jahren mit dem Geschäftsprozess-Spezialisten Signavio zusammen, den SAP 2021 für 950 Millionen Euro übernommen hat. Im vergangenen Sommer kündigten der Konzern und das Start-up zudem eine strategische Partnerschaft an, die eine Abstimmung der Produktentwicklung und einen gemeinsamen Vertrieb beinhaltet.

Dass das Geschäftsmodell funktioniert, hat Leanix in den vergangenen Jahren bewiesen. Der Umsatz stieg 2022 laut Geschäftsbericht um 64 Prozent auf knapp 57 Millionen Euro, trotz der wirtschaftlichen Unsicherheit.

Zu den Kunden zählen Unternehmen wie Adidas und Beiersdorf, Atlassian und Dropbox. Profitabel ist das Start-up nicht, nicht zuletzt wegen der Investitionen in Produkt und Vertrieb betrug der Fehlbetrag 14 Millionen Euro.

Von dem Deal dürften mehrere Investoren profitieren, neben Deutsche Telekom Capital Partners beispielsweise Goldman Sachs: Die Investmentbank war im Sommer 2020 Hauptinvestor bei einer Finanzierungsrunde über 80 Millionen Dollar. Ebenfalls beteiligt sind Insight Partners, Capnamic und Iris Capital. Insgesamt hat das Start-up 120 Millionen Dollar Risikokapital erhalten.

Mitarbeit: Arno Schütze

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