Putin und Erdogan treffen sich in Sotschi

Erdogan und Putin (hier im März 2020)

Kiew Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski entlässt seinen Verteidigungsminister und will mitten in der Gegenoffensive nun den jungen Politiker Rustem Umerow in dem Amt sehen. Er werde dem Parlament den 41 Jahre alten Chef des staatlichen Vermögensfonds als Nachfolger des geschassten Olexij Resnikow vorschlagen, teilte Selenski am Sonntag in seiner abendlichen Videobotschaft mit. Resnikows Abgang war seit Längerem erwartet worden.

Der Unternehmer und Investor Umerow, der krimtatarischer Abstammung ist, setzt sich seit Jahren für eine Befreiung der bereits 2014 von Russland völkerrechtswidrig annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim ein. Als neuer Verteidigungsminister hätte er weniger auf den Verlauf der aktuellen Gegenoffensive Einfluss, die Verantwortung haben Selenski als Oberbefehlshaber der Streitkräfte und die Generäle. Umerow müsste sich vor allem um die Finanzierung der Armee und um deren Ausstattung mit Waffen und Munition sowie um die Versorgung kümmern.

Umerows Eltern waren wie viele Krimtataren unter Sowjetdiktator Josef Stalin von der Krim deportiert worden. Umerow war laut ukrainischen Medien Stipendiat eines US-Programms für künftige Führungskräfte (FLEX) und gilt als Experte für Finanzwirtschaft. Nach seiner Zeit als Abgeordneter im ukrainischen Parlament von 2019 bis 2022 wurde er vor einem Jahr zum Chef der staatlichen Vermögensverwaltung ernannt.

Der Politiker ist auch stellvertretender Vorsitzender der Krim-Plattform, eines jährlichen Forums, das sich der Wiedereingliederung der Halbinsel in die Ukraine widmet. Er setzt sich nicht zuletzt für den Austausch von politischen Häftlingen und Kriegsgefangenen auf der Krim ein, wie ukrainische Medien berichteten. Im August 2021 überreichte Selenski ihm einen Orden für Verdienste für das Vaterland.

Resnikows Absetzung wurde seit langem erwartet

Resnikow habe seit Beginn des russischen Angriffskriegs 550 Tage als Verteidigungsminister gedient, sagte Selenski am Sonntag. „Ich bin der Meinung, dass das Ministerium neue Herangehensweisen braucht und andere Formate der Zusammenarbeit mit den Soldaten und der Gesellschaft insgesamt“, sagte der Präsident. Resnikow war seit November 2021 Verteidigungsminister. Die Ukraine verteidigt sich seit mehr als 18 Monaten gegen die russische Invasion.

Olexij Resnikow

Resnikow habe seit Beginn des russischen Angriffskriegs 550 Tage als Verteidigungsminister gedient.

(Foto: dpa)

Schon im vergangenen Winter war ein Rücktritt Resnikows im Gespräch gewesen. Der nach Skandalen in seiner Behörde in die Kritik geratene Politiker dachte aber nicht an einen freiwilligen Rücktritt. Er wolle erst zurücktreten, wenn ihn Selenski dazu auffordere, sagte Resnikow Anfang Februar. „Kein Beamter bleibt ewig im Amt“, fügte er hinzu.

Zu der Reihe von Skandalen und Affären im Verteidigungsministerium in der Ära Resnikow gehört unter anderem der Rücktritt seines Stellvertreters Wjatscheslaw Schapowalow. Er hatte im Winter im Zusammenhang mit dem Einkauf überteuerter Lebensmittel für Soldaten seinen Hut nehmen müssen. Zudem soll nach Medienberichten beim Bau von Kasernen Geld veruntreut worden sein. Resnikow wies die Vorwürfe stets zurück. Ziel sei es offenbar, das „Vertrauen in das Verteidigungsministerium zu einem sehr wichtigen Zeitpunkt zu untergraben“, erklärte er damals. Die Ukraine gilt als eines der korruptesten Länder Europas.

Ukrainische Medien hatten mehrfach – und verstärkt in den vergangenen Tagen – darüber berichtet, dass eine Ablösung des 57-jährigen Resnikow unmittelbar bevorstehe. Der Minister hatte zuletzt immer wieder erklärt, dass er bereit sei, zu gehen, aber ein Ersatz für ihn gefunden werden müsse. Mit Selenski habe er über einen anderen Posten gesprochen. Vakant ist etwa die Stelle des Botschafters in London.

Resnikow: 100 Milliarden US-Dollar Militärhilfe

In seinem letzten Interview als Verteidigungsminister bezifferte Resnikow die bisher von den westlichen Verbündeten der Ukraine geleistete Militärhilfe auf rund 100 Milliarden US-Dollar (rund 93 Milliarden Euro), darunter fast 60 Milliarden US-Dollar von den USA.

Das sei Geld, das für Waffen, Militärgerät und Munition ausgegeben worden sei, sagte er der staatlichen Nachrichtenagentur Ukrinform. Darüber hinaus erhält die Ukraine auch Milliardenhilfen des Westens, um etwa ihren Staatshaushalt zu finanzieren. Ferner bekräftigte Resnikow, dass die vom Westen versprochenen F-16-Kampfjets im Frühjahr im Frontgebiet einsatzbereit sein sollen.

Putin und Erdogan treffen sich in Sotschi am Schwarzen Meer

Der russische Präsident Wladimir Putin und der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan treffen sich an diesem Montag zu Gesprächen in Sotschi am Schwarzen Meer. Dabei wird es um bilaterale und um internationale Fragen gehen, wie der Kreml mitteilte. Ein wichtiges Thema der Gespräche, die am Mittag beginnen sollen, ist die von Erdogan geforderte Rückkehr zu dem Abkommen zur Verschiffung von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer. Das Abkommen ist wichtig für die Versorgung der Welt mit Lebensmitteln.

Die Türkei sorge sich zudem um die Sicherheit in der Schwarzmeer-Region, hieß es aus Ankara. Putin hatte für eine Rückkehr zu dem im vorigen Jahr unter Vermittlung der Erdogan-Regierung und der Vereinten Nationen ausgehandelten Abkommen Bedingungen gestellt. So sollten die vom Westen im Zuge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine erlassenen Sanktionen gelockert werden, damit Moskau auch eigenes Getreide und Düngemittel wieder ungehindert exportieren kann. Für die Türkei sind auch die russischen Gaslieferungen durch das Schwarze Meer wichtig.

Es ist das erste Treffen der beiden Staatschefs seit Erdogans Wiederwahl im Mai. Die Beziehungen beider Länder sind keineswegs unbelastet, nicht nur im Bürgerkriegsland Syrien stehen sie sich als Konfliktparteien gegenüber. In der Konfliktregion Berg-Karabach steht die Türkei auf der Seite von Aserbaidschan, das 2020 einen Krieg um das Gebiet gegen Armenien gewonnen hatte. Armenien hingegen sieht sich von Putin und der Schutzmacht Russland im Stich gelassen.

Selenski dankt Macron für Unterstützung

Selenski dankte bei einem Telefonat mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron für die bisherige Militärhilfe. Selenski sagte, es würden auch ukrainische Piloten in Frankreich ausgebildet, was die internationale Kampfjet-Koalition noch schlagkräftiger mache. Besprochen worden seien mit Macron außerdem die nächsten Hilfspakete. Details nannte Selenski nicht.

So berichtet das Handelsblatt über den Ukraine-Krieg:

Vereinbart worden sei auch, dass Frankreich und französische Unternehmen am Ukrainischen Forum der Verteidigungsindustrie teilnehmen sollten. Das Land will zu einem der größten Waffenproduzenten der Welt werden. Die Ukraine produziert inzwischen nach offiziellen Angaben auch Raketen mit größerer Reichweite sowie schlagkräftige Drohnen und will diese nach Kriegsende auch exportieren.

Russland: Vier ukrainische Militärschlauchboote im Schwarzen Meer zerstört

Russische Marineflieger haben nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums im nordwestlichen Teil des Schwarzen Meeres vier US-Schlauchboote mit ukrainischen Landungstruppen zerstört.

Die Schlauchboote der US-Marine vom Typ Willard seien auf dem Weg zum Kap Tarkhankut auf der Halbinsel Krim gewesen, teilt das Ministerium über Telegram mit. Reuters konnte die Meldung zunächst nicht unabhängig überprüfen. Die Ukraine äußerte sich zunächst nicht.

Was am Montag wichtig wird

Die ukrainischen Streitkräfte setzen ihre Gegenoffensive fort, um im Süden und im Osten des Landes Gebiete von der russischen Besatzung zu befreien. Zudem treffen sich in der russischen Schwarzmeer-Metropole Sotschi Kremlchef Putin und der türkische Präsident Erdogan.

Mehr: Alle Entwicklungen im Ukraine-Krieg in unserem Newsblog

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