Nur Dienstleister wollen aktuell noch Personal aufbauen

Urlauber am Ostseestrand in Kühlungsborn

Die Tourismusbranche sucht aktuell viele neue Mitarbeiter.

(Foto: dpa)

Berlin Die Beschäftigung in Deutschland befindet sich weiter auf einem Rekordniveau, doch hat die Dynamik deutlich nachgelassen. Das Ifo-Beschäftigungsbarometer, das auf den Personalplanungen von rund 9000 Unternehmen beruht, ist im August leicht auf 97,0 Punkte gesunken – nach 97,1 Punkten im Juli.

„Einstellungs- und Entlassungspläne gleichen sich im Moment aus“, sagt Ifo-Experte Klaus Wohlrabe. „Aufgrund der wirtschaftlichen Schwächephase halten sich viele Unternehmen mit Neueinstellungen zurück.“ Das Beschäftigungsbarometer wird monatlich exklusiv für das Handelsblatt berechnet.

Die aktuellen Konjunktursorgen zeigt auch das Ifo-Geschäftsklima, das die Stimmungslage in den deutschen Chefetagen widerspiegelt. Es ist im August den vierten Monat in Folge gefallen. Die Unternehmen beurteilen ihre aktuelle Geschäftslage als so schlecht wie seit August 2020 nicht mehr. Und mit Blick auf die Zukunft sind sie noch pessimistischer geworden als einen Monat zuvor.

Entsprechend zurückhaltend fallen die Einstellungspläne aus. Nennenswerte Beschäftigungsimpulse gehen einzig und allein noch von den Dienstleistern aus, die wieder etwas stärker auf Expansion ausgerichtet sind. Vor allem die IT- und die Tourismusbranche suchten viele neue Mitarbeiter, erläutert Wohlrabe.

Während Industrieunternehmen schon länger mit dem Gedanken spielen, Entlassungen vorzunehmen, gilt dies mittlerweile auch für den Handel und das Baugewerbe. Dort mache sich die Nachfrageschwäche immer stärker bemerkbar.

So gingen bereinigt um Kalender- und Saisoneffekte sowie um Preissteigerungen bei den Unternehmen des Bauhauptgewerbes im Juni zwei Prozent weniger Aufträge ein als im Mai, wie das Statistische Bundesamt vor wenigen Tagen berichtete. Im Vergleich zum Vorjahresmonat fielen die Aufträge 2,7 Prozent geringer aus. Besonders schwach war der Wohnungsbau mit einem Minus von 12,3 Prozent.

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Immerhin hat sich im Frühjahr der Konsum etwas erholt und schrumpfte nicht mehr. Die Ausgaben der privaten Haushalte blieben trotz Inflation auf dem Niveau des ersten Quartals. Der Einzelhandel kann also hoffen, hält sich bei Einstellungen aber dennoch zurück.

Selbst wenn sich das konjunkturelle Tal mittlerweile auch in leicht steigenden Arbeitslosenzahlen zeigt, sieht Ifo-Experte Wohlrabe keinen Grund zu großer Sorge auf dem Arbeitsmarkt. Es gebe weiterhin viele offene Stellen bei gleichzeitigem Fachkräftemangel, sagt er.

Allerdings hat sich auch die Zahl der offenen Stellen inzwischen deutlich von ihrem Höhepunkt entfernt. Zählte das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) im Schlussquartal 2022 noch fast zwei Millionen offene Stellen, so ist die Zahl im zweiten Quartal dieses Jahres auf gut 1,4 Millionen gesunken.

Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) erwartet in seinem am Dienstag veröffentlichten neuen Konjunkturbericht im Durchschnitt des laufenden Jahres 2,58 Millionen Arbeitslose, 160.000 mehr als im Vorjahr. Zwar seien keine größeren Entlassungen zu befürchten, aber Arbeitslose hätten zunehmend Schwierigkeiten, eine neue Beschäftigung zu finden, schreiben die arbeitgebernahen Ökonomen.

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