Frachter stauen sich wegen Dürre

Containerschiff in einer Schleuse des Panamakanals

Täglich können höchstens noch 32 Schiffe den Kanal passieren.

(Foto: Reuters)

Mexiko-Stadt, Düsseldorf In Panama dreht sich viel vor allem um eins: Schiffe. Vor der Skyline der Hauptstadt Panama City fällt der Blick gewöhnlich auf Dutzende Containerschiffe, Öltanker und andere Frachter.

Vor der Pazifikküste des Kanals ist eigentlich immer Stau, schon zu normalen Zeiten, in denen rund 14.000 Schiffe pro Jahr den Panamakanal passieren. Er verbindet Atlantik und Pazifik und verkürzt wichtige Schifffahrtsrouten um Wochen. Aber normale Zeiten sind gerade nicht.

Es herrscht das Klimaphänomen El Niño, durch das über Panama weniger Regen fällt. Zudem zeigt sich der Klimawandel mit allgemeiner Dürre und Niedrigwasser. In der Folge wird es flach in der 80 Kilometer langen Passage zwischen den Ozeanen. Die Kanalbehörde ACP lässt derzeit nur noch weniger und leichtere Frachter durch.

Folglich stauen sich auf beiden Seiten des Kanals die Schiffe. Die Lieferketten und der Welthandel geraten unter Druck.

Der 1914 erbaute und 2016 erweiterte Seeweg hat laut US-Handelsministerium einen Anteil von 46 Prozent am gesamten Containerverkehr zwischen Nordostasien und der Ostküste der Vereinigten Staaten. Im Fiskaljahr 2021 wurden durch den Panamakanal mehr als eine halbe Milliarde Tonnen Güter befördert. Das entspreche etwa 3,5 Prozent des weltweiten Seehandels, sagte der Chef der Kanalbehörde, Ricaurte Vásquez Morales. Hauptprodukte seien Getreide, Rohöl und Ölprodukte.

134 Schiffe warteten auf Durchfahrt im Panamakanal

Die Frachtraten zwischen den chinesischen Häfen und der US-Ostküste steigen bereits. Erste Berichte über sinkende Pegelstände in Panama gab es schon im Juni. Damals kostete der Transport eines 40-Fuß-Standardcontainers zwischen Shanghai und New York noch rund 2500 US-Dollar, wie Daten der Lieferketten-Experten der Beratungsfirma Drewry zeigen. Inzwischen liegt der Preis schon bei mehr als 3400 Dollar.

Damit sind die Preise noch weit von den Pandemie-Rekorden entfernt, als die Frachtraten auf teilweise bis zu 10.000 Dollar anstiegen. Dennoch: Eine möglicherweise monatelange Trockenheit könnte sich auch auf die Inflation auswirken, allen voran in den USA.

Frachtschiff im Panamakanal

Die Preise für Containertransporte durch den Kanal steigen bereits.

(Foto: dpa)

Anfang der Woche lagen 134 Frachtschiffe vor den Pazifikhäfen und warteten auf Durchfahrt, wie die Kanalverwaltung erklärte. Seit dem 30. Juli und bis mindestens 2. September hat die ACP die Zahl der Schiffe, die täglich passieren können, auf 32 begrenzt. Normalerweise sind 36 Schiffe zugelassen.

Zudem wurde der maximale Tiefgang von 50 Fuß (15,24 Meter) auf 44 Fuß (13,4 Meter) reduziert. Das betrifft vor allem die großen Post-Panamax-Frachter, für die der Kanal extra vor Jahren erweitert wurde. Viele Frachter mussten in den Häfen Container abladen, um den Tiefgang zu verringern.

Bis zu elf Tage Wartezeit

Laut der Seefahrt-Consulting-Agentur Clarksons dauert die Durchfahrt derzeit vier Tage. Gewöhnlich sind die Schiffe nach nur einem Tag auf der anderen Seite. Für diesen Monat betrage die durchschnittliche Wartezeit für nicht schon gebuchte Transitfahrten zwischen neun und elf Tagen.

>> Lesen Sie hier: Reedereien melden Umsatzeinbrüche

Noch heute gehört die Passage durch den Kanal zu den anspruchsvollsten und spektakulärsten der Seefahrt. Auf der Fahrt geben die Kapitäne das Kommando an einen Lotsen ab, der die Ozeanriesen in Millimeterarbeit durch den schmalen Wasserweg manövriert. In einer Art Wasseraufzug werden die Schiffe in den Pazifikschleusen auf eine Höhe von 26 Metern über dem Meeresspiegel gehoben und später an den Atlantikschleusen wieder auf Meereshöhe abgesenkt.

Schiff im Panamakanal

Besonders für den Transport von Öl und Öl-Derivaten ist der Panamakanal von Bedeutung.

(Foto: dpa)

Das Wasser, das die Schleusen versorgt, stammt aus zwei künstlich angelegten Seen. Die Reserven des größeren der beiden waren laut der Nachrichtenagentur Bloomberg Ende Juli auf den niedrigsten Stand seit sieben Jahren gefallen.

Der Stausee versorgt aber auch die Bevölkerung Panamas mit Trinkwasser. Deshalb muss der Wasserverbrauch in den Schleusen limitiert werden. Gewöhnlich verschlingt eine einzige Schiffsdurchfahrt bis zu 200.000 Liter Süßwasser.

Panama finanziert die Hälfte des Staatshaushalts durch den Kanal

Die Folgen der reduzierten Durchfahrten machen sich auch in den Staatsfinanzen Panamas bemerkbar, weil die Mauteinnahmen sinken. Im September vergangenen Jahres rechnete die ACP für 2023 noch mit Einnahmen in Höhe von 4,65 Milliarden Dollar, was etwa einen Anstieg von zehn Prozent gegenüber 2022 bedeutet hätte.

Kanalverwalter Vásquez fürchtet, dass die Einnahmen des Kanals kommendes Jahr sogar um rund 200 Millionen Dollar sinken werden. Die Mautgebühren tragen gewöhnlich mit 40 bis 50 Prozent zu den Staatseinnahmen bei.

Angesichts des Klimawandels könnte die Schiffspassage durch den Panamakanal langfristig schwierig werden, weshalb die Reedereien bereits über alternative Routen nachdenken. Mexikos Präsident Andrés Manuel López Obrador bringt dafür seinen „Interozeanischen Korridor am Isthmus von Tehuantepec“ ins Spiel, der Ende des Jahres eingeweiht werden soll. Der Isthmus von Tehuantepec ist in Zentralamerika die schmalste Stelle zwischen Pazifik und Atlantik. Sie ist dort im Süden Mexikos nur rund 250 Kilometer breit und soll mit einer Zugverbindung überbrückt werden.

Allerdings könnten die Reedereien der Welt sich auch entscheiden, über die andere Seite der Welt zu fahren: Eine Fahrt von Shenzen nach Miami dauert durch den Indischen Ozean und über den Atlantik rund eine Woche länger als durch den Panamakanal.

Auf dem Weg befindet sich aber das zweite Nadelöhr für die weltweiten Warenströme: der Suezkanal. Dort verstopfte im vergangenen Jahr ein defektes Containerschiff tagelang den Kanal, weltweite Lieferketten-Störungen waren die Folge.

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