Berlin Innenministerin Nancy Faeser (SPD) will Abschiebungen von abgelehnten Asylbewerbern und ausländischen Straftätern oder Gefährdern erleichtern. Außerdem sollen die Ausländerbehörden dadurch entlastet werden, dass sie im Asylverfahren länger gültige Aufenthaltspapiere erteilen können.
Die Vorschläge finden sich in zwei als „Diskussionsentwürfe“ titulierten Papieren, die das Ministerium am Mittwoch veröffentlicht hat. Sie knüpfen an Beschlüsse der Konferenz der Regierungschefs aus Bund und Ländern vom 10. Mai und des „Flüchtlingsgipfels“ von Mitte Juni an und sollen jetzt zunächst mit Ländern und Kommunen erörtert werden.
Die Zahl der Schutzsuchenden in Deutschland ist zuletzt wieder stark angestiegen. Im ersten Halbjahr wurden hierzulande 150.166 Erstanträge auf Asyl gestellt – ein Anstieg um 77,5 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Hinzu kommen Geflüchtete aus der Ukraine, die aber nicht unter das Asylrecht fallen.
Gleichzeitig lassen sich Flüchtlinge, die in Deutschland keinen Schutzstatus erhalten haben und ausreisen müssten, oft nur schwer zur Rückkehr in ihre Heimat bewegen. Ende 2022 waren gut 304.000 ausreisepflichtige Personen registriert. Rund 248.000 davon hatten allerdings eine Duldung, mit der eine Abschiebung zeitweise ausgesetzt wird.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Länderchefs hatten im Mai vereinbart, gesetzliche Regelungen, die Abschiebungen verhindern oder erschweren, anzupassen. Faeser will nun unter anderem die Anordnung von Abschiebehaft erleichtern und den Behörden mehr Befugnisse bei der Durchsuchung von Gemeinschaftsunterkünften geben.
Handy-Daten sollen helfen, die Identität von Geflüchteten festzustellen
Außerdem soll die Höchstdauer des sogenannten Ausreisegewahrsams von aktuell zehn auf 28 Tage verlängert werden. Geflüchtete können dann im Transitbereich eines Flughafens oder einer Unterkunft festgehalten werden, wenn der Verdacht besteht, dass sie sich ansonsten der Abschiebung entziehen.
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Außerdem will die Innenministerin den Behörden erlauben, Daten von Smartphones oder aus Cloud-Diensten auszulesen, wenn ein Geflüchteter keinen Pass vorweisen kann und der Datenabgleich hilft, seine Identität festzustellen.
Der Ministerin geht es aber auch um eine Entlastung der Ausländerbehörden. Diese arbeiten angesichts der stark gestiegenen Flüchtlingszahlen aus der Ukraine und anderen Ländern ohnehin an der Kapazitätsgrenze. Zugleich sollen sie aber dabei mitwirken, dass schnell mehr ausländische Fachkräfte im Rahmen der Erwerbsmigration nach Deutschland kommen.
Um Bürokratie abzubauen, sollen künftig Aufenthaltspapiere für Asylsuchende für längere Zeiträume ausgestellt werden können. Für noch in Gemeinschaftsunterkünften lebende Geflüchtete beispielsweise nicht mehr für drei, sondern für sechs Monate.
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Außerdem strebt Faeser an, den Datenaustausch der Ausländerbehörden mit den Sozialämtern und Jobcentern zu erleichtern, die Leistungen auszahlen oder sich um die Arbeitsmarktintegration kümmern. Dazu soll im Ausländerzentralregister (AZR) beispielsweise auch gespeichert werden, welche Sozialleistungen ein Asylbewerber über welchen Zeitraum bekommen hat und welche Behörde dafür zuständig ist. Außerdem strebt das Innenministerium an, den automatisierten Datenabruf aus dem AZR zu erleichtern.
Nach dem Dialogprozess mit den Ländern und Kommunen sollen aus den Diskussionspapieren dann Gesetzentwürfe werden. Einen Zeitrahmen dafür nannte das Innenministerium nicht.
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