Excelsior Hotel Ernst: Mehr Köln geht nicht

Ein Stadthotel in Familienbesitz mit langer Geschichte – das gibt es heute kaum noch. Viele der großen, namhaften Häuser gehören längst zu einer der großen Marken. Eine der Ausnahmen steht in Köln, direkt am Dom. Das einzige Grandhotel der Stadt, das Excelsior Hotel Ernst, ist seit mehr als 150 Jahren in Familienbesitz und hat trotz Grandezza ein echt „kölsches Herz“.

Kölsche Frohnatur und Grandhotellerie – auf den ersten Blick passt das so gar nicht zusammen. Luxus verbindet man eher mit der bekannten Nachbarstadt. Köln hingegen gilt eher als Arbeiterstadt, als echt, ohne viel Gedöns. Doch es gibt einen Ort in Köln, an dem sich diese Gegensätze vereinen, wo Luxus und Herzlichkeit und sogar Historie miteinander verschmelzen.

Das Excelsior Hotel Ernst ist gerade 160 Jahre alt geworden. 1863 wurde es vom „Königlichen Hofrestaurateur am Zentralbahnhof“ Carl Ernst gegründet, der dem Hotel auch seinen Namen gab. Keine zehn Jahre später verkaufte Ernst sein Hotel – an Friedrich Kracht. Seither ist das Haus in den Händen der Familie Kracht.

Zwar starb Friedrich Kracht kurz nach dem Erwerb des Hotels und sein Sohn Karl heiratete in die Familie des berühmten Züricher Hotels Baur au Lac ein, doch Mutter und Tochter Kracht führten und vererbten das Kölner Hotel weiter.

1989 übernahm Charles Roulet die Geschäfte in Köln. Roulet ist der Urenkel des in die Schweiz ausgewanderten Karl Kracht. So ist also das Hotel Ernst seit mittlerweile 152 Jahren in der Hand von nur einer Familie und in einer Aktiengesellschaft mit dem Züricher Baur au Lac.

Motto ist Programm

Mit ganzem Herzen Grandhotel – so lautet das Motto des Excelsior. Und genau so ist es: Die Mitarbeiter sind ausnahmslos freundlich, auf eine rheinländische Art sehr persönlich, und gleichzeitig strahlt das Haus die Grandezza aus, die ich von einem Grandhotel erwarte.

Suite mit Domblick

Die Zimmer im Excelsior Hotel Ernst entsprechen dem Anspruch eines Grandhotels.

(Foto: Excelsior Hotel Ernst)

Die Zimmer sind renoviert, die öffentlichen Bereiche elegant, überall stehen wunderschöne Blumenarrangements. Das Haus ist in einem exzellenten Zustand, ich spüre die herzliche Hand des Grandhoteliers Georg Plesser in jeder Ecke.

Was mich aber besonders beeindruckt, ist die Gastronomie des Hauses. Gleich zwei sehr gute Restaurants gehören zu dem mit nur 142 Zimmern doch eher kleinen Stadthotel. Der Schweizer Besitzer Charles Roulet legt großen Wert darauf, Gastronomie ist seine Leidenschaft.

Als ich in der Hanse Stube zu Abend esse, bemerke ich, dass es eben nicht nur ein schönes Hobby des Hotelbesitzers ist, sondern ein richtig gut laufendes Restaurant. Das Essen ist hervorragend, und ich höre neben ein bisschen Englisch und anderen Sprachen vor allem sehr viel kölsche Töne.

Luxus mit einer sympathischen Portion Rheinland

Hoteldirektor Plesser bestätigt meinen Eindruck: 80 bis 90 Prozent der Gäste in der Hanse Stube seien aus Köln und Umgebung. Die Hanse Stube fungiert also quasi als gute Stube für die Nachbarschaft. Wer was auf sich hält und in Köln etwas zu feiern hat oder mit Arbeitskollegen gut essen gehen möchte, diniert im Hotel Ernst.

Hanse Stube

In der Kölner Institution kommen neben Hausgästen auch viele Kölner zum Beispiel für Familienfeiern zusammen.

(Foto: Excelsior Hotel Ernst)

Küchenchef Joschua Tepner setzt in der Küche fort, was im ganzen Haus kombiniert wird: Luxus mit einer sympathischen Portion Rheinland. Auf der Karte steht „Französische Haute Cuisine mit rheinländischen Akzenten“. Serviert wird beispielsweise Oosterschelder Hummer mit Tomaten und Wildkräutern von einem Biohof im Kölner Umland oder Münsterländer Kalb mit einer Sonnenblumenemulsion. Es schmeckt so köstlich, dass ich fast verwundert bin, hier noch keinen Michelin-Stern zu sehen.

Wie beliebt das Haus und die Hanse Stube bei den Kölnern aber wirklich sind, zeigt sich alljährlich in der Weihnachtszeit. Stolze sieben Tonnen Gänsebraten werden in der Zeit zwischen November und Dezember verkauft, jeden Abend ist das Restaurant dafür mit zwei Seatings komplett reserviert.

In der hauseigenen Backstube stellen die Konditoren im Advent zudem rund 4000 Christstollen her. Das Familienrezept dafür holt Plesser jedes Jahr in einem feierlichen Akt aus dem Tresor. Übrigens: Das Hotel bildet aus, Konditoren ebenso wie alle anderen Berufe in der Hotellerie. 35 Azubis lernen derzeit im Excelsior Hotel Ernst.

Azubis und ausgelernte Mitarbeiter scheinen sich in dieser rheinisch-luxuriösen Arbeitsumgebung wohlzufühlen. Die Fluktuation ist gering, die Treue zum Unternehmen groß. Einer der Kellner in der Hanse Stube ist bereits seit 45 Jahren hier in Lohn und Brot – Pardon, Anerkennung und Liebe. Ebenfalls schon lange dabei ist der Koch des zweiten Restaurants. Küchenchef Mirko Gaul hat vor elf Jahren seinen Job im japanischen Restaurant Taku angetreten. Heute ist er 38 und wird schon seit einigen Jahren alljährlich mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet.

Fine Dining

Für das japanische Restaurant Taku hat Chefkoch Mirko Gaul bereits mehrmals einen Michelin-Stern erkocht.

(Foto: Excelsior Hotel Ernst)

Köln ohne Karneval ist undenkbar. Und wie überall in der Stadt herrscht dann auch im Luxushotel Ausnahmezustand. Hier sitzt man allerdings auch buchstäblich in vorderster Reihe, direkt am Domplatz. Diese Tatsache wissen die Besitzer geschickt zu nutzen. In den Zimmern mit Blick auf den Domplatz können Gäste zu Karneval nicht übernachten. Aber nicht, weil es eventuell zu laut wäre. Nein, in den sogenannten Sichtzimmern wird am Rosenmontag jedes Fenster einzeln vermietet. Wer hier einen Platz ergattert, sitzt auf der perfekten Tribüne, um den Rosenmontagsumzug zu verfolgen.

Seit 55 Jahren Rosenmontag am Fenster

An eines der Fenster im ersten Stock kommt seit 55 Jahren dieselbe Familie. Und auch wenn deren Senior nun verstorben ist, die Kinder und Enkel führen die Tradition weiter und beobachten an jedem Rosenmontag den Karnevalsumzug vom selben Fenster aus. Es sind also nicht nur die Mitarbeiter treue Seelen, sondern auch die Gäste. Mehr Köln geht wohl nicht. Ein Hotel, das derart fest in der Stadt verwurzelt ist, kenne ich sonst nirgendwo.

 Raths Reise-Rating (aktuelle Wertung gefettet)

1. Ausdrückliche Reisewarnung
2. Besser als unter der Brücke
3. So lala, nicht oh, là, là
4. Meckern auf hohem Niveau
5. Wenn’s nur immer so wäre
6. Ganz großes Kino

 Insidertipps

Kultur: Zum Abendessen im Hotelrestaurant Taku passt ein Besuch im Museum für Ostasiatische Kunst. Eine beeindruckende Sammlung, und vor der Tür gibt es sogar einen kleinen japanischen Garten.

Joggingstrecke: Zwar nicht am Rhein, dafür schön grün und ohne Autoverkehr ist die Laufstrecke durch den Grüngürtel vom Aachener Weiher bis zum Herkulesberg.

Restaurant: Wer auch im Rheinland lieber Backhendl statt Halver Hahn essen möchte, sollte in Gruber’s Restaurant gehen. Schnitzel, Backhendl, Tafelspitz oder Kaiserschmarren – besser bekommt man es in Wien auch nicht. Auch die Auswahl an österreichischen Weinen ist top.

Über den Autor: Als früherer Grandhotelier und Betreiber der Reiseplattform Travelgrand.ch ist Carsten K. Rath Globetrotter von Berufs wegen. Sämtliche Hotels, über die er für das Handelsblatt schreibt, bereist er auf eigene Rechnung.

Carsten K. Rath, Michael Raschke: Die 101 besten Hotels Deutschlands 2022/23.
Institute for Service- and Leadership Excellence AG/Handelsblatt
594 Seiten
39,90 Euro
ISBN: 978-3033094574

Rath ist Ideengeber des Rankings „Die 101 besten Hotels Deutschlands“, zu dessen Partnern auch das Handelsblatt gehört. Rath ist zudem Autor des Buchs zum Ranking, Co-Autor ist Michael Raschke (Handelsblatt).

Mehr: Das macht die 101 besten Hotels Deutschlands so erfolgreich

source site-12