Ex-Chef Diess hält China-Kooperation für alternativlos

Herbert Diess

Tesla, BYD und VW seien führend in der elektrischen Welt – „dann kommt lange nichts“.

(Foto: IMAGO/regios24)

München Zur obersten Managementkaste der deutschen Autoindustrie gehört Herbert Diess offiziell seit etwa einem Jahr nicht mehr. Trotzdem schaute der frühere Volkswagen-Konzernchef und ehemalige BMW-Vorstand sich auf der IAA Mobility in München die neuesten Innovationen der Branche an.

Ihm gefalle das Konzept der diesjährigen IAA, sagte der 64-Jährige bei einem kurzen Stopp im IAA-Pressezentrum. Er hob auch die Auftritte seiner alten Arbeitgeber lobend hervor: Der neue 5er von BMW sei „toll“, auch das Plattformkonzept „Neue Klasse“ habe „großartige Proportionen“.

Seinem jüngsten Arbeitgeber VW gratulierte er zum „gelungenen“ GTI-Konzept und zeigte sich überrascht: „Das kannte ich ehrlich nicht!“

Spannend fand er auch technische Innovationen wie die des Anbieters Eve. Das chinesische Unternehmen stellt Batteriezellen mit einer ultrahohen Energiedichte her.

Diess hält es für notwendig, dass die deutsche Autoindustrie näher an China heranrücke und in Kooperationen Innovationen vorantreibe. BMW mit Great Wall Motors, Daimler mit Geely, Volkswagen mit Xpeng – „das ist die neue Realität.“ Es sei gut für alle Seiten, wenn man die „Geschwindigkeit in der Produktivität der Chinesen kombiniert mit dem Automobilverständnis und den starken Marken der Europäer.“

Tesla, BYD und VW führend in der elektrischen Welt und „dann kommt lange nichts“

Volkswagen hatte die Plattform-Kooperation mit dem chinesischen Auto-Start-up Xpeng im August angekündigt und sich für 700 Millionen US-Dollar mit etwas mehr als sechs Prozent an dem Unternehmen beteiligt.

Die Stellung der Deutschen in China sieht der Ex-VW-Mann dann auch entspannter als viele Branchenbeobachter. Weltweit sei Tesla die Nummer 1 in der elektrischen Welt, danach komme BYD, dann VW und „dann kommt lange nichts“. Tesla und BYD seien Gründerunternehmen, die kein Traditionsgeschäft mit sich trügen, sagte Diess.

Gemessen daran sei Volkswagens Position stabil. Auf China könnten die Wolfsburger deshalb aus Sicht des Ex-Chefs mit „konzentrierter Gelassenheit“ schauen.

Diess war in seiner Zeit als VW-Vorstandsvorsitzender auf oberster Ebene auch für das China-Geschäft verantwortlich. Im ersten Halbjahr dieses Jahres hatte BYD aus Shenzen die Kernmarke Volkswagen bei den Neuzulassungen in China überholt und ist dort nun neuer Marktführer – VW ist erstmals seit Jahrzehnten nicht mehr Marktführer in der Volksrepublik.

Dass er sich für Kooperationen gen Osten offen zeigt, könnte auch damit zusammenhängen, dass Diess gerade Deals in China macht. Er habe einen Förderantrag „auf ein großes Joint-Venture mit China“ gestellt, das nun bei den Behörden liege.

Es gehe um große Projekte in Spanien, Ungarn und Deutschland. Diess hatte sich zuletzt verstärkt mit Investments in der Solarindustrie beschäftigt und will die Branche nach Europa zurückholen. Derzeit hat die Volksrepublik ein Quasi-Monopol auf Solar-Technik.

Mehr: BYD-Europa-Chef im Interview: „Wir wollen führender internationaler Hersteller in Deutschland werden“

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