Ecowas-Staaten stellen Eingreiftruppe für Einsatz zusammen

Nigerias Präsident und Ecowas-Vorsitzender Bola Ahmed Tinubu

Tinubu setzt in der Niger-Krise auf die Diplomatie.

(Foto: AP)

Niamey, Abuja Die westafrikanische Staatengemeinschaft Ecowas hat ihre Militärchefs angewiesen, „sofort“ eine Eingreiftruppe für einen möglichen Einsatz im Niger zusammenzustellen. Es gehe nach dem Militärputsch in dem Land um die Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung, sagte Omar Touray, der Präsident der Ecowas-Kommission, am Donnerstag nach einem Gipfel der Staatschefs in Nigerias Hauptstadt Abuja.

Die Staatengemeinschaft halte sich „alle Optionen“ offen. Es habe aber Priorität, die verfassungsmäßige Ordnung mit friedlichen Mitteln wiederherzustellen, sagte er weiter.

Zuvor hatte auch der Präsident des regionalen Schwergewichts Nigeria, Bola Tinubu, in seiner Abschlussrede bei dem Gipfel erneut für eine friedliche Lösung des Konflikts mit der Militärjunta geworben. Es sei wichtig, der Diplomatie Priorität zu verleihen, sagte der nigerianische Präsident und Ecowas-Vorsitzende Bola Tinubu. Bislang haben die 15 Ecowas-Staaten aber auch nicht ausgeschlossen, die verfassungsgemäße Ordnung im Niger mit einem Militäreinsatz wiederherzustellen.

Damit hat die Ecowas den Putschisten für den Fall gedroht, dass sie sich weigern, den in seiner Residenz festgehaltenen, demokratisch gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum wieder ins Amt einzusetzen. Bislang zeigt die Junta in Niamey aber keine Bereitschaft zum Machtverzicht oder Einlenken.

Im Gegenteil stellten die Putschisten, die Ende Juli die Kontrolle im Niger übernahmen, in der Nacht zum Donnerstag eine neue Regierung vor. Im staatlichen Fernsehen verlasen sie eine Namensliste mit 21 Personen, die Minister werden sollen.

Ecowas-Chef Tinubu signalisierte dennoch Gesprächsbereitschaft: „Wir müssen alle beteiligten Parteien einbeziehen, einschließlich die Putsch-Anführer, und sie in ernsthaften Gesprächen überzeugen, auf die Macht zu verzichten und Präsident Bazoum wieder einzusetzen“, erklärte er in seiner Eröffnungsrede.

„Es ist unsere Pflicht, alle Wege des Engagements auszuschöpfen, um schnell eine verfassungsgemäße Regierung im Niger zurückzubekommen.“ Der Putsch vom 26. Juli sei eine Gefahr für die Stabilität von ganz Westafrika, betonte Tinubu zudem.

Putschisten empfangen Ecowas-Gesandte

Vor Beginn des Gipfels betonte ein Ecowas-Vertreter, dass eine Militärintervention nur letztes Mittel sein sollte. Mehrere internationale Bemühungen zur diplomatischen Lösung des Konflikts hatten in den vergangenen Tagen aber keinen Durchbruch ergeben.

Ein Hoffnungsschimmer kam zwar am Mittwoch auf, als Anführer der Putschisten Gesandte des Ecowas-Vorsitzenden Tinubu empfingen. Doch die spätere Vorstellung der Regierung zeigt offenbar, dass die Junta daran festhält, ihre Agenda durchzusetzen.

Verlesen wurde die Liste der neuen Kabinettsmitglieder von Mahamane Roufai Laouali, der als Generalsekretär der Regierung vorgestellt wurde. Die künftige Regierung soll mit 21 Ministern etwa halb so groß wie die gestürzte sein. Schlüsselressorts wie das für Verteidigung und das für Inneres gehen an Anführer der Putschisten. Unterstützt wird die Junta im Niger von den Militärregierungen in Mali und Burkina Faso.

Die Ecowas hatte der Junta ursprünglich eine Woche Zeit gegeben, Präsident Bazoum zurück auf seinen Posten zu lassen und die verfassungsmäßige Ordnung wieder herzustellen. Die Putschisten ließen die gesetzte Frist jedoch in der Nacht zu Sonntag verstreichen, ohne darauf einzugehen.

Stattdessen ordneten sie noch am Sonntag vorsorglich und bis auf weiteres eine Sperrung des Luftraums über dem Niger an. Internationale Flüge in dem Gebiet wurden daraufhin teils gestrichen oder umgeleitet.

Weitere Destabilisierung befürchtet

Bazoum wird zusammen mit Familienangehörigen nach Angaben seiner Partei in der Präsidentenresidenz festgehalten. Dort gebe es weder Strom noch fließendes Wasser, hieß es. Seit Tagen seien keine frischen Lebensmittel geliefert worden.

Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Antonio Guterres, äußerte sich besorgt und forderte abermals Bazoums Freilassung und Wiedereinsetzung. Niger gilt als eines der letzten Länder in der Region, die der westlichen Welt freundlich gesinnt sind.

Sollte es zu einem militärischen Konflikt kommen, droht eine weitere Destabilisierung in West- und Zentralafrika, wo allein in den vergangenen drei Jahren nunmehr bereits sieben Putsche verübt wurden.

Die von Hunger und Gewalt geplagte Sahel-Zone zählt zu den ärmsten Regionen der Welt. Tausende Menschen sind ums Leben gekommen, Millionen auf der Flucht, auch mit dem Ziel Europa.

Speziell der Niger ist zudem wegen seiner führenden Rolle bei der Bekämpfung von Islamisten in der Region sowie seiner Uran- und Ölreserven sowohl sicherheitsstrategisch als auch wirtschaftlich relevant für Europa, die USA, China und Russland.

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