Diese Beispiele zeigen, wie teuer Ihr Haus wird

Berlin Ingeborg Müller (Name geändert) besitzt im Zentrum Stuttgarts seit Jahrzehnten ein Haus. Die Lage ist super, nur in die Jahre gekommen ist die Immobilie etwas. Nun könnte sich beides rächen, das hohe Alter und die gute Lage. Nicht nur, dass bald mehr Grundsteuer fällig ist.

Die alte Ölheizung muss wohl bald ausgetauscht werden. Und energetisch ist der Altbau eine mittlere Katastrophe. Die 78-Jährige fürchtet deshalb nicht nur, dass ihr Haus bald wegen der neuen politischen Auflagen zu einer Dauer-Großbaustelle wird, sondern auch, dass die Kosten zu viel für sie werden.

So wie Ingeborg Müller geht es derzeit vielen Eigentümern. Die Grundsteuerreform, das verschobene, aber nicht aufgehobene Heizungsgesetz, die energetische Sanierungspflicht, auf die die EU drängt – auf Immobilienbesitzer drohen hohe Kosten zuzukommen.

Viele Bürger fragen sich: Wie teuer wird es, Immobilieneigentümer zu sein? Das Handelsblatt hat Experten von Haus & Grund berechnen lassen, welche Kosten auf Eigentümer zukommen könnten.

Bei Ingeborg Müller in Stuttgart etwa wird es schnell happig. Die Grundsteuer könnte um 930 Euro im Jahr steigen, der Einbau einer Wärmepumpe 30.000 Euro kosten, die energetische Sanierung ihres Hauses sogar mindestens 100.000 Euro.

Noch sind die Kalkulationen keine definitiven Kosten. So ist etwa bei der Grundsteuer ungewiss, ob und wie stark die Kommunen die Steuersätze anheben.

Auch um den Vorstoß der EU-Kommission, eine Sanierungspflicht für Gebäude der schlechtesten Effizienzklassen einzuführen, wird in Brüssel noch gerungen. Dass sich in vielen Fällen eine energetische Sanierung nicht mehr vermeiden lassen wird, erscheint aber so gut wie sicher.

Einfamilienhäuser

Viele Eigentümer fragen sich, wie sie die hohen Kosten durch die neuen Vorgaben stemmen sollen.

(Foto: IMAGO/Panama Pictures)

Experten wie Kai Warnecke, Präsident von Haus & Grund Deutschland, warnen, dass sich angesichts der sich abzeichnenden Preissteigerungen immer weniger Bundesbürger eine eigene Immobilie werden leisten können. „Immer weiter steigende Nebenkosten, Vorschriften und Auflagen verteuern das Bauen und Wohnen von Eigentümern wie Mietern gleichermaßen“, sagt Wernicke.

Kostentreiber 1 bei Immobilien: Die neue Grundsteuer  

Der erste Kostentreiber für Immobilieneigentümer ist die neue Grundsteuer. Am 1. Januar 2025 tritt die Reform in Kraft, die wegen eines Verfassungsgerichtsurteils im Jahr 2018 nötig geworden war. Alle 36 Millionen Wohnhäuser, Grundstücke und Nichtwohngebäude werden erstmals seit Jahrzehnten wieder zu aktuellen Marktpreisen bewertet, was für einige Eigentümer eine deutlich höhere Steuer bedeuten dürfte.  

Zwar hat die Politik versprochen, die Reform solle insgesamt möglichst nicht zu höheren Einnahmen von Städten und Gemeinden führen. Die Kommunen sind deshalb dazu aufgerufen, die kommunalen Grundsteuer-Hebesätze entsprechend nach unten anzupassen. Doch ob sie das am Ende wirklich tun, ist keineswegs sicher. Immerhin besteht die Aussicht auf höhere Steuereinnahmen. Und selbst wenn sie es tun, wird es immer noch für einige Immobilieneigentümer teurer, insbesondere für diejenigen mit Eigentum in guten Wohnlagen.

>> Lesen Sie hier: So geht das Finanzamt vor, wenn keine Grundsteuererklärung vorliegt

Die ersten Steuerbescheide, die die Finanzämter verschickten, haben viele Eigentümer schockiert. Würden die Kommunen den Hebesatz auf dem heutigen Niveau belassen, droht Eigentümern teils eine bis zu zehnmal höhere Steuer, etwa ein Sprung von 100 auf 1000 Euro im Jahr. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt Haus-und-Grund-Experte Jakob Grimm in seinen Kalkulationen.

Kostentreiber 2: Heizungstausch in Immobilien

Mit der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG), die zum Jahresbeginn 2024 in Kraft treten soll, müssen neue Heizungen zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. In der Praxis wird künftig die Wärmepumpe zur Standardlösung werden, die Gastherme hat ausgedient – zumindest als alleinige Wärmequelle.

Übergangsweise dürfte sie allerdings in hybriden Systemen weiterbestehen, also etwa in Kombination mit einer Wärmepumpe. Hybride Systeme können etwa in Gebäuden sinnvoll sein, die energetisch noch in schlechtem Zustand – sprich: ungedämmt – sind.  

>> Lesen Sie hier: Trendviertel 2023 – Wie es nach dem Ende des Immobilien-Booms weitergeht

Das Öko-Zentrum NRW, ein Beratungsunternehmen mit Schwerpunkt auf ökologischem Bauen und Sanieren, kalkuliert im Fall eines Einfamilienhauses zunächst mit 35.000 Euro für den Wechsel von einer Ölheizung zu einer Luft-Wasser-Wärmepumpe. Der Preis umfasst auch die Demontage der alten Heizung.

Doch das ist nur der einfachste Fall. Deutlich teurer wird es, wenn statt eines Öl- oder Gaskessels etwa eine Nachtspeicherheizung ersetzt werden muss und die Warmwasseraufbereitung dezentral mit Durchlauferhitzern erfolgt.

Wärmepumpe

Mit dem Gebäudeenergiegesetz soll das Heizen nachhaltiger werden.

(Foto: IMAGO/Manngold)

Dann müssen neue Heizkörper eingebaut und Rohre durchs ganze Haus gelegt werden. Auch das Wasserleitungssystem muss angepasst werden, weil Wasser künftig von der Wärmepumpe erwärmt wird. Das Öko-Zentrum rechnet in einem solchen Fall mit Gesamtkosten von rund 57.500 Euro.

Kostentreiber 3: Energetische Sanierung einer Immobilie

Mit dem Heizungstausch allein ist es nicht getan. „Grundsätzlich kann man eine Wärmepumpe auch in einem Gebäude installieren, das energetisch noch gar nicht saniert ist“, sagt Manfred Rauschen, geschäftsführender Gesellschafter des Öko-Zentrums NRW.

Ein Minimum an energetischer Sanierung sollte aber doch sein: „Wir raten dazu, wenigstens die Kellerdecke und die obere Geschossdecke zu dämmen.“ Letzteres sei ohnehin gesetzlich vorgeschrieben. „Die Kosten sind überschaubar und es bringt deutliche Effekte“, sagt Rauschen.

Später könnten Eigentümer weitere Maßnahmen umsetzen und etwa moderne Fenster mit Wärmeschutzverglasung einbauen lassen. Die komplette Gebäudehülle zu dämmen sei sinnvoll, aber teuer. In den meisten Fällen ist es laut Rauschen nicht „zwingend notwendig, diesen Schritt zu gehen“. Für das ganze Sanierungsprogramm mit Dämmung der Fassade, des Dachs und der Keller- und obersten Geschossdecken sowie neuen Fenstern ist bei einem Einfamilienhaus die Grenze von 100.000 Euro schnell überschritten.

Allerdings können die Kosten von Fall zu Fall stark schwanken. Auch regionale Unterschiede spielen eine Rolle. Fachleute empfehlen, einen Energieberater hinzuzuziehen. Eine Vor-Ort-Beratung wird vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) mit bis zu 80 Prozent bezuschusst. Der BAFA-Zuschuss beläuft sich bei Ein- und Zweifamilienhäusern auf bis zu 1300 Euro, bei Wohnhäusern mit mindestens drei Wohneinheiten sind es maximal 1700 Euro.

>> Lesen Sie hier: So kommen Sie an die Förderung für energetische Sanierung

Zur groben Orientierung hat Jakob Grimm von Haus & Grund für das Handelsblatt drei Fallbeispiele berechnet. Sie sind nur ein erster Anhaltspunkt.

Fallbeispiel 1 – Einfamilienhaus Stuttgart

  • Wohnfläche 160 m²
  • Grundstücksfläche 960 m²
  • Baujahr 1952

Kosten Grundsteuer:
Die derzeitige Grundsteuer auf Grundlage des Hebesatzes in Höhe von 520 Prozent und einem Einheitswert von 21.239 Euro beträgt 287 Euro im Jahr. Sofern der Hebesatz nicht abgesenkt wird, wird beim aktuellen Bodenrichtwert von 1240 Euro künftig eine jährliche Grundsteuer von rund 1218 Euro fällig. Die Steuerbelastung steigt in diesem Fall künftig um 931 Euro im Jahr. Das entspricht einer Steigerung von 324 Prozent.

Kosten Heizungstausch:
Für den Einbau einer Wärmepumpe kalkuliert Grimm mit Gesamtkosten in Höhe von 40.000 Euro. Für eine Gasheizung würden dagegen etwa 10.000 Euro anfallen.

Kosten für energetische Modernisierungen auf Effizienzhaus-100-Standard (EH 100):
Die Kosten für die energetische Modernisierung auf den EH-100-Standard hängen stark vom Zustand der Immobilie ab. Ist das Gebäude nicht oder nur geringfügig modernisiert, fallen hier Gesamtkosten zwischen 118.400 Euro und 182.400 Euro an. Bei einem mittel oder größtenteils modernisierten Haus liegen die Kosten zwischen 100.800 Euro und 161.600 Euro.

Fallbeispiel 2 – Mehrfamilienhaus Berlin mit acht Wohnungen

  • Wohnfläche 643 m²
  • Grundstücksfläche 309 m²
  • Baujahr 1904

Kosten Grundsteuer:
Die derzeitige Grundsteuer auf Grundlage des Hebesatzes in Höhe von 810 Prozent und einem Einheitswert von 25.104,00 Euro beträgt 712 Euro im Jahr. Sofern der Hebesatz nicht abgesenkt wird, wird beim aktuellen Bodenrichtwert von 2500 Euro künftig eine jährliche Grundsteuer von 1879 Euro fällig. Die Steuerbelastung steigt in diesem Fall künftig um 1167 Euro im Jahr. Das entspricht einer Steigerung von 164 Prozent.

Kosten Heizungstausch:
Für die Erneuerung des Heizungssystems, das zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben wird (65 Prozent Luft-/Wasser-Wärmepumpe und 35 Prozent Gas-Brennwertgerät), fallen Gesamtkosten in Höhe von 59.500 Euro an (Kosten: Brennwertgerät; Luft-/Wasser-Wärmepumpe; Erneuerung Abgasanlage; Inbetriebnahme, hydraulischer Abgleich). Für eine Gasheizung würden hingegen Kosten in Höhe von etwa 20.000 Euro anfallen.

Grafik

Kosten für energetische Modernisierungen auf Effizienzhaus-100-Standard:
Die Kosten für die energetische Modernisierung auf den EH-100-Standard hängen stark vom Modernisierungsstand der Immobilie ab. Ist das Gebäude nicht oder nur geringfügig modernisiert, fallen hier Gesamtkosten zwischen 276.490 Euro und 450.100 Euro an. Bei einem mittel oder größtenteils modernisierten Haus liegen die Kosten zwischen 263.630 Euro und 398.660 Euro.

Fallbeispiel 3 – Zweifamilienhaus in Fuldatal (Hessen)

  • Wohnfläche 336 m²
  • Grundstücksfläche 584 m²
  • Baujahr 1913

Kosten Grundsteuer:
Die derzeitige Grundsteuer auf Grundlage des Hebesatzes in Höhe von 690 Prozent und einem Einheitswert von 12.680 Euro beträgt 165 Euro im Jahr. Sofern der Hebesatz nicht abgesenkt wird, wird beim aktuellen Bodenrichtwert von 50 Euro künftig eine jährliche Grundsteuer von 507 Euro fällig. Die Steuerbelastung steigt in diesem Fall künftig um 342 Euro im Jahr. Das entspricht einer Steigerung von 207 Prozent.

Grafik

Kosten Heizungstausch:
Für den Einbau einer Wärmepumpe fallen Gesamtkosten in Höhe von 40.000 Euro an. Für eine Gasheizung sind es hingegen Kosten in Höhe von etwa 10.000 Euro.

Kosten für energetische Modernisierungen auf Effizienzhaus-100-Standard:
Ist das Gebäude nicht oder nur geringfügig modernisiert, fallen hier Gesamtkosten zwischen 248.640 Euro und 383.040 Euro an. Bei einem mittel oder größtenteils modernisierten Haus liegen die Kosten zwischen 211.680 Euro und 339.360 Euro.

Mehr: In welchen Regionen sich der Immobilienkauf lohnt

Erstpublikation: 02.08.2023, 10:06 Uhr.

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