Die Übernahme des Hamburger Hafenterminals trennt Berlin und Brüssel


Trotz des europäischen Ziels, sich von chinesischen Investitionen zu entwöhnen, plant der deutsche Bundeskanzler und Ex-Bürgermeister von Hamburg, Olaf Scholz, laut einer neuen Untersuchung einen möglichen Hafenvertrag fortzusetzen.

Die mögliche Übernahme einer Tochtergesellschaft der Hamburger Hafenbetriebsgesellschaft HHLA durch die chinesische Reederei Cosco hat die Behörden in Berlin, Brüssel und der Hansestadt Hamburg laut einem gespalten Ermittlung von deutschen Regionalsendern NDR.

Berichten zufolge ist Scholz sehr daran interessiert, eine Regierungsentscheidung zu blockieren, die die Übernahme stoppen würde, während die Europäische Kommission empfohlen hat, die Übernahme zurückzustellen, heißt es in dem Bericht.

Angesichts der wachsenden Besorgnis über die Abhängigkeit Europas von Drittländern, insbesondere von autoritären Staaten wie China und Russland, sind die Behörden zunehmend vorsichtig mit ausländischen Investitionen aus diesen Ländern.

Nun berichten deutsche Medien, Scholz wolle trotz Warnungen aus Brüssel und aus der eigenen Regierung der chinesischen Reederei Cosco den Kauf von 35 Prozent an einem der drei Containerterminals der Hamburger Häfen ermöglichen.

Laut NDR haben sich sechs Ministerien gegen die Teilübernahme ausgesprochen, doch das Kanzleramt hat das Thema von der Tagesordnung einer Kabinettssitzung genommen.

Ein Sprecher des deutschen Wirtschafts- und Klimaministers Robert Habeck (Grüne) bestätigte gegenüber EURACTIV, Habeck habe die Ablehnung der Übernahme im Rahmen eines Prüfverfahrens für ausländische Investitionen unterstützt. Ein solches Verfahren wird eingeleitet, wenn davon ausgegangen wird, dass eine Investition „kritische Infrastrukturen“ betrifft.

Ablehnung nur aus Sicherheitsgründen

Julian Ringhof vom European Council on Foreign Relations (ECFR) sagte gegenüber EURACTIV, dass eine Ablehnung nur aus Gründen der nationalen Sicherheit und nicht allein aufgrund der Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen argumentiert werden könne.

Es wächst die Besorgnis, dass solche Investitionen als Mittel wirtschaftlichen Zwangs eingesetzt werden, was riskanter wird, wenn die Spannungen in den internationalen Beziehungen zunehmen, erklärte er.

Die Ablehnung könne als Hinweis auf einen allgemeinen Trend gewertet werden, dass Auslandsinvestitionen nicht mehr nur als Privatgeschäft betrachtet, sondern zunehmend durch eine geopolitische Linse beurteilt würden, sagte er.

Seit Oktober 2020 hat auch die Europäische Kommission ein Mitspracherecht bei diesen Überprüfungsverfahren für ausländische Direktinvestitionen (FDI) und kann einen Vorschlag zum Umgang mit Fällen von besonderer Bedeutung für die europäische Sicherheit und öffentliche Ordnung machen.

In diesem konkreten Fall hat die Kommission laut NDR eine Übernahmesperre vorgeschlagen.

Ein Sprecher der Kommission sagte gegenüber EURACTIV, dass sie sich aus Vertraulichkeitsgründen nicht zu einzelnen Fällen äußern könnten.

„Der Zweck des EU-Kooperationsrahmens unterscheidet sich von einem nationalen Überprüfungsmechanismus“, erklärte der Sprecher.

„Es handelt sich um einen zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten eingerichteten Kooperationsmechanismus, der dazu beitragen soll, Risiken für die Sicherheit oder die öffentliche Ordnung zu identifizieren und anzugehen, die sich aus ausländischen FDI-Transaktionen ergeben und die mindestens zwei Mitgliedstaaten oder kritische EU-Vermögenswerte betreffen könnten.“

Aber letztendlich verbleibt die Entscheidung bei der nationalen Regierung, sagte der Sprecher.

Andere europäische Häfen sind bereits im Besitz von Cosco

Zu den Befürwortern der Teilübernahme des Terminalbetreibers gehört Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher, ein Parteifreund von Bundeskanzler Scholz. Tschentscher war von 2011 bis 2018 Finanzsenator unter Scholz, damals war Scholz selbst Hamburgs Erster Bürgermeister.

Tschentscher erklärte gegenüber EURACTIV, dass die großen Containerreedereien weltweit am Betrieb von Terminals beteiligt seien, „um zuverlässige Anlaufhäfen für ihre Schiffe zu haben und eine effiziente Containerlogistik auf ihren Routen zu erreichen“.

„Cosco und andere große Linienreedereien haben bereits Beteiligungen an Terminals in vielen europäischen Häfen, insbesondere in den Hamburger Konkurrenzhäfen Antwerpen und Rotterdam“, sagte er.

Cosco hält laut Unternehmensangaben 20 % an Antwerp Gateway und 17,85 % am Euromax Terminal in Rotterdam. Diese Anteile wurden jedoch gekauft, bevor der EU-Koordinierungsrahmen für die Investitionsprüfung im Jahr 2020 in Kraft trat.

Deutschlands FDI-Screening, das Teil des Außenwirtschaftsgesetzes ist, wurde 2020 zusammen mit der Einführung einer Koordinierung auf EU-Ebene verschärft. Die niederländische Regierung hat erst in diesem Jahr ein sektorübergreifendes Screening für ausländische Direktinvestitionen (ADI) eingeführt, während in Belgien die Diskussionen noch andauern.

Endgültige Entscheidung steht noch aus

Die chinesische Regierung hat davor gewarnt, „die normale Wirtschafts- und Handelskooperation zu politisieren“.

„Wir hoffen, dass die deutsche Seite sich weiterhin für die Prinzipien des offenen Marktes und des fairen Wettbewerbs einsetzen, chinesische Investitionen in einem objektiven und rationalen Licht betrachten und ein faires, offenes und nicht diskriminierendes Umfeld für chinesische Unternehmen schaffen wird“, sagte Mao Ning. Sprecher des chinesischen Außenministeriums, gegenüber EURACTIV.

Die endgültige Entscheidung muss die Bundesregierung noch treffen.

Gestützt wurde Habecks Ansicht von der FDP, dem dritten Regierungspartner neben der SPD von Scholz und den Grünen von Habeck.

„Die Kommunistische Partei Chinas darf keinen Zugang zur kritischen Infrastruktur unseres Landes haben. Das wäre ein großer Fehler und auch ein Wagnis“, sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai der Deutschen Presse-Agentur.

„Tatsache bleibt, dass China ein wichtiger Handelspartner, aber auch ein systemischer Rivale ist. Wir sollten entsprechend handeln“, fügte er hinzu.

[Edited by Alexandra Brzozowski/Zoran Radosavljevic/János Allenbach-Ammann]



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