Charles Puigdemont; Vom Staatsfeind zum Königsmacher

Carles Puigdemont am Dienstag in Brüssel

Der Katalane fordert „Respekt für die demokratische Legitimität des Separatismus“.

(Foto: IMAGO/Agencia EFE)

Madrid Er war selbst in Spanien nahezu in Vergessenheit geraten, doch jetzt kehrt Carles Puigdemont mit Wucht auf die politische Bühne zurück. Der 60-Jährige hatte 2017 das illegale Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien initiiert und war dann vor der spanischen Justiz nach Belgien geflohen.

Seine kleine separatistische Partei Junts per Catalunya ist nun aber Königsmacher für die neue Regierung – und zwar sowohl für eine mögliche rechte als auch für eine linke Mehrheit.

Das nutzt Puigdemont für umfangreiche Forderungen. Als Voraussetzung, dass Verhandlungen mit Junts überhaupt beginnen können, fordert er eine Amnestie für alle Separatisten. Das von Puigdemont und zahlreichen Mitstreitern organisierte Referendum hatte eine tiefe institutionelle Krise in Spanien ausgelöst.

Die spanische Justiz hat die Organisatoren zu langen Gefängnisstrafen verurteilt. Mehrere Separatisten verbrachten Jahre hinter Gitter, Puigdemont war jedoch im Kofferraum eines Wagens nach Belgien geflohen und kämpfte dort in den vergangenen sechs Jahren erfolgreich gegen seine Auslieferung nach Spanien.

„Puigdemont ist ein Überlebender und versucht jetzt, der Unabhängigkeitsbewegung wieder neues Leben einzuhauchen. Das ist auch seine einzig Chance, denn ohne die Bewegung ist er niemand“, sagt Oriol Bartomeus von der Autonomen Universität in Barcelona.

Die katalanischen Separatisten haben bei der Wahl im Juli allerdings deutlich Stimmen verloren. Inzwischen sind andere Themen in den Vordergrund gerückt.

„Das ist Puigdemont egal“, meint Bartomeus. Ohne Amnestie droht ihm nach wie vor die Auslieferung an Spanien. Er fordert weiterhin die Abspaltung Kataloniens von Spanien – wenn nötig unilateral.

Pedro Sánchez zeigt sich offen für Verhandlungen

Puigdemont hat seine Karriere als Journalist begonnen, war von 2011 bis 2016 Bürgermeister von Girona und von 2016 bis 2018 Regierungschef Kataloniens. „Als Bürgermeister hat er keine Massen mobilisiert“, sagt Lluis Orrios, Politologe an der Universität Carlos III in Madrid. „Sein Charisma beruht auf seiner Fähigkeit, sich selbst zum Symbol der Unabhängigkeitsbewegung zu stilisieren, die mit dem Referendum 2017 einen ihrer größten Erfolge gefeiert hat.“

Der Chef der konservativen Partei PP, Alberto Nuñez Feijóo, hat bereits angekündigt, unter den genannten Bedingungen gar nicht erst mit Puigdemont sprechen zu wollen. Feijóo hat die Wahl gewonnen und ist vom König mit der Regierungsbildung beauftragt worden.

Eine Einigung mit Puigdemont war aber ohnehin unwahrscheinlich, weil die Rechtsaußen-Partei Vox Partner der PP ist. Sie entstand als Bewegung gegen separatistische Parteien.

Der geschäftsführende sozialistische Ministerpräsident Pedro Sánchez dagegen zeigt sich offen für Verhandlungen. In seiner Partei heißt es, der Separatist habe seine Maximalforderungen genannt, in Gesprächen müsse man sehen, worauf man sich einigen könne.

Felipe González, langjähriger Ministerpräsident, warnte jedoch: Weder eine Amnestie noch ein Referendum seien mit der spanischen Verfassung vereinbar.

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