Alpha Augmented Services will Kosten- und CO2-Einsparung

Zürich Die Situation kennt jeder, der schon einmal Technik oder Möbel im Internet bestellt hat: Die Bestellung trifft in überdimensionierten Paketen ein. Neben der Ware selbst enthält die Box vor allem: Luft. Ähnlich wie den Kunden von Amazon oder Home24 geht es jedoch auch Großkonzernen.

Wenn sie Teile von einem Lieferanten erhalten, der selbst Produkte verschickt, sind auch diese oftmals zu großzügig verpackt. Zudem könnten Luftfracht-Paletten und Seecontainer besser genutzt werden. Das Schweizer Start-up Alpha Augmented Services ist angetreten, das zu ändern.

Massimo Rossetti, Co-Gründer und CEO von Alpha sagt: „Warensendungen sind heute alles andere als effizient genug.“ Ein per Schiff transportierter Standardcontainer sei im Schnitt nur zu 67 Prozent gefüllt. Der Rest sei Luft. Das bedeute: „Jeder dritte Container auf See ist unnötig“, sagt Rossetti.

Daher hat Alpha einen Algorithmus entwickelt, der für Warensendungen die optimale Beladung von Containern und Paletten berechnet. Zudem können Kunden auch die eigene Verpackung ihrer Waren auf Effizienz trimmen.

Rossetti verspricht: „Bei 90 Prozent aller Warensendungen können wir sowohl 20 Prozent Versandkosten als auch 20 Prozent der CO2-Emissionen einsparen.“

Um wen geht es?

Die Idee, eine Software zu entwickeln, die Verpackungen optimiert und die Beladung von Lkw, Schiffen und Flugzeugen verbessert, hatten Rossetti und Joachim Paech im Jahr 2018. Rossetti hatte zuvor 20 Jahre lang für große Logistikunternehmen gearbeitet – und dabei gemerkt, wie analog und wenig automatisiert die Branche arbeitet.

Joachim Paech, Laurin Paech und Massimo Rossetti (von links)

Mit ihrem Start-up Alpha Augmented haben die Gründer einen Algorithmus entwickelt, der für Warensendungen die optimale Beladung von Containern und Paletten berechnet.

(Foto: : ALPHA Augmented )

Paech, Ex-Banker und Risikokapitalgeber, konnte er schnell davon überzeugen, ein Unternehmen zu gründen. 2019 stieß Paechs Sohn Laurin, ein Informatiker, zum Gründerteam dazu. Im Beirat des Start-ups sitzen etwa Kareem Nagy, Partner bei McKinsey, oder Daniel Thung, Co-Gründer von Brillen.de.

Wie funktioniert die Software von Alpha?

Kernprodukt ist ein selbst entwickelter Algorithmus, der die bestmögliche Beladung von Standardcontainern und Paletten für alle Transportmittel aus Millionen von Möglichkeiten berechnet. Der Kunde, ein Unternehmen, das Waren verschicken will, oder ein Logistiker, der einen Auftrag angenommen hat, muss dafür den Versandauftrag und die Abmessungen der verwendeten Verpackungsmaterialien bei Alpha hochladen.

Nachdem die Software die optimale Nutzung von Box, Palette oder Container berechnet hat, erstellt sie eine Packanleitung für die Lagermitarbeiter. IT-Chef Laurin Paech sagt: „Die Software fängt dort an, wo die menschliche Intuition aufhört.“

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Alpha hat seine Lösung für einen großen Sportartikelhersteller durchgerechnet. In der Fallstudie ging es darum, in einen Schiffscontainer so viele Kartons mit Sportschuhen wie möglich zu laden. Bei der simpelsten Methode, die Kartons übereinander zu stapeln, passten 275 Sneaker-Paare in den Container. Die Software kam auf eine Anordnung mit hochkanten und waagerechten Boxen, bei der 314 Boxen in den Container passten.

Laurin Paech sagt: „Auf das Jahr gerechnet kann der Sportartikelhersteller dadurch 150 Millionen US-Dollar einsparen.“ Hunderte Schuhkartons sind dabei noch ein einfacher Anwendungsfall: Bei komplexeren Sendungen mit unterschiedlich großen Paketen kann der Algorithmus seine Überlegenheit gegenüber der menschlichen Intuition noch besser ausspielen. Darüber hinaus bietet Alpha Unternehmen an, Bestellungen für Firmen zu bündeln und besser zu verpacken, um weitere Kosten zu sparen. Auch den CO2-Fußabdruck der Lieferkette kann die Software berechnen.

Warum ist das wichtig?

Der Welthandel trägt in hohem Maß zum Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase bei. Das Internationale Transport Forum (ITF) der Industrieländerorganisation OECD schätzt den Anteil von Land-, Luft-, und Seefracht an den weltweiten CO2-Emissionen auf sieben Prozent. Hinzu kommt: Das ITF erwartet, dass sich das globale Frachtvolumen gegenüber dem Vergleichsjahr 2010 bis 2050 fast vervierfacht. Damit drohen auch die CO2-Emissionen der Logistikbranche auf 8,1 Milliarden Tonnen zu steigen.

Die Branche steht unter Druck, alternative Antriebe und Treibstoffe für Lkw, Schiffe und Flieger zu entwickeln. Doch viel wäre schon gewonnen, wenn die bestehenden Kapazitäten besser genutzt werden, sagt Alpha-Chef Rossetti. Bei optimaler Ausnutzung könnte jeder fünfte Luftfracht-Container eingespart werden und bis zu 40 Prozent der per Lkw transportierten Fracht.

Was sagt die Branche?

Leerfahrten und ungenutzte Kapazitäten treiben jedes Unternehmen um, das auf Logistikdienstleistungen angewiesen ist, bestätigt Henning Witte, Partner und Experte für Lieferkettenoptimierung bei KPMG. Die Unternehmen „konnten in den letzten Jahren große Fortschritte erzielen“, sagt Witte. „Doch in der Breite und Tiefe gibt es nach wie vor Raum für innovative übergreifende Lösungen, mit denen die Unternehmen Kosten und CO2-Emmissionen verringern können.“ Er beobachtet: „Gerade solche Lösungsbeiträge stehen bei unseren Kunden ganz oben auf der Agenda.“

Alpha Augmented Services hat bereits namhafte Logistikfirmen als Partner gewonnen. Einer ist Scan Global Logistics aus Dänemark. Mads Drejer, Vorstand bei der Scan-Gruppe, sagt: „Mit der Lösung von Alpha Augmented Services können wir unser Leistungs- und Produktangebot für alle Kunden weltweit weiter verbessern.“ Am Mittwoch hat auch UPS eine Partnerschaft mit Alpha bekannt gegeben.

Wie geht es weiter?

Alpha peilt für das kommende Jahr eine Serie-A-Finanzierungsrunde an. Das rund 20-köpfige Team soll auf über 100 Mitarbeiter wachsen – und trotzdem ab dem kommenden Jahr profitabel sein.

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