Versicherung überrascht mit hohem Gewinn

München Die Allianz hat im ersten Halbjahr die Erwartungen der Analysten übertroffen. In den Monaten von April bis Juni erzielte Europas größter Versicherer einen operativen Gewinn von 3,8 Milliarden Euro und damit über sieben Prozent mehr als im Vorjahr. Analysten hatten im Schnitt mit einem Ergebnis von knapp über 3,6 Milliarden Euro gerechnet. Der Aktienkurs stieg am Vormittag zeitweise um mehr als 3,5 Prozent.

Im ersten Halbjahr hat der Konzern damit ein Gewinnplus von fast 15 Prozent auf 7,5 Milliarden Euro erreicht. Für das Gesamtjahr bestätigt der Konzern seine Gewinnprognose von 14,2 Milliarden Euro, mit einer Spanne von einer Milliarde Euro nach oben wie nach unten. „Mit unserem zweistelligen Gewinnwachstum sind wir auf einem guten Weg, unsere Gesamtjahresziele zu erreichen“, bewertete Konzernchef Oliver Bäte das Ergebnis.

Als Wachstumstreiber erwies sich vor allem die Sparte Schaden- und Unfallversicherung. Aber auch im Bereich der Lebens- und Krankenversicherungen erzielte die Allianz Zuwächse. Schwächen zeigte hingegen die hauseigene Vermögensverwaltung.

Allianz-Chef Bäte, bei dem sich die Hinweise auf eine Vertragsverlängerung im Herbst zuletzt verdichtet hatten, bewegt sich mit den Zahlen für das erste Halbjahr weitgehend im Gleichschritt mit seinen wichtigsten Wettbewerbern. Die Tendenz ist überall ähnlich: Die Nachfrage nach Schadenversicherungen wie für Wohngebäude oder Hausrat ist angesichts der vielen Katastrophen weltweit hoch, die Lebensversicherung steht unter Druck, weil die Zinswende inzwischen vermehrt Alternativen bietet. Überall gehen die Gewinne aber deutlich nach oben.

Der größte Wettbewerber Axa hatte bereits in der vergangenen Woche einen Anstieg des bereinigten Gewinns im ersten Halbjahr um gut ein Fünftel auf 4,1 Milliarden Euro gemeldet. Am Mittwoch hatte Generali einen Anstieg des bereinigten Konzernergebnisses um mehr als 60 Prozent auf 2,3 Milliarden Euro verkündet.

Wichtige Finanzkennzahlen erreichen Ziel

Erstmals bilanzieren die Versicherer in diesem Jahr nach dem neuen internationalen Standard IFRS 17. Damit ist der Umsatz als wichtigste Maßzahl zur Geschäftsentwicklung in den Vordergrund gerückt. Den steigerte die Allianz in den Monaten von Januar bis Juni um 4,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf 85,6 Milliarden Euro. Bisher stand die Entwicklung des Prämienaufkommens an dieser Stelle.

Entspannung zeigt sich inzwischen bei wichtigen Finanzkennzahlen, die im vergangenen Jahr vor allem durch hohe Rückstellungen durch die fehlgeschlagenen Structured Alpha Fonds in den USA gelitten hatten.

Sowohl die Eigenkapitalrendite, die die Rentabilität eines Unternehmens im Verhältnis zum Eigenkapital beschreibt, als auch der Gewinn je Aktie (Earnings per Share) erreichen die Planziele der Dreijahresstrategie „Simplicity at Scale“. Die hatte der Konzern für die Jahre 2022 bis 2024 ausgegeben.

Oliver Bäte

Der Vorstandschef der Allianz sieht das Unternehmen auf einem guten Weg, um die Ziele zu erreichen.

(Foto: dpa)

Im ersten Halbjahr lag die Eigenkapitalrendite bei 16,7 Prozent und damit deutlich über den geplanten 13 Prozent pro Jahr. Vor einem Jahr waren es noch 12,7 Prozent. Der Gewinn je Aktie betrug 11,40 Euro und damit rund das Doppelte der 5,77 Euro aus dem Vorjahreszeitraum. Angepeilt ist für das Gesamtjahr ein Plus von fünf bis sieben Prozent. Nachdem sich der Konzern zu den Vorfällen um Structured Alpha vor rund einem Jahr mit den US-Behörden geeinigt hatte, zeichnete sich bereits in der zweiten Jahreshälfte eine Entspannung ab.

Sach- und Unfallversicherung wächst besonders stark

Zum Wachstum trug vor allem die Sach- und Unfallversicherung bei. In der für gewöhnlich ertragreichsten der drei Konzernsparten stieg der Umsatz überdurchschnittlich um fast zehn Prozent auf 41,7 Milliarden Euro. In den meisten Regionen legten sowohl die Preise als auch die Kundennachfrage nach Versicherungsschutz zu. Ein Plus gab es beim operativen Gewinn der Sparte, der im ersten Halbjahr um mehr als 16 Prozent auf 3,9 Milliarden Euro anstieg.

Vor allem am Heimatmarkt Deutschland liefen die Geschäfte gut, zudem gab es an den Auslandsmärkten in Australien und Lateinamerika sowie bei der Tochter Allianz Partners hohe Zuwächse. Die Gesellschaft bietet unter anderem Reiseversicherungen an und spürt nach einer coronabedingten Flaute wieder erhebliche Nachfrage.  „Wir haben starke Preisanhebungen erzielt und ergreifen weiterhin Maßnahmen, um die Inflation erfolgreich auszugleichen“, sagte Finanzvorstand Giulio Terzariol.

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In der zweitwichtigsten Sparte Lebens- und Krankenversicherungen wirkten sich vor allem die Entwicklungen im wichtigen US-Markt positiv auf das Ergebnis aus. Der operative Gewinn stieg im ersten Halbjahr auf 2,5 Milliarden Euro nach 1,8 Milliarden Euro im Vorjahr. Hier machte sich besonders die Zinswende an den Kapitalmärkten positiv bemerkbar. Das operative Kapitalanlageergebnis im US-Geschäft stieg zwar spürbar an, zudem kam es zu hohen Einmalbeitragszahlungen der Kunden. Einen Rückgang verzeichnete der Konzern aber beim Neugeschäft. Spürbar war dies vor allem an den Märkten in Deutschland und Italien.

Vermögensverwalter leiden unter Inflation

Negative Währungseffekte und die hohe Inflation machten auch dem Asset-Management, der kleinsten der drei Konzernsparten, zu schaffen. Höhere erfolgsabhängige Provisionen wurden durch geringere Erträge aus dem verwalteten Vermögen aufgezehrt. Der Bereich, in dem die beiden Vermögensverwalter Pimco und AGI zusammengefasst sind, verdiente im ersten Halbjahr nur noch 1,4 Milliarden Euro und damit über elf Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum.

Das gesamte verwaltete Vermögen des Konzerns lag Ende Juni bei 2,163 Billionen Euro, was einem Rückgang von elf Milliarden Euro im Vergleich zum ersten Quartal entspricht. Belastend wirkten sich zuletzt Währungsumrechnungseffekte aus. Einen Zuwachs um 27 Milliarden Euro auf 1,662 Billionen Euro verzeichneten die beiden Asset-Manager der Allianz dagegen bei den Einlagen, die sie für Dritte verwalten.

Im Rahmen der Planungen bewegt sich das jüngste Aktienrückkaufprogramm in Höhe von 1,5 Milliarden Euro, das die Allianz im Frühjahr verkündet hatte. Per Ende Juli erwarb der Konzern 2,9 Millionen Aktien im Wert von 0,6 Milliarden Euro.

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