Pulse Women Economic Summit: Impulse für neue Wege

Düsseldorf Es sind Nachrichten wie diese, die zurzeit in kurzen Abständen immer wieder aufs Neue zeigen: Es muss sich etwas ändern in Deutschland. Es ist Montagvormittag, als die Nachrichtenagentur Reuters meldet: „Der deutsche Einzelhandel blickt skeptisch auf die Stimmung der Verbraucher und erwartet in den nächsten Monaten keine Wachstumsimpulse vom privaten Konsum.“

16 Minuten später, andere Nachrichtenagentur. Die dpa meldet: „Der Abwärtstrend bei den Bestellungen im deutschen Maschinenbau hält an.“ Eine Stunde danach, wieder Reuters: „Deutsche Exporte sinken.“ Ökonominnen und Ökonomen und die Deutsche Industrie und Handelskammer (DIHK) würden eine Erosion der Wettbewerbsfähigkeit sehen.

An einigen Tagen gleicht der Blick auf die Nachrichten dem sogenannten Doomscrolling. Es beschreibt ein Phänomen, bei dem sich Nutzer am Smartphone oder Computer von einer schlechten Nachricht zur nächsten hangeln und das Gefühl bekommen, die Welt ginge unter.

Doch so schlimm ist es nicht. Denn auch wenn die Lage schwierig ist, gibt es in Deutschland viele kluge Köpfe mit Ideen, wie sich die Situation ändern und vor allem verbessern lässt.

Am Dienstag trafen sich bei der Handelsblatt Media Group (HMG) in Düsseldorf rund 80 Führungspersönlichkeiten beim ersten Women Economic Summit des neuen Business-Netzwerks „Pulse“, das führende Frauen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik vernetzt. „Pulse“ ist eine Initiative der HMG, zu der das Handelsblatt und die „WirtschaftsWoche“ gehören. Ein Interview mit Futuristin Amy Webb bildete den Auftakt.

Round-Table-Meeting beim Pulse Women Economic Summit

Diskutiert wurde in kleinen, ausgewählten Runden.

(Foto:  Marc-Andre Hergenröder für Handelsblatt)

Unter dem Motto „Setting the economic agenda“ diskutierten die Teilnehmerinnen anschließend in kleineren, ausgewählten Runden über drängende Themen wie Dekarbonisierung, Künstliche Intelligenz, Fachkräftemangel oder Geopolitik. Nach jeweils kurzen Impulsen wurde entlang von bestimmten Leitfragen darüber gesprochen, welche konkreten Schritte zur Besserung der Situation angegangen werden sollten.

>> Lesen Sie hier: In der Krise wachsen Führungskräfte über sich hinaus – wie ihre Netzwerke

Wir haben einige Impulse des „Pulse“-Summit für Sie zusammengefasst:

Fachkräftemangel

Mehr als jedem zweiten Unternehmen fehlen Talente. Die DIHK schätzt, dass dadurch ein Wertschöpfungspotenzial von fast 100 Milliarden Euro verloren geht. Was kann die Wirtschaft tun? „Unternehmen müssen als Arbeitgeber deutlich attraktiver werden“, sagt Donya-Florence Amer, IT- und Personalvorständin beim Transport- und Logistikkonzern Hapag-Lloyd.

Differenzierung durch Vielfalt, wettbewerbsfähige Modern-Work-Maßnahmen und Aus- und Fortbildungsprogramme würden immer relevanter. Zudem seien ein klarer Unternehmenszweck, eine starke Kultur, konsistent gelebte Werte, flache Hierarchien und eine hohe Wertschätzung für die Gewinnung und Entwicklung qualifizierter Fachkräfte dringend notwendig. Auch müssten Routineaufgaben konsequenter automatisiert werden, sagt Amer.

Resilienz

Ukrainekrieg, Corona, Taiwan-Konflikt – für Unternehmen ist die strategische Planung angesichts vieler Unsicherheiten schwierig. Da ist Resilienz gefragt. Tina Müller, CEO des Naturkosmetikherstellers Weleda, erklärt, Resilienz zeichne die Widerstandskraft von Organisationen aus, um die Verletzlichkeit gegenüber Schocks zu verringern. Daher seien resiliente Unternehmen „flexible Systeme“.

Den Weg zur Flexibilität beschreibt sie so: „Sie erhalten ihre Wettbewerbsfähigkeit, wenn durch Innovationen die kreative Zerstörung rechtzeitig und in ausreichendem Maße vorweggenommen wird. Erfolgt die Adaptation an neue Gegebenheiten zu langsam, bricht das System zusammen. Das gilt für Unternehmen genauso wie in der Biologie.“

Bildung

Laut dem Bildungsmonitor, den das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) jährlich für die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) erstellt, hat sich das Bildungsniveau in Deutschland über die Jahre dramatisch verschlechtert.

Das ist eine Belastung für den Standort Deutschland: „Wer heute in der Bildung spart, zahlt morgen drauf – in Form von Fachkräftemangel, sozialer Polarisierung und wirtschaftlicher Stagnation“, betont Miriam Meckel, CEO der digitalen Bildungsplattform Ada, an der die Handelsblatt Media Group beteiligt ist. „Ein modernes, technologiebasiertes Lernen ist keine Luxusoption mehr, sondern eine unabdingbare Voraussetzung, um im globalen Wettbewerb bestehen zu können.“

Ada-Chefin Miriam Meckel

„Wer heute in der Bildung spart, zahlt morgen drauf.“

(Foto:  Marc-Andre Hergenröder für Handelsblatt)

Dekarbonisierung und Transformation

Nachhaltigkeit wird auch in der deutschen Industrie immer wichtiger. Einer Studie der Bertelsmann-Stiftung zufolge ist in knapp 60 Prozent der befragten Unternehmen der Vorstand für das Thema zuständig. Zu Recht, sagt Katja van Doren, Personalvorständin des Energiekonzerns RWE: „Eine nachhaltige Transformation wird den Standort Deutschland stärken und gleichzeitig helfen, das Klima zu schützen.“

Unternehmen komme dabei die Aufgabe zu, in neue Technologien zu investieren und zugleich als Arbeitgeber ihrer sozialen Verantwortung gerecht zu werden.“

RWE-Personalvorständin Katja van Doren

„Eine nachhaltige Transformation wird den Standort Deutschland stärken und gleichzeitig helfen, das Klima zu schützen.“

(Foto:  Marc-Andre Hergenröder für Handelsblatt)

Christina Raab, Mitglied des Global Management Committee bei der Unternehmensberatung Accenture, hat einen klaren Wunsch: „Der Abbau von Bürokratie, Investitionen in digitale Skills, die Energiewende und Förderung von Innovationen würden gesamtheitlich einen großen Beitrag für unsere Zukunftsfähigkeit leisten.“ Sie würde in einigen Monaten gerne über neue Zahlen sprechen. „Zahlen, die unseren Fortschritt zeigen – weniger lähmende Policies, bessere Platzierungen im Bereich Bildung und Humankapital sowie Innovation.“

Leadership

All diese Herausforderungen stellen auch neue Anforderungen an die Art zu führen: Heike Eckert, Vorständin und Arbeitsdirektorin der Deutschen Börse und verantwortlich für Governance und People & Culture, erklärt, gute Führung begegne Stillstand mit dem Willen, etwas zu verändern, einer Vision und Orientierung.

„Dazu gehört auch der Mut zur Veränderung des eigenen Führungsverhaltens, um den notwendigen Wandel erfolgreich zu gestalten“, sagt sie. „Ein Korsett starrer Regeln würgt Kreativität und Innovation ab. Starke Führung macht sich frei und schafft Gestaltungsspielräume. Nur dort wächst die Verantwortung für die eigenen Lebens- und Karriereziele.“

Mittelstand

Einer Umfrage des Mittelstandverbands zufolge bezeichnen 62 Prozent der befragten Unternehmen ihre Lage als schlecht. Katharina Roehrig, Co-Geschäftsführerin des Familienunternehmens Melitta, hat einen Vorschlag für einen Ausweg: „Stückwerk ist passé. Es braucht konzertiertes Handeln, Austausch auf Augenhöhe und die Kollaborationskraft des Mittelstands, um den Systemwandel in Richtung Nachhaltigkeit im Sinne aller und der globalen Gemeinschaft erfolgreich zu gestalten.“

Pulse ist das Business-Netzwerk der Handelsblatt Media Group für Entscheiderinnen. Es wendet sich an weibliche Führungspersönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. Jetzt online informieren unter pulse.handelsblattgroup.com.

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