Mietenstopp: SPD-Vorstoß verärgert Immobilienwirtschaft

Mietwohnungen in Hamburg

Mieter sollen besser geschützt werden.

(Foto: IMAGO/Hanno Bode)

Berlin Überlegungen der SPD für eine stärkere Begrenzung von Mieterhöhungen stoßen in der Immobilienwirtschaft auf Kritik. „Mit einem Mietenstopp gewinnt man vielleicht Wahlkämpfe, aber würgt den Wohnungsbau endgültig ab“, sagte Kai Warnecke, Präsident des Immobilieneigentümerverbands Haus & Grund, dem Handelsblatt. Leidtragende seien alle Mieterinnen und Mieter.

Auf der Klausurtagung der SPD-Bundestagsfraktion an diesem Montag in Wiesbaden soll ein Maßnahmenkatalog für mehr Mieterschutz beschlossen werden. In dem Papier, das dem Handelsblatt vorliegt, wird unter anderem gefordert, dass bundesweit Mieten in angespannten Wohngegenden nur um maximal sechs Prozent innerhalb von drei Jahren bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete angehoben werden dürfen.

Aktuell gilt eine allgemeine Grenze für Mieterhöhungen von 20 Prozent in drei Jahren. In Gegenden mit angespanntem Wohnungsmarkt sind es 15 Prozent. Im Koalitionsvertrag hatten die Ampelparteien vereinbart, diese Kappungsgrenze auf elf Prozent abzusenken.

SPD fordert bundesweiten Mietenstopp für drei Jahre

Das hält die SPD-Fraktion angesichts der aktuell kritischen Lage auf dem Wohnungsmarkt aber nicht für ausreichend. „Wir brauchen eine Atempause für Mieter – wir brauchen einen Mietenstopp für die nächsten drei Jahre“, sagte die Vizechefin der SPD-Fraktion, Verena Hubertz, der „Bild am Sonntag“, die zuerst über die Maßnahmen berichtet hat.

Die Grünen unterstützen die angestrebten Maßnahmen, zu denen ebenso eine Verlängerung der Mietpreisbremse sowie eine Beschränkung von Indexmieten gehören. „Auch im Koalitionsvertrag gibt es eine klare Vereinbarung, die Mieten stärker zu regulieren“, sagte die Grünen-Wohnungspolitikerin Christina-Johanne Schröder dem Handelsblatt.

Mietenstopp und Indexmietverträge: Wirtschaftsweise kritisiert SPD-Pläne

Bei einer Indexmiete ist vertraglich vereinbart, dass sich die Kaltmiete erhöht, wenn die Verbraucherpreise steigen. Das ist aber zum Problem geworden, weil die Preise – und damit die Mieten – durch den Ukrainekrieg stark anzogen haben. Die SPD will Indexmieten nun deshalb statt an die Inflationsrate an die allgemeine Entwicklung der Nettokaltmieten koppeln. Mindestens aber solle eine „effektive Kappungsgrenze“ für solche Verträge eingeführt werden.

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Der für das Thema zuständige Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) lehnt das unter Hinweis auf den Koalitionsvertrag ab, in dem keine konkrete Vereinbarung zur Indexmiete enthalten sei. Zudem gibt er zu bedenken, dass das Problem bei den Mieten nicht zu wenig Regulierung, sondern zu wenig Wohnraum sei.

Darauf weist auch Warnecke hin. Der SPD warf der Haus-&-Grund-Präsident eine „Politik mit gescheiterten Ideen aus dem Sozialismus“ vor. „Mit der Forderung nach einem Mietenstopp verabschiedet sich die SPD aus dem Kreis der wohnungspolitisch ernst zu nehmenden Parteien.“

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Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm warnte, ein Mietenstopp bremse den Wohnungsbau noch weiter und erhöhe die schon „immense Unsicherheit“ bei Investoren auch generell. „Wenn man in Deutschland befürchten muss, dass Erträge immer dann beschnitten werden, wenn es in der Öffentlichkeit gut ankommt und Wählerstimmen bringt, dann investieren die Unternehmen weniger oder eben andernorts“, sagte Grimm der Funke Mediengruppe.

Der FDP-Politiker Daniel Föst forderte von Bauministerin Klara Geywitz (SPD), sie solle sich endlich „auf die Bekämpfung der Baukrise konzentrieren, bevor unsere Bauwirtschaft vollständig kollabiert“. „Statt immer neuer Regulierungen, die den Mieterinnen und Mietern nicht helfen – siehe Berlin –, brauchen wir einen echten Baubooster.“

Auch der CDU-Wohnungspolitiker Jan-Marco Luczak verwies auf die Hauptstadt, wo man am Beispiel des Mietendeckels die Auswirkungen eines Mietenstopps studieren könne. „Dieser ist nicht nur krachend vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert, sondern hat vor allem das Angebot an Mietwohnungen dramatisch einbrechen lassen.“

Grüne pochen auf Verschärfung der Energiestandards für Neubauten

Auch gegen hohe Nebenkosten beim Kauf einer Wohnung oder eines Hauses will die SPD vorgehen. So soll ein Käufer künftig nur noch dann Maklergebühren zahlen, wenn er oder sie den Makler auch selbst beauftragt hat. Für Notarkosten soll eine Pauschale gelten.

Die SPD will überdies von der geplanten Verschärfung der Energiestandards für Neubauten Abstand nehmen. Die in der Koalition vereinbarte strenge Norm „Effizienzhaus 40“ (EH40) soll eigentlich ab Anfang 2025 vorgeschrieben werden. Damit sind strengere Vorgaben zur Stärke der Dämmung verbunden. Diese würden aber eine „Verschärfung der Baukosten“ bedeuten, heißt es in dem SPD-Papier. Einen neuen, höheren Effizienzstandard wolle man daher „zunächst nicht weiterverfolgen“.

Die Grünen-Politikerin Schröder warnte, auf die Einführung des EH40-Standards zu verzichten sei „aus ökologischer und ökonomischer Perspektive wenig sinnvoll“. „Es würde bedeuten, dass junge Immobilien bei steigenden Material- und Arbeitskosten bis 2045 nochmals saniert werden müssten.“

Mehr: Mit diesen Maßnahmen könnte die Politik die Baukrise lindern

Erstpublikation: 27.08.2023, 01:11 Uhr (zuletzt aktualisiert: 27.08.2023, 13:55 Uhr).

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