München Beim Stuttgarter Autohersteller Mercedes-Benz stehen große Veränderungen im Fahrzeugportfolio bevor. Wie der Dax-Konzern am Sonntag erstmals indirekt einräumte, werden mit A-Klasse und B-Klasse die beiden kleinsten Modelle in allen Varianten perspektivisch eingestellt. Mit der Einführung der neuen Mercedes-Benz Modular Architecture (MMA) im Jahr 2025 fallen drei von aktuell sieben Karosserieformen in der Kompaktklasse weg.
„Der neue Einstieg in die Welt von Mercedes-Benz wird vier neue Modelle umfassen – ein viertüriges Coupé, einen Shooting Brake und zwei SUVs“, erklärte Mercedes-Chef Ola Källenius im Vorfeld der Messe „IAA Mobility“ in München. Weder auf die A-Klasse noch auf die B-Klasse treffen diese Beschreibungen zu, sie sind damit bald Geschichte.
Übrig bleiben im Segment kleiner bis mittelgroßer Pkw mit Sternenlogo noch CLA, CLA Shooting Brake, GLA und GLB. Das Handelsblatt hatte über die Anpassung der Mercedes-Modellpalette bereits im Juni 2022 berichtet.
Hintergrund der Neuaufstellung ist die Luxusstrategie von Mercedes-Frontmann Källenius. Der schwedisch-deutsche Manager trimmt das schwäbische Unternehmen seit Jahren auf Profit. Um die operative Umsatzrendite trotz der teuren Entwicklung batterieelektrischer Antriebe über zehn Prozent zu halten, fokussiert sich Mercedes wieder auf seinen Kern: große und hochpreisige Autos.
Mit Fabrikaten wie der A-Klasse hat Mercedes zwar in den vergangenen Jahren viele junge Kunden gewonnen und gerade in Europa viele Stückzahlen generieren können. Zugleich ist die Baureihe im Vergleich zu bulligen Limousinen und SUVs wie S-Klasse und GLE nicht allzu profitabel.
Källenius hat jedoch ambitionierte Renditeziele und schwört auf Klasse statt Masse. So will er sicherstellen, einerseits nötige Investitionen in Elektromobilität und Digitalisierung bezahlen zu können und andererseits an Aktionäre stets hohe Dividenden auszuschütten.
„Akzeptanzprobleme“ in der Gesellschaft
Intern und extern ist der Luxuskurs umstritten. „Ich halte diese Strategie für einen schweren Fehler“, sagt ein hochrangiger Gewerkschafter. Skaleneffekte würden bei der Umstellung der Flotte auf elektrische Antriebe und Softwarearchitekturen wichtiger, nicht unwichtiger. Zudem sorgen sich viele Betriebsräte um die Auslastung von wichtigen Fabriken, etwa dem Kompaktwagenwerk in Rastatt.
Winfried Hermann, grüner Verkehrsminister in Baden-Württemberg, hatte bereits vor mehr als einem Jahr vor „Akzeptanzproblemen“ in der Gesellschaft gewarnt, falls Mercedes „nur noch für Reiche und Superreiche Autos baut“. Viele Investoren halten die aktuelle Strategie der Marke mit dem Stern dagegen für goldrichtig.
„Mercedes hat als einer der ersten Autobauer erkannt, wie wichtig es ist, auf Luxus zu setzen, um sich vom allgemeinen Preisdruck in der Industrie ein Stück weit abzukoppeln“, lobt etwa Michael Muders, Fondsmanager bei Union Investment. „Die schnelle Umsetzung dieser Strategie ist eine ganz große Leistung.“
Darüber hinaus stampft Mercedes-Chef Källenius nicht nur einige Baureihen ein, er lässt seine Entwickler und Designer auch völlig neue Fabrikate kreieren. Dazu zählt etwa eine kleine Variante des enorm erfolgreichen Geländewagens G-Klasse, der in Deutschland seit Monaten ausverkauft ist. „Ja, es wird einen kleinen G geben“, kündigte Källenius am Sonntag an. Er bestätigte damit einen Handelsblatt-Bericht von Februar.
Die kompakte G-Klasse soll rein elektrisch und „sofort erkennbar sein“, erklärte Källenius. Der Topmanager nannte aber keine Details. Das neue Modell wird Konzernkreisen zufolge nur etwas kürzer sein als das 4,80 Meter lange Original, dürfte aber merklich niedriger ausfallen. Optisch werden die beiden Modelle starke Ähnlichkeiten aufweisen, wie viele Geschwister. Mit einem kantigen Design ist daher auch beim mutmaßlich 2026 erscheinenden Mini-G zu rechnen.
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Technisch dürfte die kompakte G-Klasse teils auf der MMA-Plattform aufsetzen, teils auch auf anderen Architekturen, heißt es in Konzernkreisen. Das Fabrikat soll mindestens 500 Kilometer weit ohne Nachladen kommen. Das Betriebssystem MB.OS wird ebenso standardmäßig an Bord sein wie ein XXL-Display, das sich über die gesamte Breite des Cockpits erstreckt.
Einen Vorgeschmack auf die künftigen Mercedes-Fahrzeuge zeigte der Konzern am Sonntag mit dem „Concept CLA“. Das Coupé ist bereits sehr nahe dran an der 2025 erscheinenden Serienversion des Modells. Die Schwaben versprechen 750 Kilometer elektrische Reichweite und mit zwölf Kilowattstunden pro hundert Kilometern den geringsten Stromverbrauch in der Branche.
Der CLA löst die A-Klasse in eineinhalb bis zwei Jahren als Einstiegsmodell in die Markenwelt von Mercedes ab. Die Folge: Wer ein Auto mit Sternenlogo fahren möchte, muss noch mal einige Tausend Euro mehr dafür ausgeben als bisher.
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