Lisa Paus legt Veto gegen Steuererleichterungen für Firmen ein

Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne)

Paus fordert erneut mehr Geld für die Kindergrundsicherung.

(Foto: dpa)

Berlin In der Ampel ist neuer Streit um die geplanten Steuererleichterungen für Firmen ausgebrochen. Das grün geführte Bundesfamilienministerium hat gegen das sogenannte „Wachstumschancengesetz“ von Finanzminister Christian Lindner (FDP) einen Leitungsvorbehalt eingelegt, wie das Handelsblatt von mehreren Regierungsvertretern erfuhr. Das Gesetz soll am Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossen werden.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) habe ihr Veto eingelegt, weil sie das geplante Entlastungsvolumen von rund sechs Milliarden Euro für die Wirtschaft für zu hoch halte, wenn Lindner zugleich nicht bereit sei, mehr Geld für die Kindergrundsicherung bereitzustellen, hieß es in Regierungskreisen.

Lindner und Paus liefern sich seit Monaten einen Streit darüber, wie viel die Einführung einer Kindergrundsicherung kosten soll. Während Paus die Kosten auf zwölf Milliarden Euro taxiert, hatte Lindner in seiner Finanzplanung vorerst nur zwei Milliarden für die Reform, die 2025 in Kraft treten soll, reserviert.

Neben der Kindergrundsicherung gibt es kurz vor der Kabinettssitzung noch weitere Veränderungen an dem Steuerpaket. So fällt der geplante Verlustrücktrag, bei dem Unternehmen aktuelle Verluste mit Gewinnen aus der Vergangenheit steuerlich verrechnen können, auf Druck von SPD und Grünen kleiner aus als ursprünglich geplant.

Die beiden Parteien lehnen die von Lindner vorgeschlagene Ausweitung des Verlustrücktrags ab, weil dies eine pauschale Steuersenkung für Unternehmen sei und zu Einnahmeverlusten bei den Kommunen führe. So sagten Finanzpolitiker aus beiden Fraktionen, dass Kommunen bei ihnen zuletzt Alarm geschlagen hatten.

Aus den gleichen Gründen soll auch die sogenannte Thesaurierungsbegünstigung gegenüber der ursprünglichen Planung zurückgefahren werden. Sie regelt die steuerliche Behandlung einbehaltener Gewinne von Personengesellschaften und soll sicherstellen, dass diese gleichbehandelt werden wie Kapitalgesellschaften.

Habeck hat bereits Zustimmung signalisiert

Die Regelung gilt allerdings als äußerst kompliziert, weshalb die Wirtschaft seit Jahren auf eine Reform drängt. Diese soll nun etwas kleiner ausfallen als geplant.

Enthalten wird das Paket hingegen eine degressive Abschreibung auf bewegliche Wirtschaftsgüter, auf die Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) gedrängt hat, während seine eigene Fraktion dieser Entlastung eher kritisch gegenübersteht. Dadurch könnte das Entlastungsvolumen am Ende insgesamt über den ursprünglich kalkulierten sechs Milliarden Euro liegen, hieß es von den Regierungsvertretern.

Intern soll das Bundeswirtschaftsministerium dem Paket bereits zugestimmt haben, hieß es. Umso erstaunter zeigte man sich in Regierungskreisen über das Veto aus dem grünen Familienministerium.

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„Es wäre wirklich absurd, wenn die Familienministerin ein Gesetz blockieren könnte, das die Wirtschaft dringend erwartet und dem ihr eigener Wirtschaftsminister intern bereits zugestimmt hat“, sagte ein Regierungsvertreter. Die Grünen hätten intern offenbar ziemlichen Klärungsbedarf. Auch ein anderer Regierungsvertreter warnte, man dürfe nicht Geld für Soziales „gegen Mittel aufrechnen, die unsere Wirtschaftskraft erhalten“.

Eigentlich hatten sich die drei Ampelparteien vorgenommen, nach der Sommerpause ihren Dauerstreit hinter sich zu lassen und neu durchzustarten. Ein ganzes Bündel an Gesetzen, das an diesem Mittwoch im Bundeskabinett ist, sollte dabei den Anfang bilden.

Lindner hatte Änderungen eingepreist, aber nicht das

Das Herzstück bildet dabei das „Wachstumschancengesetz“ von Finanzminister Lindner. Der FDP-Chef hat bereits eigens einen Saal in der Bundespressekonferenz gebucht, um die Gesetze der Öffentlichkeit möglichst breitenwirksam zu präsentieren. Sollte sich die Ampel nun nicht einig werden, wäre das ein erneuter Fehlstart.

Klar war immer, dass SPD und Grüne eine andere Gewichtung an Lindners Gesetzespaket vornehmen wollten. So hielt man im Kanzleramt als auch im Bundeswirtschaftsministerium das eingeplante Volumen für die „Investitionsprämie“, die Investitionen in die „Energie- und Ressourceneffizienz eines Unternehmens“ anreizen soll, für zu gering, während der geplante Verlustrücktrag zu umfassend sei.

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Dass es innerhalb des Gesetzes noch zu Änderungen kommen könnte, hatte Finanzminister Lindner auch im Vorhinein eingepreist – nicht aber dürfte er damit gerechnet haben, dass Familienministerin Paus versucht, das Steuerpaket mit ihrer Kindergrundsicherung zu vermengen.

Am Dienstagnachmittag rechneten alle Beteiligten trotz der neuen Auseinandersetzung damit, dass das Gesetz am Mittwoch wie geplant im Kabinett sein werde. „Alles andere“, so ein Regierungsvertreter, „sähe unglücklich für die Koalition aus. Das weiß auch Frau Paus.“

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