Justizminister Buschmann warnt Ampel vor Verfassungsbruch

Bundesjustizminister Buschmann

Die FDP sperrt sich gegen eine Nutzung der WSF-Mittel.

(Foto: dpa)

Berlin Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hält die von SPD und Grünen geforderte Umwidmung der Mittel aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) für nicht rechtmäßig. „Eine nachträgliche Umwidmung der Mittel des Wirtschaftsstabilisierungsfonds für ein allgemeines Konjunkturprogramm wäre verfassungswidrig“, sagte Buschmann dem Handelsblatt.

Der in der Coronapandemie errichtete Sondertopf wurde in der Energiekrise reaktiviert, um deren Folgen abzufedern. Finanziert werden mit den bis zu 200 Milliarden Euro an Schulden vor allem die Strom- und Gaspreisbremsen.

Wegen sinkender Preise dürfte deren Finanzierung aber günstiger werden – weshalb viel Geld übrig wäre. Am Ende könnte mehr als die Hälfte der Mittel aus dem WSF nicht benötigt werden.

Das weckt Begehrlichkeiten. Grüne und SPD wollen die Mittel nutzen, um die Konjunkturflaute zu bekämpfen. So will etwa Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) mit den Mitteln einen bis zu 40 Milliarden Euro teuren Industriestrompreis finanzieren.

Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch schlug im Handelsblatt zudem vor, eine deutliche Ausweitung der geplanten Investitionsprämie aus dem WSF zu finanzieren, mit der die Ampel Unternehmen Investitionen in grüne Technologien erleichtern wollen. Bislang ist dafür nur ein kleiner einstelliger Milliardenbetrag vorgesehen. „Die Mittel im WSF sind eine Option“, sagte Audretsch dem Handelsblatt. „Wenn es um die Stärke unserer Wirtschaft geht, um Wohlstand und Jobs, darf keine Möglichkeit für Investitionen blockiert werden.“

Buschmann lehnt Umwidmung ab

Auch die SPD kann diesem Vorgehen etwas abgewinnen. „Mit dem WSF haben wir ein gutes Vehikel etabliert“, hatte die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion, Verena Hubertz, dem Handelsblatt, gesagt.

Christian Lindner

Auch Buschmanns Parteifreund, Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), lehnt eine Umwidmung der WSF-Mittel ab.

(Foto: Reuters)

Die FDP sperrt sich jedoch gegen eine Nutzung der WSF-Mittel. Die zusätzlichen Kreditermächtigungen im WSF seien nur durch eine Ausnahme von der Schuldenbremse möglich gewesen, sagte Buschmann.

Dabei bestehe eine Verknüpfung mit der besonderen Notlage infolge der Energiekrise und der daraus resultierenden Preissteigerungen. Auch der Notlagenbeschluss des Deutschen Bundestags betone die gesetzliche Zweckbindung.

„Die im politischen Raum vorgeschlagene Verwendung des Wirtschaftsstabilisierungsfonds für Konjunkturmaßnahmen halte ich daher für verfassungsrechtlich problematisch“, sagte Buschmann.

„Statt neue Schulden aufzunehmen, sollten wir dazu alte Bürokratie abbauen. Der Abbau unnötiger Vorschriften ist ein Konjunkturpaket zum Nulltarif“, sagte Buschmann. Deshalb werde in seinem Ministerium „mit Hochdruck an Eckpunkten für ein neues Bürokratieentlastungsgesetz gearbeitet“, erklärte der Justizminister.

Gutachten weist auf Zweckbindung hin

Auch Buschmanns Parteifreund, Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), lehnt eine Umwidmung der WSF-Mittel ab. „Die Mittel im WSF sind konkret zweckgebunden. Einer Umwidmung stehen verfassungsrechtliche Grenzen entgegen“, sagte ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums.

Bereits im Frühjahr hatte Lindner eine interne rechtliche Stellungnahme erstellen lassen, um sich gegen die Forderungen von SPD und Grünen zu wappnen. Wie Buschmann weisen auch Lindners Beamte in der Analyse auf die Zweckbindung der Mittel hin. 

„Eine nachträgliche Erweiterung der gesetzlichen Zweckbindung der kreditfinanzierten Mittel des WSF, über die im Beschluss des Bundestages zur Feststellung der Notsituation genannten Zwecke hinaus, für allgemeine staatliche Ausgaben würde gegen diesen grundgesetzlichen Rahmen verstoßen – selbst wenn ein thematischer Zusammenhang mit Auswirkungen der außergewöhnlichen Notsituation bestünde“, heißt es in dem Gutachten.

Lindner und die FDP wollen die Schuldenbremse einhalten und nicht umgehen. Die FDP will so ihren Markenkern stärken. Bei SPD und Grünen hält man die Auffassung der FDP dagegen für fahrlässig. Ein Sparkurs würde den Abschwung nur verstärken, fürchten sie.

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SPD und Grünen halten angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage auch das von Lindner vorgelegte „Wachstumschancengesetz“, das insgesamt eine Entlastung von rund sieben Milliarden Euro für die Wirtschaft vorsieht, für zu klein. Um wirklich etwas gegen die Wirtschaftskrise auszurichten, müsse die Ampel demnach deutlich mehr Geld in die Hand nehmen.

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