Headhunter verraten, wie Tech-Wissen Ihre Karriere pusht

Düsseldorf Wer nicht wisse, wie Künstliche Intelligenz funktioniert, der habe ein Problem, sagt Josef Günthner. Er ist Chef des Hamburger Headhunting-Unternehmens Paltron und rekrutiert für seine Kunden IT-Experten. „KI und maschinelles Lernen sind nicht nur für Technikberufe relevant, sondern verändern viele Bereiche.“

Denn Künstliche Intelligenz kann Buchrezensionen schreiben, Werbeplakate erstellen, Anlagetipps geben. Es ist also nicht mehr nur für Tech-Experten wichtig, mit den Zukunftstechnologien umgehen zu können. Gerade Führungskräfte verschafften sich einen Vorteil, wenn sie bestimmte Tech-Kompetenzen nachweisen können. „Es findet eine technologische Aufrüstung statt, der sich kein Manager entziehen kann“, sagt Robert Kämper, Managing Director und Partner bei der Personalberatung Russell Reynolds. „Ich bin kein Techie“ sei keine Ausrede mehr.

Doch welches Tech-Know-how bringt Sie auf dem Arbeitsmarkt wirklich weiter? Top-Headhunter haben dem Handelsblatt verraten, auf welche fünf Skills sie bei Kandidaten am stärksten achten.

Wolfram Tröger ist Vizepräsident des Bundesverbands Deutscher Unternehmensberatungen (BDU) und leitet selbst eine Personalberatung mit Sitz in Frankfurt. Er sagt: Egal, aus welcher Branche jemand komme – wer keine Grundkenntnisse im Umgang mit verschiedenen KI-Tools habe, werde es in Zukunft schwer haben. „Gerade bei Hochqualifizierten und Führungskräften erwarte ich, dass sie einen Überblick über die wichtigsten Tools haben und sie zumindest schon einmal ausprobiert haben.“

Eine der größten Herausforderungen sei es, möglichst rasch zu beurteilen, ob ein Tool für die eigene Arbeit oder das Unternehmen sinnvoll ist – oder nicht. „Ich selbst bekomme pro Woche etwa 20 Werbemails zu HR-basierten Tech-Tools“, sagt Tröger. „Für jedes mache ich einen Schnellcheck, ob es ein Anwendungs-Case für mich ist oder nicht.“

Er habe beispielsweise immer ChatGPT und Google Bard geöffnet. „Da gebe ich dann sinngemäß ein: ,Ich bin Personalberater und denke darüber nach, das Tool X einzusetzen. Liefert es mir qualifizierte Ergebnisse zum Thema Y?“ Das erwarte er auch von Kandidaten, die er an Unternehmen vermittele.

Wie bewusst die Kandidaten mit KI-Tools umgehen, prüft er auch in seinen Vorstellungsgesprächen. Fragen, die er mit Hinblick darauf stellt: „Wenn Sie etwa ChatGPT nutzen, was geben Sie dort ein und was nicht? Geben Sie sich selbst bestimmte Datenschutzrichtlinien? Wie würden Sie Ihre Mitarbeitenden diesbezüglich briefen?“ Solche Gedanken müssten sich Topkandidaten aus allen Bereichen machen: Marketingexperten und Juristen genauso wie Personalberater.

Josef Günthner vom IT-Headhunting-Unternehmen Paltron weiß, wie man seine Kompetenz im Umgang mit KI-Tools erweitern kann. „Einerseits kann selbst gesteuertes Lernen durch Herumprobieren funktionieren – insbesondere für diejenigen, die bereits eine starke technische Grundlage haben.“ Andererseits gebe es auch viele strukturierte Bildungsressourcen, die Lernwilligen zur Verfügung stehen. Eine davon sind Onlinekurse: „Websites wie Coursera, Udacity, edX und Khan Academy bieten Kurse zu KI und maschinellem Lernen an. Einige dieser Kurse sind von renommierten Universitäten wie Stanford und MIT.“

2. Vorteile Arbeitsmarkt: Sie haben Erfahrung im Change-Management

Wenn Unternehmen neue Technologien in ihre Abläufe integrieren, sei das nie bloß ein technischer Prozess, sagt Personalberater Tröger. „Künstliche Intelligenz in einem Betrieb zu etablieren heißt nicht nur, dass man ein anderes System einführt. Es heißt, dass ich einen gravierenden Change-Prozess durchführe.“ Solche Prozesse seien immer mit Sorgen, Ängsten und Widerständen verbunden. Manche Mitarbeitende etwa haben Berührungsängste, andere fürchten, ihren Job womöglich zu verlieren, wieder andere trauen es sich schlicht nicht zu, die neue Technologie zu verstehen.

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Wie gut es gerade Management-Kandidaten gelingt, mit solchen Problemen umzugehen, prüft Wolfram Tröger im Gespräch, indem er mit Fallbeispielen arbeitet. „Ich frage zum Beispiel: ,An welchen Veränderungen in einer Organisation waren sie beteiligt, die durch KI entstanden sind?‘“ Nenne der Kandidat dann ein Beispiel, hake er nach, mit Fragen wie: „Wie haben Sie diesen Veränderungsprozess moderiert?“ oder „Gab es Widerstände, und, wenn ja, wie sind Sie mit ihnen umgegangen?“ Wer hier konkret wird und von Erfolgen berichten kann, punktet.

Auch Robert Kämper von Russell Reynolds betont, wie wichtig nicht nur rein technische Kompetenzen im Umgang mit neuen Technologien sind – sondern auch Menschlichkeit. „Zwischenmenschlich sensibel, offen und integrativ“ müssten die Führungskräfte der Zukunft an dieser Stelle sein, sagt Kämper. Außerdem sei es wichtig, dass sie „auf unterschiedliche Interessengruppen Einfluss nehmen“ könnten.

3. Tech-Know-how: Sie kennen sich mit Cybersecurity aus

„Cybersecurity ist ein wichtiges und wachsendes Feld“, sagt Headhunter Günthner von Paltron. Es werde immer bedeutsamer für Unternehmen, dass ihre Informationssysteme sicher seien – und es gebe eine Reihe von Weiterbildungsmöglichkeiten in diesem Bereich sowohl für Informatiker als auch für Nichtinformatiker. Für Menschen ohne tiefgreifende technische Kenntnisse empfiehlt Günthner diese Onlinekurse:

  • „Introduction to Cybersecurity“ von der Cisco Networking Academy. Günthner: „Dieser Kurs bietet einen Überblick über das Feld und behandelt Themen wie Netzwerksicherheit, Datenschutz und Cyberbedrohungen.“

  • „Cybersecurity for Business“ von Coursera. Günthner: „Dieser Kurs wurde von der University of Colorado entwickelt und richtet sich an Fachleute ohne technischen Hintergrund. Er konzentriert sich auf die Vermittlung von Grundlagen, wie man ein Unternehmen vor Cyberbedrohungen schützt.“
  • „Cyber Security Basics: A Hands-on Approach“ von edX: „Dieser Kurs wurde von der University Carlos III von Madrid entwickelt und bietet eine praktische Einführung in die Cybersicherheit, ohne dass Programmierkenntnisse erforderlich sind.“

Auch für Informatiker oder Fachleute mit technischem Hintergrund gebe es eine Reihe von Weiterbildungsmöglichkeiten in dieser Richtung, etwa von der Harvard University, der University of Maryland oder der Computing Technology Industry Association (CompTIA), einem internationalen IT-Branchenverband. Wer hier Know-how sammelt und sich immer weiter spezialisiert, wird damit auf dem Arbeitsmarkt immer gefragter, weiß auch Robert Kämper von Russell Reynolds. Gesucht seien aktuell insbesondere Sicherheitsexperten und CISOs – eine Kombination aus dem Chief Information Officer und dem Chief Security Officer.

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4. Tableau oder Power BI: Sie können mit Daten arbeiten

„Alle Management-Bereiche, auch die erst einmal nicht-technischen, sind auf allen Ebenen immer stärker datengetrieben“, sagt Personalstratege Robert Kämper. „Daten sind das Öl dieses Jahrhunderts.“ Gerade Topmanager, die mit ihnen umgehen können, seien für Unternehmen wertvoll. „Einen Vorteil verschafft man sich übergreifend ganz generell mit Data-Science-Fähigkeiten.“

Heißt konkret: Sie sollten Daten lesen können. Sie sollten wissen, wie Sie aus den immer größeren Datenmengen die wirklich relevanten Daten herausfiltern. Sie sollten Korrelationen erkennen, die Ergebnisse visualisieren und daraus per Analyse die richtigen Erkenntnisse ziehen können.

Auch im Umgang mit Künstlicher Intelligenz ist ein Verständnis für Daten essenziell, sagt Headhunter Günthner. Das umfasse Kenntnisse in Datenbankmanagement, Datenreinigung und -transformation und der Anwendung statistischer Analysen. Für Weiterbildungen in diesen Bereichen empfiehlt Günthner die Onlineplattformen Coursera oder edX.

Gerade für IT-Experten kann es sich lohnen, das Know-how in Sachen Daten zu vergrößern. Wer sich etwa mit Datenanalyse-Tools wie der Business-Intelligence-Software Tableau oder Power BI auskenne oder mit Big-Data-Plattformen wie Hadoop und Spark, der könne schnell aufsteigen: zum Beispiel vom Business-Analyst zum Data-Scientist. „Weiterbildungen in diesen Tools sind oft direkt von den Anbietern oder durch Online-Plattformen wie Coursera und edX verfügbar“, sagt Günthner.

5.  Vorteile Arbeitsmarkt: Sie verfügen über Programmierkenntnisse – etwa in Python

Die Programmiersprache Python ist eine der am häufigsten verwendeten Sprachen in den Bereichen Datenanalyse, maschinelles Lernen und Künstliche Intelligenz – und das aus gutem Grund, sagt Headhunter Günthner: „Sie ist einfach zu erlernen, extrem vielseitig und verfügt über eine reiche Palette von Bibliotheken und Frameworks, die für diese Aufgaben geeignet sind.“

Dass es sich nicht nur für „Techies“ lohnt, Python zu lernen, macht er am fiktiven Beispiel einer Recruiterin deutlich. „Eine Recruiterin, die Python beherrscht, hat mehrere Vorteile gegenüber Kollegen, die das nicht tun“, sagt der Headhunter. Vor allem drei Vorteile seien von Bedeutung:

  • Automatisierung: Python können Sie verwenden, um sich wiederholende Aufgaben zu automatisieren. „Eine Recruiterin könnte beispielsweise ein Skript schreiben, das automatisch Lebensläufe von einer E-Mail-Adresse herunterlädt, sie in einen bestimmten Ordner verschiebt und vielleicht sogar einfache Screening-Aufgaben durchführt, wie das Suchen nach bestimmten Schlüsselwörtern“, sagt Günthner.
  • Datenanalyse. Python sei ein leistungsfähiges Werkzeug für die Datenanalyse. „Mit Bibliotheken wie Pandas und Matplotlib kann eine Recruiterin beispielsweise Daten aus verschiedenen Quellen importieren, reinigen und analysieren und dann ansprechende Diagramme und Visualisierungen erstellen. Dies könnte zur Verbesserung der Recruiting-Strategien beitragen, indem beispielsweise Muster und Trends identifiziert werden, die sonst nicht offensichtlich wären“, so der IT-Personalberater.
  • KI und maschinelles Lernen. „Mit Python-basierten Tools wie scikit-learn und TensorFlow kann ein Recruiter sogar einfache maschinelle Lernmodelle entwickeln und implementieren“, sagt Günthner. Sie könnten zum Beispiel verwendet werden, um die Wahrscheinlichkeit des Erfolgs eines Kandidaten vorherzusagen oder um die besten Kanäle für eine Stellenausschreibung zu ermitteln.

Ein Ersatz für eine Recruiting-Expertin sei Python aber nicht – sondern ein zusätzliches Werkzeug. In erster Linie brauche es in dem Job, wie in vielen anderen auch, begabte Kommunikatoren, die Beziehungen pflegen, sicher verhandeln und gute Entscheidungen treffen könnten.

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Erstpublikation: 14.08.2023, 04:00 Uhr.

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