Hat Brasiliens Ex-Präsident Staatsgeschenke zu Geld gemacht?

Jair Bolsonaro

Dem Ex-Präsidenten werden Veruntreuung und Geldwäsche vorgeworfen.

(Foto: AP)

Salvador Ein korrupter Präsident erhält Juwelen, Schmuck und Uhren bei Staatsbesuchen im Nahen Osten. Über Mittelsmänner versucht der Staatschef, die wertvollen Geschenke zu verkaufen. Schließlich kommt ihm die Polizei auf die Schliche. Was wie ein Drehbuch klingt, ist genau das, was dem ehemaligen brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro gerade zu passieren scheint – sollten sich die Untersuchungen der Bundespolizei Brasiliens endgültig bestätigen.

Die in den vergangenen Tagen öffentlich gewordenen Erkenntnisse der Polizei sind ungeheuerlich. „Lucas 12:2“ lautet der Codename der Ermittlungen, nach einem Bibelvers aus dem Lukasevangelium. „Es ist aber nichts verborgen, was nicht offenbar wird, und nichts geheim, was man nicht wissen wird“, heißt es darin.

Für Alexandre de Moraes, Richter des obersten Gerichtshofs STF, hat sich bereits genug offenbart. Er sieht die Schuld Bolsonaros als erwiesen an. Der Ex-Präsident habe den Wert der Verkäufe als Bargeld erhalten und seinem persönlichen Vermögen zugeführt. Es bestehe der Verdacht der Veruntreuung und Geldwäsche.

Die Bundespolizei Brasiliens hat beim STF jetzt beantragt, die Konten Bolsonaros einsehen zu dürfen. Darüber hinaus sollen der Ex-Präsident und seine Ehefrau Michelle Bolsonaro vor der Polizei aussagen. Die Bundespolizei hat zudem das nordamerikanische FBI um Amtshilfe gebeten.

Schauplatz der jetzt aufgedeckten Vorgänge waren vor allem die USA, wohin Bolsonaro Ende vergangenen Jahres wenige Stunden vor dem Antritt seines Nachfolgers Luiz Inácio Lula da Silva geflüchtet war.

Bolsonaro dementierte lange, die Geschenke erhalten zu haben

In den Wochen nach der verlorenen Wahl im November 2022 soll sein ehemaliger militärischer Adjutant Mauro Cid zwei Schweizer Luxusuhren verkauft haben. Der Versuch, ein Herren-Schmuckset der Schweizer Marke Chopard über ein Auktionshaus zu verkaufen, scheiterte jedoch.

In Brasilien bestand schon länger der Verdacht, dass Bolsonaro versucht hatte, Geschenke, die er als Präsident erhalten hatte, zu Geld zu machen. Ein weiteres Damen-Schmuckset von Chopard war im Oktober 2021 am Flughafen von São Paulo bei der Rückkehr einer Ministerdelegation aus Saudi-Arabien von Zollbeamten beschlagnahmt worden. Trotz Drängen von Bolsonaros Beamten schlugen alle Anstrengungen fehl, die Juwelen auszulösen, zuletzt einen Tag vor seiner Reise in die USA.

Jair Bolsonaro

Die Bundespolizei Brasiliens hat beantragt, die Konten Bolsonaros einsehen zu dürfen.

(Foto: IMAGO/Fotoarena)

Es handele sich um persönliche Geschenke, so verteidigte sich Bolsonaro bisher stets. Zuvor hatte er noch geleugnet, die Wertgegenstände je bekommen zu haben. Tausende weitere Geschenke sollen derweil im Haus des ehemaligen Formel-1-Weltmeisters Nelson Piquet, eines glühenden Bolsonaro-Verehrers, in Brasília lagern.

Die jetzigen Ermittlungen zeigen, wie Bolsonaro sein militärisches Netzwerk genutzt haben soll, um sich persönlich zu bereichern. So hatte er schon früh einen Viersternegeneral und Vater seines militärischen Adjutanten nach Miami an die Spitze des dortigen Ablegers der brasilianischen Exportförderungsgesellschaft versetzt.

Bolsonaro hält sich in den sozialen Medien zurück

Der hochrangige General Mauro Lourena Cid hatte mit Bolsonaro im gleichen Jahrgang die Militärakademie absolviert. Doch anders als der wegen fehlender Disziplin beinahe unehrenhaft entlassene Bolsonaro machte er später Karriere und war zeitweise einer der höchsten Militärs des Heeres.

Über sein Konto in den USA sollen die Uhrenverkäufe abgewickelt worden sein. Auf einem Foto, das er an seinen Sohn geschickt hat, ist eine goldene Palme in einer Schatulle zu sehen, die Bolsonaro in Bahrain überreicht bekommen hat. Auf dem Foto spiegelt sich der Reservegeneral im Hintergrund. Zusammen mit dem Foto fragt er seinen Sohn, wie er das Geschenk verkaufen will.

Mauro Cid

Der militärische Adjutant soll einer der Mittelsmänner beim Verkauf der Geschenke gewesen sein.

(Foto: AP)

Auffällig ist, dass es trotz der ungeheuerlichen Vorwürfe auf den Accounts der Familie Bolsonaro in den sozialen Netzwerken ruhig bleibt. Öffentlich ergreift zudem kein Militär Partei für den Ex-Präsidenten, der Tausende von Militärangehörigen mit lukrativen Jobs in seiner Regierung versorgt hat. Für den Ex-Präsidenten, der Ende Juni sein passives Wahlrecht bis 2030 verlor, könnte das Verfahren im Gefängnis enden.

Die 17 Millionen Real (etwa drei Millionen Euro), die Bolsonaro gerade bei seinen Fans in wenigen Tagen eingesammelt hat, um seine Prozesse bezahlen zu können – die wird er jetzt für seine Anwälte gebrauchen können.

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