Brüssel Der Sozialdemokrat Frans Timmermans wird als Spitzenkandidat ein rot-grünes Bündnis in die niederländische Parlamentswahl Ende des Jahres führen. Das gaben die Arbeiterpartei und die Grünen nach einer Mitgliederabstimmung am Dienstag bekannt. Timmermans war der einzige Kandidat und erhielt 91,8 Prozent der Stimmen.
Die Rückkehr in die nationale Politik bedeutet, dass Timmermans seinen Posten als Vizepräsident der EU-Kommission niederlegen muss. Kommissionschefin Ursula von der Leyen (CDU) verliert nicht nur einen ihrer drei Stellvertreter, sondern auch die wichtigste klimapolitische Stimme ihrer Behörde.
Seit 2019 hatte der Niederländer das zentrale Projekt der EU, den „Green Deal“, umgesetzt. Dabei handelt es sich um eine Reihe von Gesetzen, die Europa auf den Weg zur Klimaneutralität bringen sollen.
Zuletzt hatte Timmermans mit großem persönlichem Einsatz das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur durch das Europaparlament gebracht – gegen den Widerstand der Europäischen Volkspartei (EVP) unter Führung von Manfred Weber (CSU).
Seine Aufgaben werden nun provisorisch von anderen Kommissaren übernommen. Mittelfristig muss die niederländische Regierung einen Ersatz nach Brüssel schicken.
Grüne fürchten Rückschlag für Klimapolitik
Bis der oder die Neue mit der Arbeit beginnen kann, dürften jedoch mehrere Monate vergehen. Personalentscheidungen in der Mehrparteienkoalition in Den Haag dauern gewöhnlich eine Weile, und danach müsste der Nachfolger auch noch von Kommission und Europaparlament bestätigt werden.
Insbesondere die Grünen fürchten, dass ohne Timmermans die Klimapolitik in Brüssel an Bedeutung verlieren wird. Zuletzt hatten neben den Konservativen im Europaparlament mehrere Regierungschefs eine Regulierungspause gefordert. Auch von der Leyen setzt mit Blick auf die Europawahl im Juni 2024 inzwischen andere Akzente.
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Dabei müssen bis zur Europawahl noch einige Entscheidungen in der Klimapolitik getroffen werden. So soll das Renaturierungsgesetz zwischen Mitgliedstaaten, Kommission und Parlament final verhandelt werden.
Auch muss die EU sich noch auf ein Klimaziel für 2040 einigen. Bislang hat sie sich dazu verpflichtet, 55 Prozent der Treibhausgasemissionen bis 2030 einzusparen. Bis 2050 sollen es 100 Prozent sein. Nun geht es darum, wie ambitioniert das Zwischenziel ausfällt.
Wer vertritt die EU bei der COP28?
Im Herbst steht zudem die Weltklimakonferenz COP28 an. Timmermans war in den vergangenen Jahren einer der einflussreichsten Akteure in dem Forum. Seine Beziehungen werden jetzt fehlen. Wer die EU dort vertritt, ist noch unklar.
Die niederländische Parlamentswahl findet am 22. November statt. Die liberalkonservative Koalition von Ministerpräsident Mark Rutte war im Juli an einem Streit über die Migrationspolitik zerbrochen. Rutte, Finanzministerin Sigrid Kaag und Außenminister Wopke Hoekstra haben ihren Rückzug aus der Politik angekündigt.
In Umfragen liegt das rot-grüne Bündnis Kopf an Kopf mit Ruttes Liberalen und der Bauernbewegung BBB. Timmermans könnte also als Regierungschef auf die europäische Bühne zurückkehren.
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