Ende des China-Booms? Anteil an deutschen Exporten fällt auf 6,2 Prozent

Exporte nach China

Deutschland liegt auf Platz zwei hinter den USA bei den Exporten nach China.

(Foto: dpa)

Berlin Das China-Geschäft verliert für die deutschen Exporteure an Gewicht: Im ersten Halbjahr 2023 gingen nur noch 6,2 Prozent der Ausfuhren in die Volksrepublik, wie aus Reuters am Freitag vorliegenden Daten des Statistischen Bundesamtes hervorgeht. Das ist der niedrigste Wert seit 2015.

Zum Vergleich: 2020 hatte der Anteil mit 7,9 Prozent noch ein Rekordhoch erreicht, ging aber 2021 auf 7,5 Prozent und 2022 auf 6,8 Prozent zurück. Der Abstand zum Erzrivalen USA wächst damit: In die größte Volkswirtschaft der Welt gingen in den ersten sechs Monaten dieses Jahr rund zehn Prozent der deutschen Exporte, die damit wichtigster Abnehmer von Waren „Made in Germany“ blieb – vor Frankreich, den Niederlanden und China.

„Es ist noch etwas zu früh, vom Ende des China-Booms zu sprechen“, sagte ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski zu der Entwicklung. Kurzfristig könne sich die chinesische Konjunktur – die aktuell schwächelt – nochmal berappeln.

„Langfristig wird die Bedeutung Chinas an unseren Exporten aber deutlich abnehmen“, sagte Brzeski. „Wir sollten uns – bis auf ein mögliches kurzes Aufflackern – darauf einstellen, dass China unseren Exportsektor nicht mehr retten wird.“

Die deutschen Warenausfuhren in die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt brachen in der ersten Jahreshälfte gegen den Trend um 8,4 Prozent zum Vorjahreszeitraum auf gut 49,4 Milliarden Euro ein. Die Gesamtausfuhren wuchsen hingegen um 3,2 Prozent auf 797,5 Milliarden Euro. Das US-Geschäft nahm dabei um überdurchschnittliche 4,8 Prozent auf fast 78 Milliarden Euro zu, womit die Vereinigten Staaten ihre Stellung als wichtigster Kunde der deutschen Exportindustrie untermauerten.

Experte: China bleibt im nächsten Jahrzehnt wichtiger Markt

„China klettert auf der technologischen Leiter nach oben“, sagte Handelsexperte Vincent Stamer vom Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW). Mit dem wachsenden technologischen Forschritt sei das Land in der Lage, einen zunehmenden Teil der Wertschöpfung selbst zu schaffen. „Das sieht man etwa bei Computerchips, Elektroautos und in der Batterieherstellung“, sagte Stamer. „Das muss dann nicht mehr aus Deutschland und der restlichen Welt importiert werden.“

Einen Abgesang auf den Kunden China hält der Experte aber für verfrüht. „China wird im kommenden Jahrzehnt ein wichtiger Absatzmarkt bleiben“, erwartet Stamer. „Die Abhängigkeit viele Unternehmen vom chinesischen Markt wird sich aber nicht mehr so stark in den Exportzahlen sichtbar machen, sondern in deren Bilanzen.“ So produzierten viele deutsche Autobauer für den chinesischen Markt zunehmend vor Ort.

Die Bundesregierung hat im Juli erstmals eine eigene China-Strategie vorgestellt. Darin wird die Volksrepublik deutlich kritischer beurteilt als früher. Firmen werden aufgefordert, ihre Risiken im China-Geschäft abzubauen. Gleichwohl wird auch der Wille zur Zusammenarbeit betont.

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