Diese Bundesländer würden von angeglichenen Stromgebühren profitieren

Brandenburg

Durch eine Angleichung der Stromgebühren würden die Brandenburger fast 130 Euro im Jahr sparen. 

(Foto: IMAGO/Andreas Franke)

Düsseldorf Wie hoch die Stromrechnung in Deutschland ist, hängt auch davon ab, in welchem Bundesland man lebt. Grund dafür sind unterschiedlich hohe Stromgebühren. Während eine Familie in Bremen mit einem Stromverbrauch von 4000 Kilowattstunden pro Jahr nur 254 Euro (netto) für die Netze zahlt, sind es in Schleswig-Holstein 480 Euro (netto).

Eine exklusive Analyse des Vergleichsportals Verivox für das Handelsblatt zeigt, dass eine Angleichung der bundesweiten Netzgebühren auf einen einheitlichen Durchschnittswert von 350 Euro viele Bundesländer entlasten würde. In Bayern, Nordrhein-Westfalen, Thüringen, Bremen, Niedersachsen, Berlin und Baden-Württemberg würden die Kosten allerdings steigen. 

Die Mehrkosten lägen nach Berechnungen von Verivox je nach Bundesland zwischen sechs und 29 Euro. Lediglich für Bremen wäre der Anstieg erheblich, hier würden 96 Euro mehr fällig. Die größte Ersparnis dagegen gäbe es im windreichen Schleswig-Holstein. Hier müssten Verbraucherinnen und Verbraucher 130 Euro weniger im Jahr zahlen.  

Energie: Bundesnetzagentur will Stromgebühren reformieren

Vor wenigen Tagen hatte Bundesnetzagentur-Chef Klaus Müller niedrigere Stromgebühren für Regionen mit besonders vielen Windrädern angekündigt. „In der Tat werden Regionen, die besonders auf Windkraft setzen, finanziell besonders stark belastet“, sagte Müller in einem Interview mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. 

Im Bundestag werde an einem Gesetzentwurf gearbeiteten, um „faire Netzentgelte“ einzuführen. Die Bundesnetzagentur will dieses Vorhaben autorisieren.

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Wo besonders viele Windräder stehen, müssen die Netze ausgebaut werden. Das ist Sache der regionalen Stromnetzbetreiber. Die Kosten werden über die Netzentgelte auf die Verbraucher umgelegt. In den Regionen, in denen viele Windparks oder auch große Freiflächen-Photovoltaikanlagen ans Netz gehen, zahlen die Stromverbraucher entsprechend hohe Netzentgelte. Im Norden und Osten des Landes ist der Strom deswegen teilweise um 300 Euro teurer als im Süden.

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„Die Verteilung der Kosten muss so laufen, dass sich die Leute nicht abgehängt fühlen“, fordert auch Rheinenergie-Chef Andreas Feicht im Gespräch mit dem Handelsblatt. Regionen mit vielen Windrädern müsse man entgegenkommen. „Wir müssen alle Lasten tragen, damit die Energiewende gelingt.“ Der Vorschlag der Bundesnetzagentur sei deswegen richtig. 

Kritik kam dagegen von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der sich gerade im Wahlkampf befindet. „Unterschiedliche Strompreiszonen wären ein großer Fehler“, sagte Söder der „Süddeutschen Zeitung“.

Wer solchen Zonen „das Wort redet, legt die Axt an den Industriestandort Deutschland und gefährdet Süddeutschland als industrielles Herz der Republik“. Dadurch drohe „eine weitere Abwanderung von Industriebetrieben aus Deutschland und ein wirtschaftlicher Abstieg“.

Rheinenergie-Chef für eine Angleichung der Stromgebühren

Rheinenergie-Chef Feicht widerspricht: Heute gebe es unterschiedliche Preiszonen, was die Kosten für das Verteilnetz angeht. Eine Angleichung würde dieses Ungleichgewicht schrittweise beseitigen. „Das wäre auch für unsere Region ein Problem, weil die Stromkosten steigen würden. Aber man muss Akzeptanz für den Ausbau der Erneuerbaren schaffen“, ist der ehemalige Staatssekretär unter Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) heute überzeugt. Mit verschiedenen Strompreiszonen, wie Söder sie nennt, habe das nichts zu tun.  

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Wie die Reform genau aussehen soll, steht noch nicht fest. Klar ist allerdings, dass die Strompreise insgesamt hoch bleiben dürften. „Angesichts steigender Eigenkapitalzinsen für die Netzbetreiber und des hohen Investitionsbedarfs in den Umbau der Energieinfrastruktur rechnen wir auch in den kommenden Jahren mit weiter steigenden Stromnetzentgelten für Haushalte in Deutschland“, sagt Thorsten Storck, Energieexperte bei Verivox.

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Das sagt auch Rheinenergie-Chef Feicht: „Die Strompreise sind hoch, weil das Angebot knapp ist. Und das Angebot ist unter anderem knapp, weil wir gewisse Technologien abgeschaltet haben oder abschalten werden – sprich Atom und Kohle“, so der Betriebswirt. Dass die Strompreise noch einmal auf das Vorkrisenniveau kommen, hält er deswegen für unwahrscheinlich. 

Energie: Strompreise werden vorerst steigen

Aktuell kostet eine Megawattstunde Strom an der Leipziger Börse EEX 110 Euro. Bis zum Ausbruch der Energiepreiskrise im Spätsommer 2021 hatte der Strompreis jahrelang zwischen 30 und 50 Euro gelegen. „Der Strompreis wird sinken, wenn die Ausbauziele für Erneuerbare erreicht werden“, erklärt Feicht. Erst mal werde es deswegen teurer, weil das Netz ausgebaut werden muss. Das heißt, die Netzentgelte steigen. „Die Versorgungssicherheit wird auch Geld kosten“, so Feicht.

Laut einer Analyse des Bundesverbands für Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) zahlen Kunden zum Jahresbeginn 2023 im Schnitt 48,12 Cent die Kilowattstunde bei einem Stromverbrauch von 3500 Kilowattstunden. Zum Vergleich: Im Jahr 2011 waren es rund 24 Cent.

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