Die neue Allianz-Vertriebsstrategie ist eine Chance

Allianz-Chef Oliver Bäte

Der Vertrag von Oliver Bäte dürfte verlängert werden.

(Foto: Getty Images)

München Dass bei Allianz-Chef Oliver Bäte noch in diesem Jahr eine Verlängerung seines im kommenden Jahr auslaufenden Vertrags anstehen dürfte, hatten viele im Umfeld erwartet. Überraschender sind die strategischen Veränderungen, die in diesem Zusammenhang bereits aus der Allianz gedrungen sind. Nicht mehr das Neugeschäft soll künftig allein im Mittelpunkt der Vertriebsaktivitäten stehen, stattdessen soll es ebenso darauf ankommen, einen bestehenden Kundenstamm zu halten und für ihn in Zukunft zu einer Art Ratgeber in allen Lebenslagen zu werden.

Was aus Sicht eines Außenstehenden völlig normal zu sein scheint, ist tatsächlich ein Kulturwechsel. Der dürfte bei erfolgreicher Umsetzung auch weitere Branchen neben den Versicherern erfassen. Denn die Realität ist leider im Moment noch vielerorts alles andere als normal. Seit Jahren rühmt sich nicht nur die Allianz für ihr starkes Neukundengeschäft. Dass auf der Gegenseite Bestandskunden zuhauf kündigten und häufig am Jahresende sogar ein Minus bei der Gesamtzahl der Kunden stand, wurde tunlichst verschwiegen.

Ähnlich wie bei den Versicherern gibt es dieses Phänomen seit Jahren auch bei Mobilfunkanbietern, Energieversorgern und einer Reihe weiterer Branchen. Auch dort werden Neukunden mit hohem Marketingaufwand akquiriert, der Bestandskunde fühlt sich indes oftmals vergessen. Sieht er sich dann nach Alternativangeboten bei den allgegenwärtigen Vergleichsportalen wie Check24 um, ist er schnell bei einem anderen Anbieter. Echte Kundenbindung sah schon immer anders aus.

Mit dem Strategieschwenk der Allianz könnte in einer Reihe von Branchen der Vertrieb anders ausgerichtet werden. Damit das gelingt, muss aber das Vergütungssystem völlig neu ausgerichtet werden. Wer seine Vertriebsmitarbeiter in erster Linie nach Abschlüssen im Neugeschäft bezahlt, darf sich nicht wundern, dass diese unmittelbar nach Vertragsabschluss das Interesse am Kunden verlieren. Wird der Vertriebsmitarbeiter hingegen am Ende des Jahres auch daran gemessen, ob ihm von seinem Kundenstamm vom Jahresanfang möglichst viele geblieben sind, dann ist das Interesse an den Bestandskunden völlig anders.

Im traditionell mächtigen Vertrieb der Allianz dürften die geplanten Veränderungen für reichlich Aufregung sorgen. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern muss der Konzern nun vermitteln, dass die neue Kundenbindung sich nicht negativ auf ihre Bezüge auswirkt, sondern bei cleverer Umsetzung sogar ein Plus bringt – auch in ihrem Ansehen bei den Kunden. Nicht nur die Versicherer blicken in Zukunft auf die Entwicklungen bei der Allianz. Auch andere Branchen werden genau hinsehen.

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