Deutsche Bank kann jeden fünften Ausbildungsplatz nicht besetzen

Frankfurt Deutsche Finanzkonzerne tun sich bei der Suche nach Nachwuchskräften immer schwerer. Mehrere große Banken und Versicherer können dieses Jahr nicht alle Ausbildungsplätze besetzen, wie eine Handelsblatt-Umfrage unter 17 Finanzunternehmen zeigt.

Besonders groß ist die Lücke bei der Deutschen Bank. Bei ihr bleibt mehr als jeder fünfte Ausbildungsplatz offen. „Final konnten wir knapp 80 Prozent der Plätze besetzen“, sagte ein Sprecher von Deutschlands größtem Geldhaus. „Grund dafür waren Vertragsrückgaben, was aber nicht untypisch ist.“

Die Deutsche Bank bot 2023 insgesamt 704 Stellen an: 596 Ausbildungsplätze sowie 108 für dual Studierende. Start war jeweils der 1. August. Wie die Situation im Vorjahr war, wollte die Bank nicht verraten.

Auch in der Gruppe Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba), zu der die Frankfurter Sparkasse gehört, sind noch Ausbildungsplätze offen. Zum Umfang äußerte sich die Helaba nicht. Bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) blieben in diesem Jahr nach eigenen Angaben knapp fünf Prozent der 160 Ausbildungsstellen unbesetzt. Bei Deutschlands größter Landesbank beginnt die Ausbildung am 21. August.

Auch bei den Gothaer Versicherungen werden voraussichtlich einige Ausbildungsplätze nicht besetzt. Die Gesellschaft bietet per 1. September 119 Ausbildungsplätze an. Ende Juli hatte sie 69 Verträge abgeschlossen, 45 Angebote erwartet sie noch zurück.

„Es wird schwieriger, die Stellen zu besetzen“, konstatiert das Unternehmen. Dafür gebe es verschiedene Gründe. Die Versicherungsbranche stehe als Arbeitgeber nicht unbedingt im Fokus, viele Unternehmen seien wenig bekannt. „Zudem beobachten auch wir den Trend der Akademisierung bei Schulabgängern, immer mehr streben ein Studium an.“

Intensiver Wettbewerb um Nachwuchskräfte

Sparkassen und Volksbanken, die den größten Teil des deutschen Bankenmarkts ausmachen, beobachten diesen Trend ebenfalls. Ausbildungszahlen für 2023 haben ihre Branchenverbände DSGV und BVR noch nicht vorliegen.

Beide Finanzverbünde konnten jedoch bereits in den vergangenen drei Jahren nicht alle Ausbildungsstellen für Bankkaufleute besetzen. Bei den Sparkassen blieben acht bis neun Prozent der Ausbildungsstellen offen, bei den Volksbanken acht bis fast elf Prozent.

Gründe für die mühsame Nachwuchssuche sind aus Sicht von Beteiligten vor allem der demografische Wandel, aber auch das Bankenimage, das sich durch zahlreiche Skandale und während der Finanzkrise 2008 verschlechtert hat.

Um dennoch genügend Auszubildende anzulocken, haben viele Institute ihre Personalabteilungen aufgestockt und ihr Werben intensiviert. 2022 schalteten Banken und Versicherer fast 51.000 Stellenanzeigen für Ausbildungsplätze, ein Plus von gut einem Drittel gegenüber dem Vorjahr, wie eine Erhebung der Personalmarktforschung Index zeigt. Im ersten Halbjahr 2023 waren es fast 30.000.

Einige Banken waren damit durchaus erfolgreich. Die Hypo-Vereinsbank hat nach eigenen Angaben in diesem Jahr sämtliche 100 Ausbildungsplätze besetzt, die DZ Bank alle 49 Stellen. Die Norddeutsche Landesbank (NordLB) und die Versicherer Huk-Coburg sowie Talanx haben bereits vor einiger Zeit genügend Bewerber gefunden.

Der Versicherer Allianz hat „fast alle 350 Ausbildungsplätze besetzt“, bei den Kaufleuten sind es bereits 99 Prozent. Die Ausbildung hat je nach Region gerade begonnen oder startet am 1. September. In wenigen Fälle führt der Versicherer noch Gespräche mit Bewerbern. Die BayernLB gibt an, fast alle Stellen seien besetzt, nennt aber keine genauen Zahlen.

Bei der Commerzbank haben am Dienstag 479 Nachwuchskräfte gestartet, etwa hälftig aufgeteilt auf Auszubildende und dual Studierende. „Damit haben wir unsere rund 500 ausgeschriebenen Nachwuchsstellen nahezu vollständig besetzt“, erklärte die Bank.

Ausbildungsstart bei der Commerzbank

Vor der Commerzbank-Zentrale in Frankfurt posierten am Dienstag knapp 500 Nachwuchskräfte mit Vorstandschef Manfred Knof und Personalvorständin Sabine Mlnarsky. (Foto: Commerzbank)

„Mit der Anzahl an Einstellungen sind wir sehr zufrieden – insbesondere mit Blick auf die anhaltend hohe Nachfrage nach Nachwuchskräften auf dem Arbeitsmarkt und vor dem Hintergrund, dass wir in diesem Jahr deutlich mehr Stellen für Nachwuchskräfte ausgeschrieben und besetzt haben als in den vergangenen Jahren.“ 2022 fingen bei der Commerzbank, die in den vergangenen Jahren mehr als 9000 Arbeitsplätze abgebaut hatte, lediglich 190 Auszubildende und Studierende an.

Ausbildung 2023: Weniger Bankkaufleute

Grundsätzlich lässt sich beobachten, dass die Ausbildung zur Bankkauffrau oder zum Bankkaufmann zwar noch dominiert, aber an Bedeutung verliert. Zwei Banken haben sie sogar ganz aufgegeben. Die Helaba als Einzelinstitut und die BayernLB bilden 2023 keine Bankkaufleute mehr aus.

Viele prominente Manager wie Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing, HVB-Chefin Marion Höllinger oder DSGV-Präsident Helmut Schleweis haben ihre Karriere mit einer Ausbildung zum Bankkaufmann begonnen.

Die Zahl der Bankkaufleute in Ausbildung ist seit Jahren rückläufig. Die Bundesagentur für Arbeit zählte im vergangenen September rund 24.600 Bank-Azubis – und damit 13 Prozent weniger als vor fünf Jahren. Die Zahl der Versicherungskaufleute in Ausbildung nimmt ebenfalls ab, allerdings nicht so stark. Sie fiel von 2017 bis 2022 um knapp neun Prozent auf etwa 12.800.

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Bei vielen Banken werden andere Ausbildungen wichtiger, darunter auch das duale Studium. „Die Personalgewinnung wird sich zukünftig stärker auch auf Hochschulabsolventen sowie Quereinsteigende für bestimmte Funktionen in der Bank konzentrieren“, erklärt der BVR. „Des Weiteren steht zu erwarten, dass weitere Ausbildungsberufe – insbesondere im Bereich IT – an Bedeutung gewinnen.“

Kreditinstitute bilden vermehrt Fachinformatiker aus

Die meisten Banken passen ihre Ausbildungen an und bieten dieses Jahr teils erstmals neue Ausbildungsberufe an. Bei der Commerzbank gewinnen beispielsweise Kaufleute für Büromanagement und Fachinformatikerinnen an Bedeutung – ein branchenweites Phänomen. Die LBBW bildet seit 2020 Kaufleute für Büromanagement aus. Dieses Jahr startet die Bank mit Dialogmarketing und Fachinformatikern.

Bei der Helaba wird die Ausbildung von Kaufleuten für Digitalisierungsmanagement wichtiger. Die Deutsche Bank bietet 2023 ebenfalls neue Ausbildungen: Kaufleute für Büromanagement und im Gesundheitswesen.

Reagiert haben viele Banken auch darauf, dass immer mehr junge Menschen studieren wollen. „Die duale Ausbildungsform gewinnt an Bedeutung“, erklärt zum Beispiel die NordLB. „Wir bieten insgesamt mehr duale Studienplätze an, weil diese erhöht nachgefragt werden.“

Auch die ING hat festgesellt, dass es mehr Bewerbungen für das duale Studium gibt. Die Bank könne diese Stellen heute schneller besetzen als im Fall einer klassischen Ausbildung.

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