Chinas Ansehen in der Welt sinkt weiter

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock bei der Vorstellung der deutschen China-Strategie

Die Bundesregierung befürchtet, zu abhängig von China zu werden.

(Foto: dpa)

Berlin Chinas Image ist in den vergangenen Jahren stetig schlechter geworden. Das zeigt eine am Donnerstag veröffentlichte Umfrage des amerikanischen Thinktanks Pew Research Center. So haben in Deutschland aktuell 76 Prozent der Befragten eine negative Einstellung gegenüber der Volksrepublik – vor zehn Jahren waren es noch 64 Prozent, vor 18 Jahren nur etwas mehr als ein Drittel.

Noch dramatischer ist China in der Wahrnehmung in Großbritannien abgerutscht. 2013 sahen weniger als ein Drittel der Befragten das Land kritisch, inzwischen blicken mehr als zwei Drittel der Briten negativ auf China. Ähnlich stark verschlechterte sich das Ansehen Chinas in den Niederlanden, Indien, Polen und Kanada.

Auch das Image von Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping ist größtenteils negativ. In den meisten westeuropäischen Ländern, in den USA, in Kanada und in weiten Teilen des asiatisch-pazifischen Raums sagte jeweils etwa die Hälfte der Befragten, dass sie überhaupt kein Vertrauen in ihn haben, heißt es in der Pew-Umfrage.

Xi hat seit seiner Amtsübernahme vor mehr als zehn Jahren die Kontrolle über alle Bereiche des Lebens in der Volksrepublik massiv verstärkt und tritt international immer offensiver auf.

Insgesamt nahmen an der Umfrage laut Pew rund 30.000 Menschen aus 24 Ländern in Nord- und Südamerika, Europa, dem Nahen Osten sowie den Regionen Subsahara-Afrika und Asien-Pazifik teil. Die Teilnehmer wurden von Februar bis Mai befragt – die jüngsten Entwicklungen wie etwa die weitere Verschlechterung der chinesischen Wirtschaft in den vergangenen Wochen haben daher keine Auswirkung auf die Antworten.

China ist in der Politik stärker in den Fokus gerückt

Am beliebtesten in der Bevölkerung ist die Volksrepublik laut der Umfrage in afrikanischen Ländern wie Kenia, Nigeria und Südafrika sowie in Teilen Lateinamerikas wie etwa Argentinien. China hat in den vergangenen Jahren massiv in diesen Ländern investiert, etwa in große Infrastrukturprojekte.

Wie das Ansehen der Volksrepublik in der Welt ist, hat auch unmittelbare Auswirkungen auf die Chinapolitik. So ist in den USA in Teilen ein Wettlauf der Parteien zu sehen, wer härter gegenüber Peking auftritt.

Grafik

Auch in Deutschland ist der Umgang mit China in den vergangenen Jahren immer stärker in den Fokus gerückt. Erst Mitte Juli verabschiedete die Bundesregierung ihre erste gemeinsame Chinastrategie, die darauf abzielt, Risiken im Umgang mit und Abhängigkeiten gegenüber der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt abzubauen.

In Europa hatte zuletzt vor allem die enge Verbindung zwischen Xi und Russlands Präsident Wladimir Putin für Verstimmungen gesorgt. Trotz dessen Angriff auf die Ukraine hält Peking weiter zu Moskau. Nach außen ist China hingegen durchaus bemüht, als Friedensverfechter zu wirken. Dass das nicht verfängt, zeigen die Pew-Umfrageergebnisse. Mehr als 70 Prozent der Befragten gaben an, dass sie nicht glauben, dass China zu Frieden und Stabilität auf der Welt beitrage.

>> Lesen Sie hier: Berlins neuer China-Plan – Das sind die wichtigsten Punkte für die Wirtschaft

Insbesondere in Deutschland, den USA, Schweden, Kanada und den Niederlanden blicken die Befragten kritisch auf Chinas Rolle: In diesen Ländern gaben mindestens 80 Prozent der Umfrageteilnehmer an, dass China international „gar nicht“ oder „nicht viel“ zu Frieden und Stabilität beitrage.

Xi Jinping

Der chinesische Staatschef hält trotz des Ukrainekriegs weiter zu Russland – ungeachtet der Kritik aus dem Westen.

(Foto: Reuters)

Der Blick auf die chinesische Wirtschaft hat sich ebenfalls geändert. So sahen im Jahr 2020 noch 55 Prozent der befragten Deutschen China als wichtigste Wirtschaftsmacht der Welt an – 2023 sagten dies noch 43 Prozent.

Stark im Ansehen stiegen hingegen die USA: Mehr als ein Drittel der Umfrageteilnehmer aus Deutschland sehen die amerikanische Volkswirtschaft als die wichtigste der Welt an – vor drei Jahren waren es noch 17 Prozent. Ein ähnlicher Trend zeigt sich bei der Einschätzung der Umfrageteilnehmer in Kanada, den Niederlanden und Großbritannien.

>> Lesen Sie hier: Berlins neuer China-Plan – Das sind die wichtigsten Punkte für die Wirtschaft

Für Europa hatten zuvor bereits andere Umfragen gezeigt, dass die öffentliche Meinung der europäischen Bürger zu China inzwischen überwiegend kritisch ist. So gaben im April bei einer Umfrage des European Council on Foreign Relations in elf EU-Mitgliedstaaten 45 Prozent der Befragten an, dass sie China als Rivalen oder Kontrahenten wahrnehmen. In Deutschland sagten das sogar 50 Prozent der Umfrageteilnehmer.

Mehr: Merics-Chef: „China steht am Wendepunkt“

source site-14