Bahn-Schlichter schlagen Lohn-Mindesterhöhung um 410 Euro vor

Zug der Deutschen Bahn

Im festgefahrenen Tarifkonflikt hatten Bahn und EVG eine Schlichtung angerufen.

(Foto: dpa)

Potsdam Die Deutsche Bahn (DB) erwartet die größte und kostspieligste Tariferhöhung in ihrer Geschichte. Dies jedenfalls sieht ein Vorschlag vor, den die ehemalige hessische Arbeitsministerin Heide Pfarr (SPD) und Ex-Bundesinnen- und -verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) am Mittwochabend in Potsdam präsentierte. Die beiden Politiker waren am 17. Juli im verfahrenen Tarifstreit als Schlichter eingesetzt worden.

Demnach sollen sich die Entgelte in fast allen Lohngruppen in zwei Stufen um 410 Euro erhöhen, wobei es ab Dezember 2023 monatlich 200 Euro und ab August 2024 noch einmal 210 Euro zusätzlich geben soll. Hinzu kommt eine einmalige steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichsprämie über 2850 Euro im Oktober 2023.

Das durchschnittliche Gehaltsplus bezifferte DB-Personalvorstand Martin Seiler mit elf Prozent, während Kristian Loroch, Verhandlungsführer der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), sogar von 14 Prozent sprach.

Insbesondere die unteren Lohngruppen würden von dem Schlichtungsvorschlag profitieren, warb Loroch für den Kompromiss. So dürften sich Fahrdienstleister bis zum Ende der Tariflaufzeit über ein Plus von 30 Prozent freuen, Instandhaltungsmitarbeiter erhielten 24 Prozent mehr, Zugbegleiter immerhin 22 Prozent. Hinzu komme bei ihnen noch der Festbetrag, der in dieser Rechnung nicht enthalten sei.

Im Gegenzug soll sich die EVG auf eine längere Tariflaufzeit einlassen als ursprünglich gefordert. Der Ende Februar 2023 ausgelaufene Tarifvertrag soll nach dem Vorschlag der Schlichter bis zum 31. März 2025 gelten – und damit über 25 Monate. Die EVG hatte lange auf einer Laufzeit von nur zwölf Monaten beharrt.

DB-Vorstand Seiler äußert sich zunächst nicht zu Zusatzkosten

Für ihre 180.000 DB-Beschäftigten forderte die EVG vor Beginn der Schlichtung einen Lohnaufschlag von zwölf Prozent, mindestens aber 650 Euro. Die DB hatte zuletzt einen generellen Aufschlag von 400 Euro pro Monat angeboten.

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Über die zusätzlichen Kosten für die Deutsche Bahn wollte sich DB-Vorstand Seiler am Mittwoch auf Anfrage nicht äußern. Bei den letzten Verhandlungsergebnissen, die vom EVG-Vorstand anschließend abgelehnt wurden, war von einem jährlichen Zusatzaufwand von 1,3 Milliarden Euro die Rede. Dieser Betrag dürfte nun noch übertroffen werden.

Mit dem Ergebnis der Schlichtung war erst für Ende dieses Monats gerechnet worden. Wie es bei der Eisenbahnergewerkschaft heißt, werde deren Bundesvorstand am Freitag über die Schlichtungsergebnisse beraten, um eine Empfehlung für die 110.000 Gewerkschaftsmitglieder der DB zu erarbeiten. Sie werden in diesen Tagen angeschrieben, um an einer Urabstimmung teilzunehmen. Lehnen sie den Schlichterspruch ab, droht ein unbefristeter Streik. Mit dem Ergebnis sei am 28. August zu rechnen, sagte eine EVG-Sprecherin.

Bis zu diesem Zeitpunkt, so versicherte vor wenigen Tagen noch einmal EVG-Vorstandschef Martin Burkert, soll es in Deutschland keine weiteren Warnstreiks geben. Schon zweimal seit Ende April hatte die Gewerkschaft jeweils für rund zwei Tage deutschlandweit für Zugausfälle gesorgt, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen.

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