Auxmoney übernimmt Mehrheit an niederländischem Konkurrenten

Frankfurt Acht Monate hat es gedauert, nun ist es so weit: Die erste nennenswerte Übernahme des Jahres durch ein deutsches Fintech ist beschlossene Sache. Die Düsseldorfer Kreditplattform Auxmoney übernimmt die Mehrheit am niederländischen Konkurrenten Lender & Spender. Das erfuhr das Handelsblatt vorab von dem Unternehmen. Die Investition liegt nach eigenen Angaben im zweistelligen Millionenbereich.

„Wir erweitern mit diesem Schritt unsere internationale Reichweite sowie unser Produktangebot“, sagt Auxmoney-CEO und Mitgründer Raffael Johnen. Für die Düsseldorfer ist es die erste Akquisition überhaupt und zugleich der erste Schritt ins Ausland. Bislang war Auxmoney nur auf dem Heimatmarkt aktiv.

Kreditplattformen wie Auxmoney vergeben Kredite unabhängig von klassischen Banken und erhalten das Kapital dafür überwiegend von institutionellen Investoren. Sie haben die Kreditantragsprozesse fast vollständig automatisiert und können so meist schneller als klassische Banken Kreditzusagen machen.

Für die deutsche Fintech-Branche könnte es der lange erwartete Beginn einer Konsolidierungswelle sein. Eigentlich waren deutlich mehr Übernahmen und Zusammenschlüsse schon für das vergangene Jahr erwartet worden. Es gab allerdings nur zwei: So wurde das Berliner Fintech Penta im Juli des vergangenen Jahres an den französischen Wettbewerber Qonto verkauft. Und das Berliner Fintech Kontist wurde von der dänischen Ageras Group übernommen.

In diesem Jahr gab es kaum Aktivität – bis jetzt. „Im aktuellen Umfeld spricht sehr viel für Konsolidierung. Funding-Druck, viel realistischere Bewertungen, stärkere Spreizung zwischen Gewinnern und den anderen, weitere Suche nach Skalen – Investoren schauen sich viele Optionen an“, sagte Max Flötotto, der bei McKinsey die Bankenberatung in Deutschland und Österreich leitet.

Wenig Alternativen zu Fusionen und Übernahmen

Seit dem vergangenen Jahr sind Investoren aufgrund des Marktumfelds bei der Auswahl ihrer Investments deutlich selektiver als zuvor. Parallel dazu setzen Krieg, Inflation und steigende Zinsen Fintechs weiter unter Druck.

So nahmen deutsche Fintechs im zweiten Quartal in 13 Finanzierungsrunden insgesamt etwa 143 Millionen Euro an Risikokapital ein und damit deutlich weniger als in den Vorjahresquartalen. Das geht aus Zahlen von Barkow Consulting hervor. Im zweiten Quartal 2021 konnten deutsche Fintechs in 48 Finanzierungsrunden noch 1,78 Milliarden Euro einsammeln, 2022 waren es in 33 Runden 1,44 Milliarden Euro.

Den Trend bestätigt auch Miriam Wohlfarth. Sie hat die Fintechs Ratepay und Banxware gegründet und ist in der Branche seit mehr als 20 Jahren aktiv. „Viele Fintechs haben sich lange über Wasser gehalten. Die letzten Finanzierungsrunden liegen oftmals schon sehr lange zurück. Da derzeit aber neue Finanzierungsrunden schwierig bleiben, gibt es weniger Alternativen zu Fusionen und Übernahmen, um Wachstum zu erzeugen “, sagte sie. Deshalb müssten die Unternehmen zeitnah Kompromisse eingehen und sich zusammenschließen.

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Anfang des Jahres wollte die Berliner Smartphonebank N26 nach Handelsblatt-Informationen den niederländischen Wertpapierhändler Bux kaufen, machte dann jedoch in letzter Minute einen Rückzieher. Der Deal sei kurz vor dem Abschluss geplatzt, weil N26 die Komplexität zu hoch war, sagten mehrere mit dem Thema vertraute Personen dem Handelsblatt. Zudem hätten sich die Unternehmen nicht auf eine neue Managementstruktur und die Bewertung einigen können.

Auxmoney kurz vor Profitabilität

Einigen konnten sich indes Auxmoney und Lender & Spender – obwohl beide Unternehmen finanziell nicht unter Druck standen. Auxmoney hatte bereits im vergangenen Jahr erstmals in die niederländische Firma investiert. In der Regel geschieht dies, wenn Unternehmen finanziell angeschlagen sind.

Das ist bei Auxmoney und Lender & Spender nicht der Fall. Die Niederländer sind bereits profitabel, Auxmoney will in diesem Jahr die Gewinnzone erreichen. „Wir werden in diesem Jahr schwarze Zahlen schreiben“, sagt Johnen.

Grund dafür ist laut Johnen vor allem das starke Wachstum. Bereits im vergangenen Jahr konnte Auxmoney seinen Umsatz auf etwa 100 Millionen Euro mehr als verdoppeln. Und auch in diesem Jahr liegen die Düsseldorfer bereits über ihrem Wachstumsplan von 150 Millionen Euro Umsatz im Jahr.

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Lender & Spender agiert künftig als eine Tochtergesellschaft von Auxmoney, bleibt im niederländischen Privatkundenmarkt allerdings weiterhin unter seiner eigenen Marke tätig. Der Sitz des Unternehmens verbleibt ebenfalls in Amsterdam.

Ursprünglich war Auxmoney mit Krediten an Privatleute und Selbstständige gestartet, 2019 ist das Unternehmen auch in das Geschäft mit Firmenkunden eingestiegen. Inzwischen hat das Fintech Kredite auch auf der eigenen Bilanz. Insgesamt vermittelt Auxmoney nach eigenen Angaben ein Volumen von über einer Milliarde an Neukrediten pro Jahr, Lender & Spender kommt auf ein Volumen von etwa 200 Millionen Euro.

Interesse am deutschen Privatkundengeschäft von Barclays

Und die Pläne des 2007 gegründeten Unternehmens sind offenbar groß – vor allem die von Mehrheitsanteilseigner Centerbridge. Das private US-Beteiligungsunternehmen hat Medienberichten zufolge über Auxmoney Interesse am deutschen Privatkundengeschäft der britischen Großbank Barclays. Auch andere Banken aus Deutschland und Europa sind interessiert. Das deutsche Verbrauchergeschäft von Barclays umfasst Einlagen, Kredite sowie Karten.

„Zu diesen Spekulationen können wir nichts sagen“, sagte Johnen. „Grundsätzlich sind wir für strategische Akquisitionen, bei denen wir mit unserer Technologieplattform einen Mehrwert leisten können, immer offen und schauen uns den Markt genau an.“

Auxmoney hatte zuletzt 2020 150 Millionen Euro von Investoren eingesammelt. Zur Bewertung äußerte sich das Unternehmen selbst damals nicht. Berichten zufolge lag sie bei etwa 240 bis 300 Millionen Euro.

Doch diese Bewertung scheint längst überholt. So hat der Datendienst Dealroom kürzlich im Auftrag des Wagniskapitalgebers Creandum ermittelt, welche Start-ups inmitten der Krise die meisten Chancen haben, den Einhorn-Status zu erreichen. Als Einhorn wird eine Firma bezeichnet, die mit mehr als einer Milliarde Dollar bewertet wird. Auf Platz zwei der Liste: Auxmoney – mit einer Bewertung von aktuell 825 Millionen US-Dollar (etwa 760 Millionen Euro).  

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