VW steigert operativen Gewinn deutlich

Düsseldorf Volkswagen-Chef Oliver Blume muss im laufenden Geschäftsjahr 2023 eines seiner ambitionierten Ziele bereits wieder einkassieren. Der Wolfsburger Autokonzern wird in diesem Jahr das angestrebte Absatzziel von weltweit rund 9,5 Millionen Fahrzeugen nicht erreichen. Zur Veröffentlichung der Halbjahreszahlen am Donnerstag stutzte der Konzern seine Verkaufsziele. Demnach rechnet VW in diesem Jahr nur noch mit neun bis maximal 9,5 Millionen ausgelieferten Autos.

Fachleute hatten ohnehin bezweifelt, dass VW das Ziel noch schaffen kann. Im ersten Halbjahr hat der Konzern weltweit 4,4 Millionen Fahrzeuge ausgeliefert, ein Plus von knapp 13 Prozent.

Volkswagen hat große Schwierigkeiten bei der Transformation hin zur Elektromobilität und softwaredefinierten Fahrzeugen. Besonders deutlich zeigt sich das in China. Das Ziel, größter Autobauer in der Volksrepublik zu sein, hat VW bereits aufgegeben. In der Mitteilung zu den Halbjahreszahlen ist mittlerweile nur noch davon die Rede, „der erfolgreichste internationale“ Autobauer und einer der „Top drei im Markt“ zu bleiben.

Quartalszahlen: VW-Kernmarke verdient weniger

Im ersten Halbjahr hat die Kernmarke VW in China antriebsübergreifend rund 971.000 Fahrzeuge verkauft. Der chinesische Konkurrent BYD, der bereits im ersten Quartal vor VW lag, hat mit über einer Million ausgelieferten Fahrzeugen den Abstand nochmals vergrößert.

Volkswagen-Chef Blume hat allen Marken Renditeziele vorgegeben, um den Konzern in der aufziehenden Konjunkturflaute wetterfest zu machen. Die Kernmarke VW und Audi sollen die Kosten senken und die Ertragskraft dauerhaft steigern. Zuletzt hatte VW-Markenchef Thomas Schäfer gewarnt, dass ohne den Sparkurs die Zukunft der Marke auf dem Spiel stehe.

Beim Jahresumsatz bleibe VW auf Kurs, das gesteckte Ziel von zehn bis 15 Prozent Plus und damit 307 bis 321 Milliarden Euro zu erreichen, hieß es. Auch die Prognose für die um Sondereinflüsse bereinigte operative Gewinnmarge bleibt unangetastet bei 7,5 bis 8,5 Prozent, auch weil das Spar- und Ergebnisprogramm bei den Massenmarken im zweiten Halbjahr Wirkung zeigen soll.

Da sich die Liefersituation auf den Weltmärkten entspannt hat, liefen die Geschäfte von VW im zweiten Quartal wieder besser. Bei der Absatzprognose bleibt der Konzern wegen der unsicheren Konjunktur aber vorsichtig. Das operative Ergebnis legte um fast ein Viertel auf 5,6 Milliarden Euro zu. Der Umsatz kletterte um 15,2 Prozent auf gut 80 Milliarden Euro. „Unser Ergebnis wurde vor allem dank starker Geschäfte in Europa und Nordamerika getrieben“, sagte Blume auf der Analystenkonferenz zur Vorlage der Halbjahreszahlen.

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Enttäuschend aus Sicht des Konzernchefs dürfte allerdings das Ergebnis des Pkw-Geschäfts sein. Die operative Rendite ist trotz der steigenden Umsätze von zehn auf 6,7 Prozent gesunken. Besonders die Kernmarke bleibt ein Sorgenkind des Konzerns. Trotz steigender Ab- und Umsätze gingen bei VW die Einnahmen im ersten Halbjahr von 1,9 auf 1,6 Milliarden Euro zurück. VW erklärt den Ergebnisrückgang im Pkw-Geschäft mit höheren Produktionskosten.

Das bedeutet, dass Volkswagen mit seinen Fahrzeugen weniger verdient. Damit erfüllt das Pkw-Geschäft nicht die von Blume ausgerufene Strategie „Value over Volume“. Dabei solle der Fokus stärker auf finanzielle Kennzahlen gelegt werden als auf den reinen Absatz von Fahrzeugen.

Auch die Softwareeinheit Cariad bleibt hochdefizitär. Im ersten Halbjahr häufte Cariad einen Verlust in Höhe von über einer Milliarde Euro an. Der Konzern erklärt das Defizit mit hohen Entwicklungsvorleistungen.

VW will mit Partnern Rückstand in China aufholen

Volkswagen habe in der ersten Jahreshälfte ein solides Ergebnis erzielt und wichtige Schritte unternommen, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen, erklärte VW-Finanzvorstand Arno Antlitz. „Wir konzentrieren uns in der zweiten Jahreshälfte nun auf die Verbesserung des Netto-Cashflows“, fügte er hinzu. VW erwarte 2023 weiterhin einen Netto-Cashflow zwischen sechs und acht Milliarden Euro und habe Schritte unternommen, „um das untere Ende der Spanne zu erreichen“, hieß es.

Vor allem im Pkw-Geschäft hat sich der Mittelzufluss deutlich verschlechtert. Im ersten Halbjahr halbierte sich der Netto-Cashflow von 3,6 auf nur noch 1,5 Milliarden Euro. VW erklärt den abschmelzenden Cashflow weiterhin mit Engpässen in den Lieferketten. Konkurrent Stellantis scheint diese Probleme nicht mehr zu haben. Zur Vorlage der Jahreszahlen am Mittwoch erklärte Stellantis-Chef Carlos Tavares, dass die Probleme bei den Lieferketten für seinen Konzern weitgehend behoben seien.

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Auf ihrem wichtigen Markt in China wollen die Wolfsburger nun mithilfe chinesischer Partner den Rückstand aufholen. Dazu schließt die Hauptmarke VW mit dem Autobauer Xpeng eine langfristig angelegte Zusammenarbeit in den Bereichen Elektromobilität, Software und autonomes Fahren. Unterlegt werde die Allianz durch eine knapp fünfprozentige Beteiligung, für die Volkswagen 700 Millionen Dollar zahlt.

Die Tochter Audi weitet darüber hinaus ihre Zusammenarbeit mit dem chinesischen Joint-Venture-Partner SAIC aus. Chinavorstand Ralf Brandstätter ordnet das Geschäft neu, damit VW von Konkurrenten wie BYD nicht vollends abgehängt wird. Ziel ist es, Neuentwicklungen schneller auf den Markt zu bringen und Autos stärker am Geschmack der chinesischen Kundschaft auszurichten.

Die Hauptmarke des Konzerns soll ihre operative Rendite bis 2026 auf 6,5 Prozent steigern und hat dazu ein Programm aus Effizienzsteigerungen und Einsparungen im Volumen von zehn Milliarden Euro aufgelegt. 2022 hatte VW eine Rendite 3,6 Prozent erreicht.

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Erstpublikation: 27.07.2023, 07:51 Uhr (zuletzt aktualisiert: 27.07.2023, 10:09 Uhr).

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