Verfassungsschutz warnt Politik und Behörden vor Spionage aus China

Die Flagge Chinas

Der deutsche Verfassungsschutz warnt vor einer Einflussnahme des chinesischen Nachrichtendienstes.

(Foto: Reuters)

Berlin Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat Mitarbeiter in Politik und Verwaltung in einer Mitteilung vor Einnahmeversuchen durch chinesische Nachrichtendienste gewarnt. Konkret geht es in der am Freitag veröffentlichten Warnung um die Internationale Abteilung des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei (International Department of the Central Committee of the Communist Party of China, ID-CPC).

Die Internationale Abteilung des Zentralkomitees der Partei ist eigentlich vor allem für die Pflege von Kontakten zu Parteien außerhalb Chinas zuständig. Doch die Organisation hat ihren Wirkungskreis inzwischen deutlich ausgeweitet, so stehen außer Parlamentariern auch Mitarbeiter in Ministerien und parteinahen Stiftungen im Fokus.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) sei zu der Einschätzung gelangt, heißt es in der Mitteilung, „dass das ID-CPC de facto auch wie ein Nachrichtendienst der Volksrepublik China agiert und somit dem chinesischen Nachrichtendienstapparat zuzurechnen ist“.

Die Verfassungsschützer rufen ausdrücklich dazu auf, bei Kontakten zum ID-CPC oder zu ID-CPC-Angehörigen „besondere Vorsicht und Zurückhaltung“ walten zu lassen. Im Austausch mit diesen sollten alle Handlungen vermieden werden, die unter den Straftatbestand der Geheimdienstliche Agententätigkeit (§ 99 StGB) fielen, hieß es.

Die Warnung sei „lange überfällig“, sagte Mareike Ohlberg, Senior Fellow beim Indo-Pazifik-Programm des German Marshall Fund und Expertin für chinesische Einflussnahme im Ausland, dem Handelsblatt.

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Nicht weil jeder, der mit Vertretern des ID-CPC in Kontakt trete „automatisch Spion wird oder man grundsätzlich Kontakt mit ID-CPC ablehnen sollte“, so Ohlberg, „aber es ist einer der Hauptkanäle für Kontaktaufnahmen gerade im Parteienbereich und sogar mit Ministerien bereits so normalisiert, dass die Warnung zur Vorsicht absolut angemessen ist“.

Der traditionell forcierte Kontaktaufbau zu „ideologisch gleichgesinnten Parteien und Organisationen weltweit“ sei zu einer „alternativen Form zwischenstaatlicher Diplomatie“ weiterentwickelt worden, heißt es in der Warnung des Verfassungsschutzes. Sie verfolge das Ziel, ausländische Entscheidungsträgerinnen und -träger sowie Einrichtungen des gesamten politischen Spektrums im Sinne der Agenda der Kommunistischen Partei Chinas zu beeinflussen und bestehende Kontaktnetzwerke zur Informationsbeschaffung zu nutzen.

Die ID-CPC-Angehörigen würden bei Parlamentarierinnen und Parlamentariern aller Parteien um Verständnis für „chinesische Werte“ werben, beschreibt der Verfassungsschutz das Vorgehen. Dabei sei es unter anderem gängige Praxis, deutsche amtierende oder ehemalige Abgeordnete nach China einzuladen, um deren China-Bild im Sinne der Agenda der Kommunistischen Partei zu „korrigieren“. Im Fokus stünden Abgeordnete, die der chinesischen Regierung gegenüber eine vergleichsweise unkritische Haltung vertreten.

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Tatsächlich gibt es zahlreiche Beispiele für Kontakte des ID-CPC zu ehemaligen und amtierenden Parlamentariern und Parteivertretern. So steht etwa der ehemalige Bundesverteidigungsminister und Ex-SPD-Vorsitzende Rudolf Scharping in Kontakt mit dem ID-CPC.

Gute Kontakte nach China

Der frühere SPD-Vorsitzende Rudolf Scharping pflegt gute Beziehungen nach China.

(Foto: dpa)

Scharping hat sich in der Vergangenheit stets freundlich in Richtung der chinesischen Staats- und Parteiführung geäußert und betreibt eine Beratungsfirma für deutsche Unternehmen, die in China investieren wollen. Bei einer von Scharpings Beratungsfirma ausgerichteten deutsch-chinesischen Wirtschaftskonferenz im vergangenen Jahr hielt Shen Beili in ihrer Funktion als Vizeministerin des ID-CPC eine Eröffnungsrede.

Das ID-CPC nimmt auch erfolgreich Kontakt zu amtierenden hochrangigen Parlamentariern und Parteivertretern auf. So traf SPD-Chef Lars Klingbeil im Juni bei seiner Reise nach Peking den Vorsitzenden des ID-CPC Liu Jianchao, wie die chinesische staatliche Nachrichtenagentur Xinhua berichtet. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich schickte Liu im vergangenen Jahr während des Parteitags der KP einen Brief, in dem er der neu ernannten Führungsriege „viel Erfolg“ wünscht, wie die „FAZ“ berichtet hatte.

Schon in seinem aktuellen Lagebericht hatte der Verfassungsschutz allgemein vor chinesischer Einflussnahme gewarnt. „In Deutschland stehen die Ziele Politik und Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft und Technik sowie Militär im Fokus chinesischer Dienste“, heißt es darin. Außer der Informationsbeschaffung aus öffentlich zugänglichen Quellen wie Medienberichten sammelten Angehörige sogenannter Legalresidenturen Informationen „im Rahmen harmlos wirkender Kontaktpflege“.

Als Legalresidenturen bezeichnet das Bundesamt für Verfassungsschutz Stützpunkte eines ausländischen Nachrichtendienstes getarnt in einer offiziellen Vertretung, etwa in einer Botschaft oder einem Generalkonsulat. „Diese Gesprächsabschöpfung zielt insbesondere auf aktive und ehemalige Entscheidungsträgerinnen und -träger aus Politik und Wirtschaft“, heißt es in dem Bericht des Verfassungsschutzes.

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