US-Präsident adressiert erstmals hohes Alter – Biden-Biograph hält frühen Rückzug für möglich

Joe Biden

Der US-Präsident ist der älteste Präsident den die USA je hatte.

(Foto: AP)

Washington US-Präsident Joe Biden hat am Montag erstmals im laufenden Wahlkampf die Kritik an seinem fortgeschrittenen Alter adressiert.

Der 80-jährige Biden trat am Montag in der Metropole Philadelphia vor Gewerkschaftern auf, anlässlich des Tags der Arbeit, einem wichtigen amerikanischen Feiertag. Dabei rief ein Teilnehmer aus dem Publikum, dass Biden „90 Jahre alt werden“ würde, woraufhin sich der Präsident – der katholischen Glaubens ist – auf der Bühne bekreuzigte. 

„Ich sage euch mal was“, entgegnete Biden dem Zuhörer. „Es sagen sicher viele, dass Biden ein alter Mann wird. Und ratet mal, was ich dann antworte? Das einzige, was mit dem Alter kommt, ist ein bisschen Weisheit“, so der Präsident. Er sei schon länger in der Politik „als jeder andere“ und werde es mit der Hilfe seiner Anhänger „auch weiterhin sein“. 

Biden, der älteste Präsident in der Geschichte der USA, kandidiert seit Ende April für eine zweite Amtszeit. Die USA halten im November kommenden Jahres Präsidentschaftswahlen ab.

Gewinnt Biden, wäre er zum Ende einer zweiten Amtszeit 86 Jahre alt. Laut einer Umfrage der Nachrichtenagentur AP glauben 77 Prozent der US-Amerikaner, dass Biden „zu alt“ sei, um noch vier weitere Jahre im Amt bleiben zu können.

Die US-Republikaner brandmarken Biden im Wahlkampf als senil und schwach, sie rücken sein Alter zunehmend in den Mittelpunkt der politischen Attacken. 

Neues Buch bringt Unruhe in den Wahlkampf

In den vergangenen Wochen hatte die öffentliche Skepsis an Bidens physischer und mentaler Verfassung zugenommen. Der US-Präsident, so berichten US-Medien wie NPR und CNN, nutze neuerdings kürzere Treppen, um die Air Force One zu besteigen, und mehr Notizzettel, um bei öffentlichen Reden nicht den Faden zu verlieren. 

Am heutigen Dienstag kommt zudem eine neue Biographie über den Präsidenten heraus, die im politischen Washington bereits für Diskussionen sorgt. Der Autor Franklin Foer beschreibt in seinem Buch „The Last Politician: Inside Joe Biden’s White House and the Struggle for America’s Future“ Bidens Aufstieg vom Senator zum Präsidenten..

In einem Fernsehinterview sagte Foer, es wäre „kein totaler Schock“, wenn Biden seine Kandidatur zur Wiederwahl bis Ende des Jahres absagen würde. „Man braucht nicht Bob Woodward, um zu verstehen, dass Joe Biden alt ist“, sagte er in der NBC-Sendung „Meet the Press“ und spielte damit auf den legendären Watergate-Reporter an, der wie Biden 80 Jahre alt ist.

„Ich bin kein Gerontologe, und ich kann nicht vorhersagen, wie Joe Biden in den nächsten Jahren altern wird“, fügte Foer hinzu. Aber wenn Biden seine Kandidatur für die Wiederwahl aufgeben würde, „wäre das keine totale Überraschung für mich“. 

Foer hat nach eigenen Angaben mehr als 300 Interviews geführt, um das Buch rund um Bidens Zeit im Weißen Haus, seine jahrzehntelange politische Karriere im US-Kongress und als Vizepräsident von Barack Obama schreiben zu können.

In dem Buch heißt es laut Vorab-Auszügen: Bidens fortgeschrittenes Alter sei „ein Hindernis, das ihn der Energie beraubte, eine robuste öffentliche Präsenz zu zeigen“.

Es falle auf, dass Biden „sehr wenige morgendliche Sitzungen abhält und grundsätzlich wenige öffentliche Veranstaltungen vor 10 Uhr morgens. Sein öffentliches Auftreten spiegelt den körperlichen Verfall und das Nachlassen der geistigen Fähigkeiten im Laufe der Zeit wider, gegen die keine Pille und kein Sportprogramm etwas ausrichten kann“, schreibt Foer. „Im Privaten gab er gelegentlich zu, dass er sich müde fühlte“. 

Gleichzeitig, so der Biograph, habe Bidens politische Erfahrung „ihm einzigartige Fähigkeiten im Weißen Haus verliehen“ – gerade in Zeiten des Ukraine-Kriegs. „Hier zeigen sich die Vorteile eines älteren Präsidenten. Er ist nicht nur der Anführer einer Koalition, sondern auch die Vaterfigur des Westens, an die sich ausländische Staatsoberhäupter wenden können, um Ratschläge einzuholen und Sicherheit zu erlangen“, heißt es im Buch weiter. 

Es seien Bidens „beruhigende Präsenz und seine strategische Klarheit“ gewesen, die dazu beitrugen, dass die Ukraine sich seit rund eineinhalb Jahren den russischen Truppen widersetzen kann. 

Das aktuelle Gesundheitszeugnis des Präsidenten bescheinigt Biden eine robuste Gesundheit. Wie das Weiße Haus am Montag mitteilte, wurde First Lady Jill Biden am Wochenende positiv auf Corona getestet. Der Präsident teste bislang negativ, hieß es. 

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