Putin will statt Getreidedeal ein Gas-Verteilerzentrum in der Türkei

Türkischer Präsident Erdogan in Russland

Der russische Präsident Wladimir Putin (l.) begrüßt seinen türkischen Amtskollegen Recep Tayyip Erdogan bei dessen Ankunft.

(Foto: dpa)

Istanbul, Düsseldorf Der russische Präsident macht Druck auf die Türkei, einen neuen Hub einzurichten, über den Moskau Gas in die Türkei leiten und weiterexportieren kann.

Wladimir Putin sagte bei einem Treffen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan am Montag in Sotschi, er wolle vor allem über eine engere Zusammenarbeit mit der Türkei in Energiefragen beraten. Er hoffe, dass die Gespräche über ein Gas-Verteilzentrum in der Türkei bald abgeschlossen werden könnten.

Russland sei immer ein zuverlässiger und verantwortungsbewusster Gaslieferant gewesen, sagte Putin laut Agentur Tass nach dem Treffen. Die türkische Wirtschaft solle auch weiterhin mit diesem günstigen, hocheffizienten und umweltfreundlichen Kraftstoff versorgt werden.

„Darüber hinaus sind wir bereit, ihn über die Türkei zu exportieren“, sagt Putin. Der russische Gaskonzern Gazprom habe eine Roadmap zur Errichtung eines Hubs vorgelegt. Zusammen mit dem türkischen Gasimporteur Botas solle nun eine Arbeitsgruppe eingerichtet werden, um rechtliche Fragen zu klären.

Auf eine baldige Neuauflage des Getreidedeals zwischen der Türkei und Russland hingegen schwinden nach dem Treffen die Hoffnungen. Viele Länder setzen auf die Abmachung, die einst den Export von Weizen aus der Ukraine erleichterte.

Es werde keine neue Vereinbarung über den Transport von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer geben, bis der Westen seine Bedingungen erfüllt habe, erklärte Russlands Präsident Wladimir Putin nach dem Treffen mit Erdogan.

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Das Getreideabkommen sollte diese Exporte ab Juli 2022 trotz des Kriegs in der Ukraine ermöglichen und die Preise auf dem Weltmarkt im Rahmen halten. So konnten in der zweiten Jahreshälfte 2022 mehr als 33 Millionen Tonnen Getreide und andere Nahrungsmittel exportiert werden. Mehr als die Hälfte der Exporte besteht aus Mais.

Russland hatte das Abkommen im Juli nicht mehr verlängert, unter anderem weil es seine Forderungen für den eigenen Agrarexport nicht erfüllt sah. In einem separaten Memorandum zwischen den Vereinten Nationen und Russland war vergangenes Jahr zugesagt worden, Hindernisse auch für Lebens- und Düngemittelexporte aus Russland auf den Weltmärkten zu beseitigen. Russland beklagte sich wiederholt, dass die Hindernisse fortbestünden.

Die Ukraine versucht, Getreide über Binnenschiffe zu exportieren, auch wenn diese deutlich geringere Kapazitäten haben als die Schiffe, mit denen Getreide über das Meer gefahren wird. Häfen an der Donau wurden zur wichtigsten Exportbasis der Ukraine für Getreide. Russland bombardiert nun auch diese Häfen. So wurden am Sonntag bei einem russischen Luftangriff auf den Hafen Reni Infrastruktur beschädigt und mindestens zwei Menschen verletzt.

Russland fordert eigene Exportgarantien

Der türkische Präsident, der das ursprüngliche Abkommen vor gut einem Jahr vermittelt hatte, will mit Putin über eine Neuauflage sprechen. Dann würde die Ukraine wieder mehr Getreide über das Schwarze Meer exportieren können und damit durch die Türkei. Türkische Firmen profitieren massiv von dieser Route. Außerdem hatte das Abkommen Erdogans Ansehen in der Welt gesteigert.

Erdogan und Putin: Eine Männerfreundschaft erodiert

Die Beziehung zwischen Erdogan und Putin hatte sich zuletzt deutlich abgekühlt. Noch im Jahr 2022, dem Jahr des Überfalls auf die Ukraine, trafen sich die Präsidenten des Nato-Landes Türkei und Russlands viermal innerhalb weniger Monate. Westliche Diplomaten brachte das zur Weißglut. Die türkische Regierung beteiligte sich nicht an westlichen Sanktionen gegen Russland und sah sich selbst als „proaktiven Vermittler in dem Konflikt“, während der Westen alles daransetzte, Russland für seinen Angriffskrieg zu bestrafen.

Mittlerweile wird Erdogan in Moskau aber kritisch gesehen. Im Juli ließ die Türkei ukrainische Kommandeure frei, die im Rahmen eines Gefangenenaustauschs aus Russland gekommen waren. Dabei hatte sich Russland zusichern lassen, dass genau dies nicht geschieht. Außerdem unterstützt Ankara den Antrag der Ukraine auf Nato-Mitgliedschaft.

Putin reagierte nach Ansicht von Beobachtern mit Unmut: So durchsuchten russische Streitkräfte im August einen türkischen Frachter auf dem Weg in die Ukraine. Und Putin ließ Erdogan lange im Unklaren, ob er sich persönlich mit ihm treffen werde. Auch die nun vorerst gescheiterten Verhandlungen über einen Getreidedeal könnten mit den Spannungen zwischen Russland und der Türkei zusammenhängen.

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