Peter May wirbt PwC-Geschäftsführer Dominik von Au ab

Düsseldorf Peter May ist einer der wichtigsten Berater für deutsche Familienunternehmen. Die Kundenreferenzliste liest sich wie ein Who is who – von Haniel bis Heraeus. Zum 1. Januar 2022 bekommt sein Beratungsunternehmen Peter May Family Business Consulting einen neuen Partner und geschäftsführenden Gesellschafter: Dominik von Au, derzeit noch Geschäftsführer der Intes-Akademie und Partner bei der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC.

2013 hatte Gründer May die Intes-Akademie an PwC verkauft, die von Au seitdem geführt hat. Doch nicht nur von Au wechselt zu Peter May Family Business Consulting – er bringt mit Katja Portz und Amelie Eichblatt zwei weitere Beraterinnen von PwC und mit Gerold Rieder und Sabine Strick auch den zweiten Geschäftsführer und die Beraterin der bisherigen Intes-Akademie mit.

Der 40-jährige von Au soll den weiteren internationalen Ausbau der Gruppe vorantreiben. Die dann insgesamt fünf Gesellschafter wollen die Beratungsboutique zu einer Dienstleistungsgruppe für Unternehmerfamilien ausbauen. So werde die Beirats- und Aufsichtsratsbesetzung vorangetrieben, der bereits bestehende Zweig für Family-Office-Service ausgebaut und ab Januar eine neue Akademie gegründet, die dann direkt mit der Intes-Akademie von PwC in Konkurrenz steht. Weitere Dienstleistungsangebote seien in Planung, sagte May im Gespräch mit dem Handelsblatt.

Lesen Sie hier das komplette Interview:

Herr May, Sie haben 2013 Ihre Intes-Akademie an die Prüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC verkauft. Nun haben Sie mit Dominik von Au den Chef von Intes und PwC-Partner zu Ihrem Nachfolger und geschäftsführenden Gesellschafter auserkoren, der auch einige Kolleginnen und Kollegen mitbringt. Ist PwC Ihnen böse?
Peter May: Das müssen Sie die Kollegen am besten selbst fragen. Aber ich glaube nicht, dass man mir böse ist. Wir pflegen seit dem Verkauf der Intes ein gutes Verhältnis und haben uns auch in der Causa von Au immer fair verhalten.
Dominik von Au: Die Einschätzung teile ich. Hätte man sich das gewünscht, dass ich wechsele? Sicher nicht.
May: Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang bitte noch etwas festhalten: Wir haben Dominik nicht geholt, um PwC zu schädigen, sondern weil er mein Wunschnachfolger ist.

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Was wird denn aus der zu PwC gehörenden Intes-Akademie, wenn die wichtigsten Köpfe fehlen?
Von Au: Da werden neue Leute kommen und man möchte an dem Geschäftsmodell der Akademie festhalten. Familienunternehmerinnen und Familienunternehmer zu schulen ist ja sehr sinnvoll und die Nachfrage nach den Seminarprogrammen der Intes ist hoch.

Aber wenn beide Geschäftsführer und weitere Mitarbeitende zur Peter-May-Gruppe wechseln, darf man doch fragen, ob sich der Kauf 2013 für PwC heute noch rechnet?
Von Au: Die Aussage von PwC lautet: „Ohne Wenn und Aber“ halten wir an der Intes-Akademie fest und werden sie fortführen. Und auch international hat der durch Intes möglich gewordene Wissenstransfer sehr gut funktioniert. Ich habe in den letzten zehn Jahren weltweit PwC-Mitarbeitende von Afrika bis Skandinavien oder Hongkong bis Brasilien in der Peter-May-Methode schulen und Unternehmerfamilien vor Ort beraten dürfen. Diese internationale Erfahrung fließt in meine heutigen Beratungsprojekte positiv ein.

Also so, wie Familienunternehmen oder Konzerne auch Start-ups kaufen, weniger um damit Geld zu verdienen, sondern um Know-how-Transfer zu generieren?
May: Das ist ein schönes Bild. Und ich habe an diesem Know-how-Transfer in den letzten Jahren gerne und aktiv mitgewirkt.

Aber PwC verliert etwas, auch wenn es kein armes Unternehmen trifft.
May: Das stimmt natürlich. Mit Dominik verlieren sie die stärkste und charismatischste Person im Bereich der inhaberstrategischen Beratung.

Haben Sie, Herr von Au, damit begonnen, die Inhaberberatung zusätzlich zur Intes-Akademie auszubauen und nun wechseln Sie zum Original?
Von Au: Ich habe schon Jahre vor dem Erwerb der Intes begonnen, gemeinsam mit Peter May und seinen Kolleginnen und Kollegen namhafte Unternehmerfamilien in der Erstellung einer Familienverfassung zu beraten. Der strukturelle Einstieg in die Inhaberberatung ist dann nicht meine Entscheidung gewesen, sondern eine der Gesamtorganisation.
May: Meines Erachtens eine falsche Entscheidung. Eine Inhaberstrategie-Beratung passt nicht zu den weltweiten Professional Services Firms. Da geht es um ein tieferes Verständnis des Unternehmertums, Unabhängigkeit und Augenhöhe. Das geht besser bei vollständiger Unabhängigkeit und von Unternehmer zu Unternehmer. Und das habe ich den Kollegen seinerzeit auch sehr deutlich gesagt.

Dominik von Au: „Jetzt ist genau der richtige Moment für mich, Unternehmer zu werden“

Aber was hat Sie, Herr von Au, bewogen, nach 15 Jahren von einer der vier größten Beratungen weltweit zu einer kleinen Beratungsboutique zu gehen?
Von Au: Künftig Unternehmerfamilien noch fokussierter und unabhängiger in der Erstellung einer Familienverfassung oder anderen strategischen Fragestellungen als Sparringspartner, Berater oder Beiratsmitglied begleiten und mitgestalten zu können, reizt mich sehr. Das macht Freude. Und es macht Sinn. Es bedeutet mir zudem viel, die methodische Beratung von Peter May fortzuführen. Ich bin gerade 40 geworden. Jetzt ist genau der richtige Moment für mich, Unternehmer zu werden und meine prägenden Jahre da einzubringen, wo sie am besten einzubringen sind: auf Augenhöhe diejenigen begleiten, die heute kurz vor oder bereits in der Verantwortung stehen und morgen danach gemessen werden, was sie unternehmerisch geleistet haben.
May: Ich war ja auch knapp 40, als ich damals die Intes-Akademie gründete – und hatte alle Freiheiten, meine Ideen zu verwirklichen. Und diese Freiheiten will ich Dominik und seinen Kollegen jetzt auch lassen.

Ist ja klar. Ob Sie, Herr May, das können, was Sie gern predigen? Die Gründer müssen loslassen – Herr von Au, haben Sie sich bestimmte Klauseln vorbehalten?
Von Au: Das nicht, aber das war für mich schon ein entscheidender Punkt. Macht Peter May Ernst und kann er wirklich loslassen? Darüber haben wir diskutiert.

Seit wann?
May: Ganz konkret seit einem halben Jahr. Ich habe damals gespürt: Jetzt ist für mich der richtige Zeitpunkt gekommen, meine Nachfolge einzuleiten. Vor drei Jahren wäre ich noch nicht so weit gewesen.

Wer ist denn Ihr Vorbild beim Loslassen?
May: Ganz eindeutig Martin Viessmann. Der hat seinen Sohn Max ins Unternehmen geholt und ganz klar gesagt: „Du musst jetzt entscheiden. Ich habe keine Bedenken.“ Genauso sehe ich es: Ich habe keine Bedenken mit Dominik und seinen Kollegen.

Und wer ist Ihr Vorbild als Nachfolger?
Von Au: Für diesen Wechsel gibt es kein Vorbild. Aber Unternehmerinnen und Unternehmer, denen ich es vertraulich schon gesagt habe, dass ich wechsele, gratulieren mir und sagen: „Jetzt bist du endlich Unternehmer.“ Und ja, genauso fühlt es sich an: Ich kann jetzt eigenverantwortlich handeln und die Umsetzung beispielsweise künftig auch durch die Mitwirkung in Beiratsgremien sicherstellen.
May: Das ist ein besonders spannender Teil unserer Arbeit. Nah an den Unternehmern zu sein, mitzugestalten und zu sagen, was wir für richtig halten. Das hat einen Teil meines Images ausgemacht: Es hieß immer: „Der May sagt zwar nicht immer das Richtige, aber er sagt, was er wirklich für richtig hält.“ Als Unternehmer konnte ich immer authentisch sein.

Herr von Au, was wollen Sie anders machen als Peter May?
Von Au: Mir liegt die Next Gen am Herzen und mit ihr die notwendigen Governance-Strukturen von morgen aufzubauen. Und das unter Berücksichtigung immer komplexer werdender Geschäftsmodelle, gesellschaftlicher Veränderungen und zugleich größer und diverser werdender Gesellschafterkreise mit veränderten Erwartungshaltungen. Mit dem aktuellen Team und den Verstärkungen ist die Peter-May-Gruppe sehr erfahren, zugleich jung und divers und damit bestens für diese Themen ausgerüstet.

May: „Ich war das Sprachrohr meiner Generation“

May: Als ich 1998 angefangen habe, war ich auch das Sprachrohr meiner Generation. Charlie Haub, Reinhard Zinkann und Franz Haniel waren damals die junge Generation. Wenn einen dann irgendwann die eigene Tochter anruft und sagt, „du bist doch der Berater der Elterngeneration!“, dann wird man wach.

Wollte keines Ihrer vier Kinder Ihnen nachfolgen?
May: Meine Kinder haben andere Lebenspläne und wir sind ja kein Familienunternehmen im eigentlichen Sinn. Ich kann Anteile nicht vererben.

Herr May, Sie waren zu Beginn auch im Fall Tengelmann involviert. Wie schauen Sie auf den Ausgang des Familienstreits?
May: Ehrliche Antwort? Ich bin froh, dass es zu Ende ist.

Künftig gibt es fünf Gesellschafter der neuen Gruppe, stehen Sie dann an der Spitze, Herr von Au?
Von Au: Wir sind ab Januar ein Team aus unabhängigen, extrem erfahrenen Inhaberstrategieberaterinnen und -beratern mit einem klaren Anspruch und starken Werten und haben kein hierarchisches Denken, sondern einen ausgeprägten Teamspirit.
May: Formal steht bei uns niemand an der Spitze. Alle Gesellschafter sind gleichberechtigt.

Und wie kommen Sie dann zu Entscheidungen?
May: Jeder hat ein gleiches Stimmrecht, nur der Gewinn wird nach Leistungsbeiträgen verteilt. Die unternehmerische Ausrichtung wird von einem kleinen Managementteam vorbereitet und vom Board abgesegnet. Und da gibt es zukünftig zwei wichtige Veränderungen. Ich selbst ziehe mich zum 1. Januar 2022 aus dem Managementteam zurück und bin dann nur noch Chairman of the Board. Nach über 20 Jahren an der Spitze fühlt sich das gut an.

Und was ist die zweite wichtige Veränderung?
Von Au: Die strategische Neuausrichtung. Die Peter-May-Gruppe wird sich von der kleinen Beratungsboutique zum Dienstleistungsunternehmen für Unternehmerfamilien wandeln. Die ersten Schritte wurden schon unternommen, indem gemeinsam mit Jörg Hueber die Peter May Family Office Service in Hamburg gegründet wurde. Und: Ab 1. Januar wird die professionelle Beirats- und Aufsichtsratsvermittlung ein weiterer bedeutender Baustein des Dienstleistungsangebots sein. Daher werden Gerold Rieder und Sabine Strick von Intes ebenfalls zur Peter-May-Gruppe wechseln und diesen Bereich verantworten.

Von Au: „Die Zeit der Namenspartnerschaften ist vorbei“

Werden Sie auch eine Kanzlei gründen, um ihren Lehrherren Brun-Hagen Hennerkes und Mark Binz Konkurrenz zu machen?
May: Es geht hier nicht darum, jemandem Konkurrenz zu machen, sondern Leistungen anzubieten, die zu uns passen. Klar ist: Das inhaltliche Angebot wird deutlich größer werden. Aber das ist dann nicht mehr mein Werk.

Aber Sie sind ja als Beiratsvorsitzender schon entscheidend!
May: Lassen Sie uns sagen: mitentscheidend. Wir werden die Regeln guter Governance nicht nur predigen, sondern auch selbst strikt einhalten.
Von Au: Die operativ aktiven Gesellschafter werden das Geschäft vorantreiben, inhaltlich und regional, und darauf achten, dass der Schritt von der Person Peter May zur Firmenmarke Peter May gegangen wird. Deshalb fügen wir auch nicht meinen Namen oder den der anderen Gesellschafterinnen und Gesellschafter an. Schließlich geht es um die Sache. Die Zeit der Namenspartnerschaften ist vorbei. Wir wollen eine starke Firmenmarke und die haben wir.

Sie beide kommen mit der Nachricht zehn Tage vor Ihrem wichtigsten gemeinsamen Jahresevent mit PwC, dem Unternehmer-Erfolgsforum. Ist das klug?
May: Es ist mit PwC genau so abgesprochen.

Herr May, was war Ihr größter Erfolg?
May: Ich bin stolz darauf, das Vertrauen vieler Unternehmerfamilien gewonnen und die inhaberstrategische Beratung auf die Tagesordnung gesetzt zu haben. Das gab es ja vorher nicht. Als ich angefangen habe, wurde ich immer als Unternehmensberater vorgestellt. Da habe ich mir geschworen: Das wirst du ändern. Und das habe ich geschafft.

Und was war Ihre größte Niederlage?
May: Ich habe sicher auch viel falsch gemacht. Jetzt bin ich froh, dass die Geschichte weitergeht. Die Nachfolger müssen über die Vorgänger hinausgehen. Und werden hoffentlich manches besser machen.

Uns interessiert dennoch Ihre persönlich größte Niederlage.
May: Das Schlimmste ist, wenn Leute, die man schätzt, wieder gehen. Das ist mir mehr als einmal passiert. Und es war immer eine Niederlage. Da muss man sich dann fragen: Was hat das mit mir zu tun? Wahrscheinlich war ich zu sehr Alphatier. Das sieht, glaube ich, auch Dominik so. Damals hätte er wahrscheinlich auch nicht mit mir gearbeitet …
Von Au: Ja, jetzt ist der richtige Zeitpunkt. Jetzt fühlt es sich richtig an.

Herr May, Herr von Au, vielen Dank für das Interview.

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