Öl- und Gaspreisrückgang belastet Wintershall Dea – operativer Gewinn bricht ein

Tiefpumpen von Wintershall Dea in Niedersachsen

In den Zahlen ist das Russland-Geschäft nicht mehr enthalten, weil sich Wintershall Dea aus dem Land zurückziehen will.

(Foto: dpa)

Düsseldorf Der Öl- und Gaskonzern Wintershall Dea hat im abgelaufenen Quartal die gesunkenen Rohstoffpreise zu spüren bekommen. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Explorationskosten (Ebitdax) ging im Jahresvergleich um fast ein Viertel auf 975 Millionen Euro zurück, wie die BASF-Tochter am Donnerstag mitteilte. Im vergangenen Jahr waren die Energiepreise infolge des russischen Einmarschs in der Ukraine stark gestiegen.

Unter dem Strich stand jedoch ein bereinigter Gewinn von 203 Millionen Euro, nach 156 Millionen im Jahr zuvor. Die tägliche Öl- und Gasfördermenge betrug im zweiten Quartal 322 Millionen Fässer Öläquivalent. Damit konnte Wintershall die Förderung leicht steigern – aber nur, wenn man für den Vorjahreszeitraum das Russland-Geschäft herausrechnet. Damals förderte das Unternehmen insgesamt noch 623 Millionen Fässer.

Die Aktivitäten in Russland sind in den aktuellen Wintershall-Zahlen nicht mehr enthalten, weil sich das Unternehmen aus dem Land zurückzieht. Bis ins vergangene Jahr hatte Wintershall zusammen mit dem russischen Staatskonzern Gazprom durch drei Gemeinschaftsunternehmen in Sibirien Öl und Gas gefördert und dieses an Gazprom verkauft.

Doch dieses Geschäft ist vorbei: Wintershall selbst spricht davon, durch Russland de facto enteignet worden zu sein. Das Kasseler Unternehmen arbeitet seit Monaten an seinem Rückzug, indem es seine Mitarbeiter abzieht, sich rechtlich von seinen örtlichen Geschäften löst und die bestehenden Beteiligungen verkauft.

Im Frühjahr hatte Wintershall von 60 Mitarbeitenden in der dortigen Niederlassung gesprochen, darunter 20 Nichtrussen, die in ihre Herkunftsländer zurückkehren würden.

Bürokratische Hürden durch die russische Regierung

Bei Vorlage der Halbjahreszahlen am Donnerstag sagte Wintershall-Chef Mario Mehren: „Wir setzen weiterhin unseren Ausstieg aus dem Russland-Geschäft fort. Unsere nichtrussischen Kollegen werden bald zurückkehren, und die Auflösung unseres Büros in Sankt Petersburg ist im Gange.“ Einige Mitarbeitende wechselten in andere Unternehmensbereiche. Dieser Prozess brauche Zeit, da Wintershall die Wünsche der jeweiligen Familien berücksichtigen müsse.

Der bisher für das Land zuständige Vorstand Thilo Wieland hat Ende Juni sein Mandat niedergelegt, sein Ressort wird aufgelöst. Mehren sagte: „Der Rückzug ist kein einfacher Prozess. Wir haben es mit einem wirtschaftlichen und politischen Umfeld zu tun, das in jeder Hinsicht unberechenbar und schwierig ist.“

Wintershall-Chef Mario Mehren

„Der Rückzug ist kein einfacher Prozess. Wir haben es mit einem wirtschaftlichen und politischen Umfeld zu tun, das in jeder Hinsicht unberechenbar und schwierig ist.“

(Foto: Wintershall Dea/Frank Schinski)

Konkret gehe es zum Beispiel um immer neue bürokratische Hürden, mit denen Moskau es Unternehmen erschwere, das Land zu verlassen. Besonders schwierig sei es, aus den eigenen Beteiligungen vor Ort auszusteigen, sagte Mehren. Die Tochterunternehmen von Wintershall gälten als strategisch wichtig für Russland und würden von der Regierung genau überwacht.

Wintershall muss seine Beteiligungen formal verkaufen, sich dazu aber zuerst mit dem Miteigentümer Gazprom einigen. Details dazu, mit wem Wintershall verhandele, wollte Mehren nicht nennen. Er sagte aber, das Unternehmen habe keinen direkten Kontakt zur russischen Regierung.

Fortschritte bei Projekten in Norwegen und Dänemark

Unterdessen baut Wintershall andere und neue Geschäftsbereiche aus. In Norwegen haben zwei von Partnerunternehmen betriebene Felder die Produktion aufgenommen. Außerdem hätten sechs neue Projekte vom norwegischen Ministerium die Genehmigung zur Entwicklung erhalten, erklärte Mehren. Der Manager bezeichnete diese Projektgenehmigungen als „eine positive Nachricht für Europa”.

Mit Blick auf die Versorgungslage im kommenden Winter sagte Mehren: „Wir dürfen nicht selbstzufrieden sein.“ Er fügte hinzu, dass die Rohstoffpreise zwar deutlich gesunken sind, die Aussichten aber unbeständig bleiben und Versorgungsrisiken weltweit weiter bestehen.

Neben dem Ausbau der Förderung von Öl und Gas setzt Wintershall jedoch auch auf die Abscheidung und Speicherung von CO2 (CCS). Dabei habe das Projekt Greensand in Dänemark eine Sicherheitsverifizierung erhalten. Mit dem Verfahren und Wasserstoffprojekten will Wintershall bis 2040 jährlich zwischen 20 und 30 Millionen Tonnen des klimaschädlichen Gases einsparen.

Mehr: BASF, Bayer und Co.: Warum die vielen Gewinnwarnungen die Börse kaltlassen.

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