Nigers festgesetzter Präsident warnt vor den Folgen des Militärputschs und fordert Unterstützung

Festgesetzter nigrischer Präsident Bazoum

Er schreibe als Geisel, so Bazoum in der „Washington Post“.

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Washington, Niamey Gut eine Woche nach dem Staatsstreich im Niger hat der festgesetzte Präsident des westafrikanischen Landes, Mohamed Bazoum, einen dringenden Appell an die Weltgemeinschaft gerichtet, die „letzte Bastion des Respekts für Menschenrechte“ im Sahel zu retten. „Dieser versuchte Putsch ist eine Tragödie für Nigrer, doch sein Erfolg hätte verheerende Folgen weit über unsere Grenzen hinaus“, warnte Bazoum in einem am Donnerstag (Ortszeit) online veröffentlichten Gastbeitrag für die „Washington Post“.

Im niedersächsischen Wunstorf landete unterdessen in der Nacht zum Freitag eine Bundeswehrmaschine mit rund 30 aus dem Niger ausgereisten Personen an Bord – ein Großteil davon wohl Bundeswehrsoldaten.

Der demokratisch gewählte Bazoum war vergangene Woche im Niger von Offizieren der Präsidialgarde festgesetzt und für entmachtet erklärt worden. Der Kommandeur der Eliteeinheit, General Abdourahamane Tiani, ernannte sich im Anschluss zum neuen Machthaber.

Kurz darauf setzten die Putschisten die Verfassung außer Kraft und lösten alle verfassungsmäßigen Institutionen auf. Nach Militärputschen in Mali und Burkina Faso seit 2020 war der Niger das letzte der drei Nachbarländer in der Sahelzone, das von einer demokratisch gewählten Regierung geführt wurde.

Er schreibe als Geisel, so Bazoum in der „Washington Post“. „Der Niger wird von einer Militärjunta angegriffen, die versucht, unsere Demokratie umzustürzen, und ich bin nur einer von Hunderten Bürgern, die willkürlich und illegal eingesperrt worden sind“, schrieb der Präsident. Der Staatsstreich gegen seine Regierung habe keinerlei Rechtfertigung. Sollte er gelingen, werde er Folgen für die gesamte Welt haben.

Wichtiger Partner für den Westen

Der Niger war bislang nicht nur für die Eindämmung der Migration ein wichtiger Partner für den Westen, sondern auch im Kampf gegen den Terrorismus. In der Sahelzone verüben Dutzende Milizen, die zum Teil dem Islamischen Staat (IS) oder der Terrororganisation Al-Kaida die Treue geschworen haben, regelmäßig Anschläge.

Seine Regierung sei 2021 in demokratischen Wahlen an die Macht gekommen, schrieb Bazoum. Jeder Versuch, eine rechtmäßige Regierung zu stürzen, müsse gestoppt werden.

Er schätze die klare Verurteilung „dieses zynischen Versuchs, den bemerkenswerten Fortschritt zu untergraben, den der Niger als Demokratie gemacht habe.“ Die Vereinigten Staaten, die Afrikanische und die Europäische Union sowie die westafrikanische Staatengemeinschaft Ecowas hätten sich alle laut und deutlich dazu geäußert.

In dieser Notlage rufe er nun die US-Regierung und die gesamte Weltgemeinschaft dazu auf, seinem Land bei der Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung zu helfen, schrieb Bazoum weiter. Nur durch die Verteidigung gemeinsamer Werte wie Demokratie und Respekt für die Rechtsstaatlichkeit könne es Fortschritte im Kampf gegen Armut und Terror geben. Sein Land befinde sich an einem Wendepunkt seiner Geschichte.

Der Konflikt im Niger könnte weiter eskalieren. Die Ecowas hatte den Putschisten ein Ultimatum gestellt. Sollte Präsident Bazoum nicht bis Sonntag wieder eingesetzt werden, werde Ecowas Maßnahmen ergreifen, die Sanktionen und auch Gewalt umfassen könnten, hieß es.

Putsch im Niger

Der Konflikt im Niger könnte weiter eskalieren.

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Die neuen Machthaber im Niger suchen unterdessen nach Verbündeten: Der stellvertretende Chef der nigrischen Militärjunta, General Salifou Modi, reiste in die Nachbarländer Mali und Burkina Faso, die nach Staatsstreichen ebenfalls vom Militär regiert werden. Beide hätten Niger ihre Unterstützung zugesichert, so Modi, insbesondere im Bereich Sicherheit. Zuvor hatten die sanktionierten Ecowas-Mitglieder Mali und Burkina Faso die Staatengemeinschaft vor einer militärischen Intervention im Niger gewarnt.

>> Lesen Sie hier: Was nach dem Putsch im Niger für Europa auf dem Spiel steht

An Bord der Bundeswehrmaschine aus Niamey, die in den frühen Morgenstunden in Wunstorf landete, sollten sich nach dpa-Informationen rund zehn europäische Zivilisten befinden. Der „Spiegel“ hatte am Donnerstagabend zudem berichtet, dass es sich bei einem Großteil der Ausgeflogenen um Bundeswehrsoldaten handele.

Das Transportflugzeug vom Typ A400M habe sich bereits vor dem Militärputsch in dem westafrikanischen Land am Flughafen der Hauptstadt Niamey befunden, teilte ein Sprecher des Einsatzführungskommandos am Donnerstagabend mit. Der Flieger sei mit einer Genehmigung der nigrischen Behörden gestartet.

Die Bundeswehr betreibt einen Lufttransportstützpunkt in Niamey, der das zentrale Drehkreuz für die Bundeswehr in Westafrika und wichtig für den laufenden Abzug aus dem benachbarten Mali ist. Dort waren zuletzt mehr als 100 deutsche Soldaten stationiert.

Die Bundesregierung hatte nach dem Staatsstreich vergangene Woche auf eigene Evakuierungsflüge verzichtet. Rund 60 deutsche Staatsangehörige wurden mit französischen Maschinen außer Landes gebracht.

Mehr: Bundeswehr fliegt rund 50 Personen aus dem Niger aus

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