Mit dieser Strategie will der Konzern externe Investoren gewinnen

Frankfurt Tui will nach der für die Branche schweren Coronakrise endlich wieder wachsen. Auf 1,2 Milliarden Euro will Tui-Chef Sebastian Ebel das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) 2025/2026 steigern, sagte der Manager am vergangenen Mittwoch. Das wären mehr als die rund 900 Millionen Euro, die der Touristikkonzern 2019 vor Beginn der Pandemie erzielte.

Dieses Ziel zu erreichen kostet aber Geld, das die fragile Bilanz Tuis nicht hergibt. Der Touristikkonzern will deshalb über Fonds mehr Geld bei institutionellen Anlegern wie Pensionsfonds einwerben. Deshalb hat Hansainvest aus Luxemburg für Tui einen ersten Hotelfonds im Jahr 2022 aufgelegt. Das geplante Volumen des Fonds von 500 Millionen Euro könne ausgebaut werden, heißt es in Unternehmenskreisen.

Die Kapitalverwaltungsgesellschaft Hansainvest sammelt für Tui das Geld bei externen Investoren ein. Sie hält die Hotels, und deren Fondsmanager entscheiden, wo das Geld investiert wird. Das kann auch in Hotels außerhalb des Tui-Konzerns sein. Tui berät allerdings bei der Anlagestrategie.

Doch die Überlegungen gehen noch weiter. „Was mit Hotels möglich ist, ist grundsätzlich auch in anderen Bereichen denkbar“, sagte Peter Krüger, Konzernvorstand für Strategie und CEO Holiday Experiences, dem Handelsblatt: „Derzeit schauen wir uns auch ein Konzept für einen Renewable-Energy-Fonds an – dies kann nicht nur für Hotels, sondern auch für Flugzeuge interessant sein.“ Die Reisebranche ist wie die gesamte Industrie mit strengen Klimazielen konfrontiert. In der Luftfahrt geht das kurzfristig nur über eine teure Produktion von synthetischem Treibstoff (SAF).

Das Tui-Management versucht jetzt, das Unternehmen als eine Art Asset-Manager zu etablieren. Dass Tui den Fonds nicht selbst auflegt, liegt daran, dass der Konzern die Vermögenswerte sonst auch bilanzieren müsste. Das will das Management aber nicht. Es verfolgt eine sogenannte „Asset-Right-Strategie“: Nur da, wo es nötig ist, will Tui selbst Vermögenswerte besitzen.

Sanierung der Tui-Bilanz braucht noch Zeit

Diese Konstruktion ist notwendig, weil es wohl noch einige Zeit dauern wird, bis der Tui-Konzern wieder eine Bilanz mit ausreichend Eigenkapital vorweisen kann. Zwar weist Andre Juillard von Deutscher Bank Research nach dem jüngsten Quartalsgewinn von Tui darauf hin, dass die bilanziellen Sorgen vorerst ausgestanden sein dürften. Das Unternehmen musste in der Krise mit über vier Milliarden Euro vom Staat gestützt werden. Diese Hilfen sind mittlerweile abgelöst.

Doch im Zahlenwerk finden sich immer noch Baustellen wie beim Eigenkapital. Zwar hat sich die Eigenkapitalquote der Gruppe Ende des dritten Quartals 2023 gegenüber dem Vorjahreszeitraum von minus 1,2 Prozent auf plus 4,7 Prozent verbessert. Doch das ist sogenannten fremden Eigenkapitalgebern zu verdanken, in der Bilanz als „Anteile nicht beherrschender Gesellschafter am Eigenkapital“ ausgewiesen. Auf die Aktionäre der Tui AG entfällt trotz diverser Kapitalerhöhungen nach wie vor ein negatives Eigenkapital.

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Gleichzeitig finanziert der Konzern sein Geschäft zu einem gewichtigen Teil über Anzahlungen von Kunden. Die Passivseite der Bilanz weist fast sechs Milliarden Euro an erhaltenen Kunden-Anzahlungen aus. Es ist in der Reisebranche üblich, das laufende Geschäft zum Teil mit Geldern aus der Vorkasse zu finanzieren. Doch das birgt ein gewisses Risiko, etwa wenn Kunden stornieren.

Zwar wurde der Konzern von den Ratingagenturen Moody’s und S&P zuletzt höher gestuft. Doch mit den Noten „B2“ beziehungsweise „B“ befindet sich der Konzern nach Ansicht der Ratingexperten immer noch im spekulativen Bereich mit Problemen bei der Bonität.

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Gleichzeitig soll Tui nach dem Willen des Managements expandieren. So wurden unter der Marke Tui Blue gerade zwölf Management- und Franchiseverträge mit Hotelpartnern unterzeichnet – vor allem in Asien und Afrika. In Summe will die Marke damit 21 Hotels in zwölf Ländern eröffnen. „Der Hotelbereich ist eine der profitabelsten Sparten der Tui. Vor der Pandemie steuerte sie 50 Prozent zum Ergebnisbeitrag der Tui-Gruppe bei. Der Anteil wird weiter steigen“, sagte Tui-Vorstand Krüger.

CEO Ebel verfolgt die Strategie, die Abgängigkeit vom Pauschalreisegeschäft zu reduzieren. Er setzt große Hoffnungen auf die sogenannte dynamische Paketierung. Statt eine vorgefertigte Reise zu kaufen, soll der Kunde künftig selbst bestimmen, was in seinem Paket enthalten ist. Das soll über digitale Kanäle wie die eigene Tui-App erfolgen und würde auch die Vertriebskosten drücken. Dazu braucht Tui aber die entsprechenden Angebote, etwa ein noch breiteres Hotelportfolio oder auch attraktive Ausflüge und Aktivitäten (Musement).

Ob die Idee bei Fondsinvestoren ankommen wird, ist offen. Immerhin hat der Tui-Hotelfonds gerade ein erstes Investment getätigt. Für eine nicht genannte Summe erwarb er das Fünf-Sterne-Hotel „Emerald Zanzibar Resort & Spa“ auf Sansibar in Tansania. Zudem wurde laut Tui-Chef Ebel ein Hotelgrundstück auf den Kapverden durch den Fonds gekauft.

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„Das aktuelle Investment aus dem Fonds schafft Vertrauen bei den Investoren. Das Interesse ist da“, versucht Strategie-Chef Krüger Zweifel am Fondsplan zu zerstreuen. Der Privatreise-Markt boome im Hotelgeschäft. „Das entdecken immer mehr institutionelle Anleger.“ Der Tui-Hotelfonds könne eine Equity-Story bieten. „Wir managen über unser breites Angebot die Häuser und sorgen für eine gute Auslastung.“

Tui-Chef Sebastian Ebel

Der CEO sucht nach Wegen, wie der Konzern ohne Einsatz von Unternehmens-Kapital deutlich wachsen kann.

(Foto: TUI)

Der Tui-Fonds würde vor allem mit langfristigen Investoren wie Pensionsfonds und Versicherungen sprechen: „Die Tickets sind groß – es geht um bis zu 100 Millionen Euro, die einzelne Investoren zeichnen.“ Aber auch Krüger weiß: Der Weg ist lang. „Viele denken das Unternehmen immer noch als reinen Reiseveranstalter“, räumt der Manager ein. Dabei sei der Konzern ebenso eine Hotel- und Kreuzfahrt-Gesellschaft und mittlerweile führend im wachsenden Geschäft mit Ausflügen und Aktivitäten.

Schließlich sollen auch die Aktionäre profitieren. Die Tui-Führung hat die Hoffnung, mit der Fondsstrategie den Aktienkurs nach oben zu treiben. „Wir wollen Tui langfristig noch stärker als Produktanbieter im Touristikbereich ausrichten. Diese werden am Kapitalmarkt bei der Bewertung anders wahrgenommen als reine Reisevermittler“, sagte Vorstandsmitglied Krüger. Die Tui-Aktie kann sich seit Monaten nicht von der Sechs-Euro-Marke lösen und ist weit entfernt vom Fünf-Jahres-Hoch von fast 50 Euro.

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