Lufthansa-Tochter Eurowings will in diesem Jahr endlich Gewinn machen

Frankfurt So früh hat Jens Bischof eine derartige Prognose in seiner Laufbahn als Airlinemanager wohl noch nie abgegeben: „Wenn uns nicht noch der Himmel auf die Füße fällt, wird Eurowings im Jahr 2023 ein positives Ergebnis erzielen“, sagte der Chef der Lufthansa-Tochter am Montagvormittag vor der Presse. „Das wage ich hier schon Mitte August zu prognostizieren.“

Das Geschäft bei Eurowings läuft gut – und Bischof muss liefern. Sein Chef, Lufthansa-CEO Carsten Spohr, habe den Mitgliedern des Aufsichtsrats schon recht früh in diesem Jahr schwarze Zahlen bei allen Fluggesellschaften der Airline versprochen, heißt es im Umfeld des Kontrollgremiums. Der Druck ist groß.

Zwar verbesserte sich das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) im ersten Halbjahr 2023 zum Vorjahr laut Zwischenbericht von minus 141 auf plus 45 Millionen Euro. Doch das operative Betriebsergebnis vor Zinsen und Steuern war mit minus 34 Millionen Euro weiterhin negativ. Bischof zeigte sich dennoch optimistisch: „Egal wie sie es messen, Eurowings wird positiv.“

Es wäre das Ende einer langen Durststrecke. Seitdem die Lufthansa Eurowings 2016 neu aufstellte, hat das Unternehmen nach Berechnungen des Handelsblatts rund 1,5 Milliarden Euro an Verlust angehäuft.

Nur für das Jahr 2017 weisen die Lufthansa-Bilanzen für Eurowings ein niedriges positives Ergebnis von 94 Millionen Euro aus. Doch das will selbst Konzernchef Spohr nicht gelten lassen. Denn 2017 ging der direkte Konkurrent Air Berlin pleite und die Kunden bestürmten Eurowings mit Anfragen – zu guten Preisen.

Die Marke Eurowings gibt es bereits seit 30 Jahren, zunächst als Regionalfluggesellschaft. 2016 sortierte das Lufthansa-Management die Airlines der Gruppe neu. Die sogenannten Punkt-zu-Punkt-Verkehre, direkte Verbindungen zwischen Städten jenseits der großen Drehkreuze („Hubs“) Frankfurt und München, wurden zusammengefasst. Eurowings und Germanwings wurden zur neuen Eurowings konsolidiert. Das Ziel: Die Billigfluggesellschaften wie Ryanair und Easyjet sollten im Heimatmarkt möglichst kleingehalten werden.

Lufthansa verlor viel Geld auf innerdeutschen Strecken

Nach Ansicht von Konzernchef Spohr war das eine der größten strategischen Entscheidungen, die die Lufthansa-Führung zu treffen hatte. „Wir haben so viel Geld in den Nicht-Hub-Flughäfen verloren, dass wir vor der Frage standen: Ziehen wir uns aus diesen Märkten zurück, wie British Airways und Air France es gemacht haben, oder gehen wir mit einer neuen Marke rein?“ Man habe sich für Letzteres entschieden: „Das hat sich ausgezahlt“, so Spohr.

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Doch es war ein schmerzhafter Weg, wie die jahrelangen Verluste zeigen. Nicht nur waren die Kosten zu Beginn zu hoch, Eurowings hatte auch keine klare Strategie. Mal versuchte sich die Airline auf der Langstrecke, dann musste sie Teile der insolventen Air Berlin übernehmen. Intern machte damals der Satz die Runde, Eurowings sei die Garage des Konzerns, in die einfach alles hineingeworfen werde, das nirgendwo anders reinpasse.

Mittlerweile ist die Eurowings-Strategie geschärft. Das innerdeutsche Angebot wurde zurückgefahren, stattdessen fliegt die Gesellschaft immer häufiger europäische Strecken für Urlauber und Privatreisende. „Aus einer sehr stark innerdeutsch geprägten Airline haben wir den größten europäischen Ferienflieger geschaffen“, sagte Bischof.

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Dieses Konzept will der Eurowings-Chef ausbauen. So soll die Airline verstärkt Strecken anbieten, die außerhalb Deutschlands liegen, etwa von Stockholm nach Beirut oder von Prag nach Agadir. Dabei hilft neues Fluggerät von Airbus. „Mit der A320neo bekommen wir eine höhere Reichweite“, sagte Bischof. Weitere interessante Mittelstrecken seien bereits in Arbeit.

Jens Bischof

Der Chef der Lufthansa-Tochter Eurowings will noch stärker auf Mittelstreckenverbindungen außerhalb Deutschlands setzen.

(Foto: imago images/Future Image)

Aktuelle Zahlen des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) scheinen den Strategieschwenk zu bestätigen. Während es in Ländern wie Griechenland, Spanien oder Italien mittlerweile wieder mehr Inlandsflüge gibt als vor der Pandemie, lag Deutschland im ersten Halbjahr 2023 bei nur 49 Prozent des Vorkrisenniveaus.

Dennoch will Eurowings auch den Heimatmarkt nicht außer Acht lassen. So wird die Airline mit Flugzeugen und Personal nach Hannover und Nürnberg zurückkehren. Und wer im Herbst nach Dubai möchte, kann ab Berlin und Stuttgart mit Eurowings reisen.

Doch die Freude über die schwarzen Zahlen könnte bald verfliegen. „Die nächsten ein, zwei oder drei Jahre werden schwierig werden. Ich gehe davon aus, dass die Nachfrage zurückgehen wird – die Kosten steigen“, sagte Gerald Wissel von der Luftfahrtberatung Airborne Consulting: „Stärker auf die touristischen Verkehre zu setzen ist aber durchaus richtig.“

Spohr glaubt fest an Eurowings. Daran ändert auch die Kritik von Vielfliegern nichts, die jenseits von Frankfurt und München auf Eurowings zurückgreifen müssen. „Wenn wir versuchen würden, in Deutschland die Kurzstrecke mit Lufthansa zu fliegen, würden wir entweder hohe Verluste machen oder die Kunden sind sauer, weil wir den Service so weit runterfahren müssten, dass es nicht mehr Lufthansa ist“, sagte er im Mai bei einer internen Veranstaltung in München. VW und Audi seien auch nicht das Gleiche. „Der Kunde hat das verstanden, da wollen wir hin.“

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