Der Abschluss dieser Transaktion stelle einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zur Umsetzung der Strategie dar, erklärte Kerkhoff: „Dadurch werden wir unsere führende Position in der Stahl- und Metalldistribution sowie im Stahl-Service-Geschäft in Nordamerika langfristig weiter stärken.“
Die Übernahme läuft über die US-Tochtergesellschaft des Stahlhändlers, Kloeckner Metals Corporation (KMC). Der Kaufpreis für den mexikanischen Werkstoffanbieter beträgt 340 Millionen US-Dollar. „70 Prozent der Produkte von NMM werden zu Endprodukten verarbeitet, die in den USA verkauft werden,“, so Kerkhoff. Mit der Akquisition verlagert sich auch der Geschäftsschwerpunkt: „Damit macht Klöckner deutlich über 50 Prozent seines Umsatzes in Nordamerika,“, erklärte der Klöckner-Chef dem Handelsblatt.
Ein großer Grund für die Fokussierung auf den nordamerikanischen Markt sei definitiv das US-amerikanische Antiinflationsprogramm Inflation Reduction Act (IRA), führte Kerkhoff weiter aus. Derzeit locken die USA Unternehmen mit dem massiven Ausbau grüner Energie sowie Steueranreizen und Förderungen.
Zum einen sei durch die Subventionen viel Dynamik in den Schlüsselbranchen für die Klimawende absehbar, schätzt der Vorstandsvorsitzende. Das schiebt den Markt an, ein Standortproblem aber bleibt: „Auch in den USA besteht ein Mangel an Fachkräften.“ Viele Investitionen gingen also aktuell und in naher Zukunft aus den USA in Richtung Mexiko, da vor Ort gut ausgebildetes Fachpersonal verfügbar sei.
Kundennachfrage in Europa laut Kerkhoff verhalten
„Viele US-Unternehmen verlagern ihre Produktion gegenwärtig nach Mexiko,“ so Kerkhoff. Unter den gegebenen Bedingungen sei der nordamerikanische Markt weitaus interessanter für Investitionen und Übernahmen. „Das schließt Europa nicht komplett aus, so der Klöckner-Chef. „Aber derzeit ist Nordamerika attraktiver.“
Das gilt nicht nur für den Stahlmarkt. Die amerikanische Wirtschaft wächst schneller als die europäische, zieht mehr Investoren an als Europa. Die hohen Energiepreise belasten die Industrie. Angesichts der schwachen Konjunkturdaten in Deutschland warnte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vor wenigen Tagen im Handelsblatt: „Die USA gehen mit massiv Geld rein und investieren. Deutschland darf sich hier nicht an den Spielfeldrand drängen lassen.“
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Das bemerkt auch der Klöckner-Chef. „Die Kundennachfrage ist in Europa verhalten, die Kostenposition erhöht sich, all das führt zu weniger Wettbewerbsfähigkeit. So muss man sich am hiesigen Markt auf geringere Mengen und einen Verteilungskampf einstellen.“
In Mexiko findet der Stahlhändler zudem eine günstige Lieferkettensituation für CO2-reduzierten Stahl vor, den Klöckner vorrangig verkaufen will. „Der große Teil der Mengen wird lokal hergestellt. Vor allem in den USA gibt es viele Stahlwerke, die nach Mexico liefern – das gilt auch für Elektroband, einem wichtigen Bestandteil von Pkw-Elektromotoren.“ Der Elektrostahl wird statt in Hochöfen in Elektrolichtbogenöfen hergestellt, die Stahlschrott einschmelzen. Als Recyclingprodukt ist der viel klimafreundlicher.
Weitere, ähnliche Übernahmen nicht ausgeschlossen
Das 1999 gegründete NMM ist nach Angaben von Klöckner ein „führendes unabhängiges Service-Center-Unternehmen sowie Anbieter von Werkstoffen für die Automobilindustrie und andere industrielle Endkunden“. NMM ist an insgesamt zehn Standorten in ganz Mexiko tätig.
Ab sofort profitierten Kunden von einem noch größeren Produkt- und Service-Portfolio, sagte Kerkhoff. NMM beliefert vor allem viele Autofabriken vor Ort mit Stahl. „Die mexikanischen Anbieter sind stark in der Zulieferung von Produkten für den Automobilbereich vertreten, wir stärker in der Industrie und im Handel mit Grobblech. Sie sind wiederum stärker im Service-Center-Bereich und im Elektrostahlbereich.“ Die Portfolios der beiden Unternehmen würden sich gut ergänzen.
Klöckner schließt ähnliche Übernahmen in der Zukunft nicht aus. „Im Stahlhandel gibt es vor allem viele mittelständische Wettbewerber, sowohl in Nordamerika als auch in Europa. In den kommenden Jahren steht die gesamte Industrie, aber auch die Stahlbranche, vor massiven Veränderungen und Investitionen hin zu grünem Stahl und mehr Digitalisierung,“ so Kerkhoff.
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