„Jeder Angriff wird zu schrecklichen Konsequenzen führen“

Wladimir Putin

Der russische Präsident beginnt einem offenen Krieg gegen die Ukraine.

(Foto: dpa)

Düsseldorf Mit der folgenden Rede hat Wladimir Putin den Krieg gegen die Ukraine gegenüber seinen Landsleute begründet. Das Handelsblatt dokumentiert die Ansprache im Wortlaut.

„Liebe Bürgerinnen und Bürger Russlands! Liebe Freunde!

Heute muss ich noch einmal auf die tragischen Ereignisse im Donbass und die zentralen Fragen der Sicherheit Russlands zurückkommen.

Ich möchte mit dem beginnen, was ich in meiner Rede vom 21. Februar dieses Jahres gesagt habe. Die Rede ist von dem, was uns besonders beunruhigt und besorgt, von den fundamentalen Bedrohungen, die Schritt für Schritt, Jahr für Jahr von unverantwortlichen Politikern im Westen gegen unser Land gerichtet werden. Damit meine ich die Osterweiterung des Nato-Blocks und das Heranrücken seiner militärischen Infrastruktur an die Grenzen Russlands.

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Es ist bekannt, dass wir 30 Jahre lang beharrlich und geduldig versucht haben, uns mit den führenden Nato-Staaten über die Grundsätze einer gleichberechtigten und ganzheitlichen Sicherheit in Europa zu einigen.

Unsere Vorschläge wurden entweder mit zynischen Täuschungen und Lügen oder mit Druck und Erpressungsversuchen erwidert. Währenddessen wurde das Nordatlantische Bündnis trotz all unserer Proteste und Bedenken immer weiter ausgebaut. Die Kriegsmaschinerie ist in Bewegung und, ich wiederhole, sie kommt sehr dicht an unsere Grenzen heran.

Warum passiert das alles? Woher kommt diese dreiste Art, aus der Position eigener Überlegenheit, Unfehlbarkeit und uneingeschränkter Macht zu sprechen? Woher kommt diese gleichgültige, nachlässige Haltung gegenüber unseren Interessen und absolut berechtigten Forderungen?

Veränderungen der Weltlage

Die Antwort ist klar und offensichtlich. Die Sowjetunion wurde Ende der 1980er-Jahre schwächer und brach schließlich ganz zusammen. Der Verlauf der damaligen Ereignisse ist uns heute eine gute Lehre. Er hat demonstriert, dass die Lähmung der Macht und des Willens der erste Schritt in die Erniedrigung und Vergessenheit ist. Wir mussten nur für eine kurze Zeit das Vertrauen in uns selbst verlieren – und das war’s, die Machtbalance der Welt wurde beschädigt.

Dies hat dazu geführt, dass frühere Verträge und Vereinbarungen nicht mehr in Kraft sind. Überredungskünste und Bitten helfen nicht länger. Alles, was dem Hegemonen, den Machthabern, nicht passt, wird für archaisch, veraltet und überflüssig erklärt.

Und umgekehrt: Alles, was ihnen vorteilhaft erscheint, wird als ultimative Wahrheit dargestellt und um jeden Preis, rüde und mit allen Mitteln durchgesetzt. Andersdenkende werden in die Knie gezwungen.

Ich spreche jetzt nicht nur über Russland und nicht nur über unsere Sorgen. Es betrifft das gesamte System der internationalen Beziehungen und manchmal sogar die US-Verbündeten selbst. Nach dem Zusammenbruch der UdSSR begann eine Neuverteilung der Welt, und die etablierten Normen des internationalen Rechts – die wichtigsten von ihnen wurden am Ende des Zweiten Weltkriegs angenommen und festigten weitgehend dessen Ergebnisse – begannen jene zu stören, die sich im Kalten Krieg zum Sieger erklärt hatten.

Wie die Lage entstanden sein soll

Natürlich, es wäre richtig gewesen, die veränderten Machtverhältnisse in internationalen Beziehungen wie auch im realen Leben zu berücksichtigen. Doch das hätte professionell, fließend, mit Geduld geschehen müssen – mit Respekt vor den Interessen aller Länder und im Bewusstsein der eigenen Verantwortung.

Aber nein – ein Zustand der Euphorie aus absoluter Überlegenheit, eine Art moderner Absolutismus, noch dazu vor dem Hintergrund des niedrigen Niveaus der allgemeinen Kultur und der Arroganz derjenigen, die die nur für sie selbst vorteilhaften Entscheidungen vorbereitet, angenommen und durchgesetzt haben. Die Situation begann sich nach einem anderen Szenario zu entwickeln.

Die Beispiele liegen auf der Hand. Zunächst führten sie ohne Genehmigung des UN-Sicherheitsrats eine blutige Militäroperation gegen Belgrad durch, bei der sie Flugzeuge und Raketen mitten in Europa einsetzten. Es folgte mehrere Wochen ein Dauerbombardement ziviler Städte und lebenswichtiger Infrastruktur. Ich muss an diese Tatsachen erinnern, weil einige westliche Kollegen sich nicht gerne an diese Ereignisse erinnern, und wenn wir darüber sprechen, ziehen sie es vor, nicht auf die Normen des Völkerrechts zu verweisen, sondern auf die Umstände, die sie nach ihrem Gutdünken interpretieren.

Dann kamen der Irak, Libyen und Syrien an die Reihe. Die unrechtmäßige Anwendung militärischer Gewalt gegen Libyen und die Umgehung aller Beschlüsse des UN-Sicherheitsrats zur Libyenfrage führten zur völligen Zerstörung des Staates, schufen eine riesige Brutstätte des internationalen Terrorismus und stürzten das Land in eine humanitäre Katastrophe und in den Abgrund eines langen Bürgerkriegs, der noch immer andauert.

Die Tragödie, die Hunderttausende, ja Millionen von Menschen nicht nur in Libyen, sondern in der gesamten Region zum Tode verurteilte, hat eine Massenmigration aus Nordafrika und dem Nahen Osten nach Europa ausgelöst.

Täuschung durch den Westen

Ein ähnliches Schicksal soll nun auch Syrien widerfahren. Die militärischen Operationen der Koalition des Westens auf dem Territorium des Landes ohne die Zustimmung von dessen Regierung und des UN-Sicherheitsrates sind nichts anderes als Aggression – eine Intervention.

Einen besonderen Platz in dieser Reihe nimmt, natürlich, die Invasion des Irak ein, die ebenfalls ohne jede rechtliche Grundlage erfolgte. Als Vorwand wählten sie die angeblich zuverlässigen Informationen, die den Vereinigten Staaten über das Vorhandensein von Massenvernichtungswaffen im Irak vorlagen.

Zum Beweis schüttelte der US-Außenminister vor aller Welt ein Röhrchen mit weißem Pulver und versicherte, dass es sich um eine chemische Waffe handelte, die im Irak entwickelt wurde. Und dann stellte sich heraus, dass es ein Schwindel, ein Bluff war: Es gab keine chemischen Waffen im Irak. Unglaublich, erstaunlich, aber Fakt bleibt Fakt. Hier wurde gelogen – auf höchster staatlicher Ebene und von der hohen Tribüne der Uno. Das Ergebnis waren enorme Opfer, Zerstörungen und ein unglaublicher Anstieg des Terrorismus.

Generell scheint es so zu sein, dass viele Regionen der Welt, in denen der Westen seine eigene Ordnung zu etablieren sucht, im Ergebnis mit blutigen, nicht heilenden Wunden und Geschwüren des Terrorismus und Extremismus verbleiben. Alles, was ich gesagt habe, sind die ungeheuerlichsten, aber bei Weitem nicht die einzigen Beispiele für die Missachtung des Völkerrechts.

Dazu gehören auch Versprechen unserem Land gegenüber, die Nato nicht einen Zentimeter nach Osten zu erweitern. Ich wiederhole: [Wir] wurden getäuscht, oder, um es im Volksmund zu sagen, einfach veräppelt.

Ja, man hört oft, dass Politik ein schmutziges Geschäft ist. Das mag zwar stimmen, aber doch nicht in diesem Ausmaß. Denn solch ein betrügerisches Verhalten verstößt nicht nur gegen die Grundsätze der internationalen Beziehungen, sondern gegen allgemeine Grundsätze von Anstand und Moral. Wo sind hier Gerechtigkeit und Wahrheit? Nichts als Lügen und Heuchelei.

Die Rolle der USA

Im Übrigen schreiben und sagen amerikanische Politiker, Politologen und Journalisten selbst, dass in den letzten Jahren in den USA ein regelrechtes „Lügenimperium“ entstanden ist. Es ist schwer, dem nicht zuzustimmen – es ist wahr.

Aber es gibt keinen Grund, bescheiden zu sein: Die USA sind immer noch ein großes Land, eine systembildende Macht. Ihre Trabanten fügen sich nicht nur demütig und gehorsam, singen bei jeder Gelegenheit mit, sondern kopieren auch ihr Verhalten und akzeptieren begeistert die von ihnen vorgeschlagenen Regeln. Daher kann man mit Fug und Recht behaupten, dass der gesamte sogenannte westliche Block, der von den USA nach ihrem eigenen Bild und Gleichnis geformt wurde, dasselbe „Lügenimperium“ ist.

Was unser Land betrifft, so haben sie nach dem Zusammenbruch der UdSSR trotz der beispiellosen Offenheit des neuen, modernen Russlands und seiner Bereitschaft zur ehrlichen Zusammenarbeit mit den USA und anderen westlichen Partnern und unter den Bedingungen einer faktisch einseitigen Abrüstung versucht, uns zu zerschlagen, uns fertigzumachen und endgültig zu vernichten.

Genau dies ist den 90er- und frühen 2000er-Jahren geschehen, als der sogenannte kollektive Westen den Separatismus und die Söldnerbanden in Südrussland aktiv unterstützte. Welche Opfer und Verluste es uns gekostet hat, welche Strapazen wir auf uns nehmen mussten, bis wir dem internationalen Terrorismus im Kaukasus endlich das Handwerk gelegt hatten. Wir werden das niemals vergessen.

Im Grunde bestehen die Versuche, uns für eigene Interessen zu missbrauchen, unsere traditionellen Werte zu zerstören und uns Pseudowerte aufzuzwingen, bis zum heutigen Tag – genau die Dinge, welche in den eigenen Ländern zu Degradierung und Entartung führen, da sie der menschlichen Natur selbst widersprechen. Das wird nicht passieren, das hat noch nie für jemanden funktioniert. Auch jetzt wird es nicht gelingen.

Trotz allem haben wir im Dezember 2021 erneut versucht, mit den USA und ihren Verbündeten eine Einigung über die Sicherheitsgrundsätze in Europa und über die Nichterweiterung der Nato zu erzielen.

Alles umsonst. Der Standpunkt der USA hat sich nicht geändert. Sie halten eine Einigung mit Russland in dieser für uns wichtigen Frage nicht für notwendig, sie verfolgen ihre eigenen Ziele und setzen sich über unsere Interessen hinweg.

Was noch zu erwarten ist

Und natürlich stellt sich in dieser Situation die Frage: Was ist als Nächstes zu tun, was ist zu erwarten? Wir wissen aus der Geschichte, wie die Sowjetunion [19]40 und Anfang [19]41 mit allen Mitteln versuchte, den Ausbruch des Krieges zu verhindern oder zumindest zu verzögern.

Dazu gehört auch, dass man buchstäblich bis zur letzten Minute versucht, einen potenziellen Angreifer nicht zu provozieren, indem man die notwendigsten und naheliegendsten Schritte zur Vorbereitung auf die Abwehr eines unvermeidlichen Angriffs nicht durchführt oder aufschiebt. Und die Schritte, die schließlich unternommen wurden, waren katastrophal überfällig.

Infolgedessen war das Land auf den Einmarsch Nazi-Deutschlands, das am 22. Juni 1941 ohne Kriegserklärung unser Land angriff, nicht vorbereitet. Es gelang, den Feind zu stoppen und dann zu vernichten, jedoch zu einem kolossalen Preis.

Der Versuch, den Aggressor vor Beginn des Zweiten Weltkrieges zu beschwichtigen, war ein Fehler, der unser Volk teuer zu stehen kam. In den ersten Monaten der Kämpfe haben wir große, strategisch wichtige Gebiete und Millionen von Menschen verloren. Wir werden einen solchen Fehler nicht ein zweites Mal machen, dazu haben wir kein Recht.

Jene, die nach der Weltherrschaft streben, erklären uns, Russland, öffentlich, ungestraft und – ich betone – ohne jede Rechtfertigung zu ihrem Feind. Sie verfügen über große finanzielle, wissenschaftliche, technologische und militärische Möglichkeiten.

Wir sind uns dessen bewusst und blicken objektiv auf die Drohungen in Richtung unserer Wirtschaft, ebenso wie auf unsere Möglichkeiten, dieser unverschämten und permanenten Erpressung standzuhalten. Ich wiederhole, blicken auf sie realistisch, ohne Illusionen.
Was das Militär angeht, so ist das moderne Russland auch nach dem Zusammenbruch der UdSSR und dem Verlust des Großteils seines Potenzials heute eine der mächtigsten Nuklearmächte der Welt und verfügt darüber hinaus über deutliche Vorteile bei einer Reihe modernster Waffensysteme.

Konsequenzen für jeden Aggressor

Niemand sollte daran zweifeln, dass ein direkter Angriff auf unser Land zu einer Niederlage und zu schrecklichen Konsequenzen für jeden potenziellen Aggressor führen würde.

Die Technologie, einschließlich der Verteidigungstechnologie, unterliegt jedoch einem raschen Wandel. Die Führung in diesem Gebiet hat gewechselt und wird wechseln, aber die militärische Entwicklung der an uns angrenzenden Gebiete wird, wenn wir sie zulassen, noch jahrzehntelang, vielleicht sogar für immer bestehen bleiben und eine ständig wachsende, völlig inakzeptable Bedrohung für Russland darstellen.

Schon jetzt, da sich die Nato nach Osten ausdehnt, wird die Situation für unser Land von Jahr zu Jahr schlechter und gefährlicher. Darüber hinaus hat die Nato-Führung in den letzten Tagen ausdrücklich von der Notwendigkeit gesprochen, den Ausbau der Infrastruktur des Bündnisses in Richtung der russischen Grenzen zu beschleunigen und zu forcieren. Mit anderen Worten: Sie verfestigen ihre Position. Wir können nicht länger nur zusehen, was passiert. Das wäre völlig unverantwortlich von uns.

Der weitere Ausbau der Infrastruktur des Nordatlantischen Bündnisses und die militärische Erschließung des ukrainischen Territoriums sind für uns inakzeptabel. Das Problem ist natürlich nicht die Nato-Organisation selbst – sie ist nur ein Instrument der amerikanischen Außenpolitik.

Das Problem besteht darin, dass auf den an uns angrenzenden Gebieten – wohlgemerkt, auf unseren eigenen historischen Gebieten – ein „Anti-Russland“ entsteht, das unter vollständige Kontrolle von außen gestellt, von den Streitkräften der Nato-Länder intensiv besiedelt und mit den modernsten Waffen vollgepumpt wird.

Für die USA und ihre Verbündeten ist dies eine sogenannte Politik der Eindämmung Russlands, eine offensichtliche geopolitische Dividende. Aber für unser Land ist es letztlich eine Frage von Leben und Tod, eine Frage unserer historischen Zukunft als Nation.

Und das ist keine Übertreibung – so ist es nun einmal. Dies ist eine echte Bedrohung nicht nur für unsere Interessen, sondern für die Existenz unseres Staates und seine Souveränität. Dies ist die rote Linie, über die immer wieder gesprochen wurde. Sie haben die Grenze überschritten.

Lage im Donbass

In diesem Zusammenhang ist die Lage im Donbass zu nennen. Wir sehen, dass jene Kräfte, die 2014 in der Ukraine einen Staatsstreich durchgeführt, die Macht an sich gerissen und sie mithilfe eines fingierten Wahlverfahrens gehalten haben, endgültig eine friedliche Lösung des Konflikts ablehnen. Acht Jahre lang, unendlich lange acht Jahre, haben wir alles getan, damit die Situation mit friedlichen, politischen Mitteln gelöst wird. Alles umsonst.

Wie ich bereits in meiner vorherigen Ansprache sagte, kann man das, was dort geschieht, nicht ohne Mitgefühl betrachten. Es war einfach unmöglich, das noch länger zu ertragen. Es war notwendig, diesen Albtraum zu beenden – diesen Genozid an den Millionen von Menschen, die dort leben und nur auf Russland – auf Sie – hoffen. Diese Bestrebungen, Gefühle und der Schmerz der Menschen waren der wichtigste Grund für uns, die Volksrepubliken des Donbass anzuerkennen.

Ich halte es für wichtig zu betonen: Die führenden Nato-Länder unterstützen, um ihre eigenen Ziele zu erreichen, extreme Nationalisten und Neonazis in der Ukraine, die ihrerseits den Menschen auf der Krim und in Sewastopol ihre freie Entscheidung für die Wiedervereinigung mit Russland nie verzeihen werden.

Natürlich werden sie auf die Krim gehen, genau wie in den Donbass, um Krieg zu führen und zu töten, genau wie die Strafkolonnen der ukrainischen Nationalisten, Hitlers Kollaborateure während des Großen Vaterländischen Krieges, wehrlose Menschen töteten. Sie erheben auch unverhohlen Anspruch auf eine ganze Reihe anderer russischer Gebiete.

Der gesamte Verlauf der Ereignisse und die Analyse der eingehenden Informationen zeigen, dass ein Zusammenstoß zwischen Russland und diesen Kräften unvermeidlich ist. Es ist nur eine Frage der Zeit: Sie bereiten sich vor, sie warten auf einen günstigen Moment. Jetzt behaupten sie auch, Atomwaffen zu besitzen. Wir werden dies nicht zulassen.

Neue geopolitische Realitäten

Wie ich bereits sagte, hat Russland die neuen geopolitischen Realitäten nach dem Zusammenbruch der UdSSR akzeptiert. Wir respektieren alle neu entstandenen Länder im postsowjetischen Raum und werden dies auch weiterhin tun.

Wir respektieren ihre Souveränität und werden sie auch weiterhin respektieren. Ein Beispiel dafür ist die Hilfe, die wir Kasachstan geleistet haben, das tragische Ereignisse und Anfechtungen seiner Staatlichkeit und Integrität erlebt hat. Aber Russland kann sich nicht sicher fühlen, kann sich nicht entwickeln, kann nicht existieren unter der ständigen Bedrohung, die vom Gebiet der heutigen Ukraine ausgeht.

Ich möchte Sie daran erinnern, dass wir in den Jahren 2000 bis 2005 militärisch gegen Terroristen im Kaukasus gekämpft, die Integrität unseres Staates verteidigt und Russland intakt gehalten haben. Im Jahr 2014 haben wir die Menschen auf der Krim und in Sewastopol unterstützt. Im Jahr 2015 haben wir unsere Streitkräfte eingesetzt, um das Eindringen von Terroristen aus Syrien nach Russland zuverlässig zu unterbinden. Es gab keine andere Möglichkeit, uns zu verteidigen.

Entschluss zur militärischen Operation

Das Gleiche passiert jetzt auch. Uns ist keine Möglichkeit geblieben, Russland, unser Volk, zu verteidigen, als die, die wir heute nutzen müssen. Die Umstände verlangen von uns, dass wir entschlossen und sofort handeln. Die Volksrepubliken des Donbass haben Russland um Hilfe gebeten.
In diesem Zusammenhang habe ich gemäß Teil 7 Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen mit Zustimmung des russischen Föderationsrates und in Umsetzung der von der Föderalen Versammlung am 22. Februar dieses Jahres ratifizierten Verträge über Freundschaft und gegenseitigen Beistand mit der Volksrepublik Donezk und der Volksrepublik Luhansk den Beschluss gefasst, eine besondere militärische Operation durchzuführen.
Ihr Ziel ist es, die Menschen zu schützen, die seit acht Jahren von dem Kiewer Regime misshandelt und ermordet werden. Und zu diesem Zweck werden wir uns um die Entmilitarisierung und Entnazifizierung der Ukraine bemühen und diejenigen vor Gericht stellen, die zahlreiche blutige Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung, einschließlich der Bürger der Russischen Föderation, begangen haben.

Keine ukrainischen Gebiete besetzen

Unsere Pläne sehen keine Besetzung der ukrainischen Gebiete vor. Wir haben nicht die Absicht, jemandem etwas mit Gewalt aufzuzwingen.

Zugleich hört man in letzter Zeit im Westen immer öfter, dass die vom totalitären Sowjetregime unterzeichneten Dokumente, in denen die Ergebnisse des Zweiten Weltkriegs festgeschrieben sind, nicht länger umgesetzt werden sollten. Und was ist die Antwort darauf?
Der Ausgang des Zweiten Weltkriegs ist heilig, ebenso wie die Opfer, die unser Volk auf dem Altar des Sieges über den Nationalsozialismus gebracht hat. Dies steht jedoch nicht im Widerspruch zu den hohen Werten der Menschenrechte und Freiheiten, die auf den Realitäten der Nachkriegsjahrzehnte beruhen. Sie setzt auch nicht das in Artikel 1 der UN-Charta verankerte Selbstbestimmungsrecht der Nationen außer Kraft.

Ich möchte Sie daran erinnern, dass weder bei der Gründung der UdSSR noch nach dem Zweiten Weltkrieg jemand die Menschen in den Gebieten, die die heutige Ukraine bilden, gefragt hat, wie sie ihr Leben gestalten wollen. Unsere Politik basiert auf der Freiheit, der Wahlfreiheit eines jeden, seine eigene Zukunft und die seiner Kinder selbst zu bestimmen.

Und wir halten es für wichtig, dass alle Völker, die auf dem Gebiet der heutigen Ukraine leben, jeder, der das möchte, dieses Recht ausüben kann – das Recht zu wählen.

In diesem Zusammenhang appelliere ich auch an die Bürger der Ukraine. Im Jahr 2014 hatte Russland die Pflicht, die Bewohner der Krim und Sewastopols vor denjenigen zu schützen, die Sie selbst als „Nazis“ bezeichnen.

Die Menschen auf der Krim und in Sewastopol haben sich für ihr historisches Heimatland, für Russland, entschieden, und wir haben sie dabei unterstützt. Auch hier konnten wir einfach nicht anders handeln.

Russland vor Geiselnehmern der Ukraine schützen

Bei den heutigen Ereignissen geht es nicht darum, die Interessen der Ukraine und des ukrainischen Volkes zu verletzen. Es geht darum, Russland selbst vor denen zu schützen, die die Ukraine als Geisel genommen haben und versuchen, sie gegen unser Land und seine Bevölkerung einzusetzen.

Auch hier handelt es sich um eine Selbstverteidigung gegen die Bedrohungen, denen wir ausgesetzt sind, und gegen ein noch größeres Unglück als das, was heute geschieht. So schwierig es auch ist, ich bitte Sie, dies zu verstehen, und ich rufe dazu auf, sich zu engagieren, um diese tragische Seite so schnell wie möglich umzuschlagen und gemeinsam voranzukommen und niemandem zu erlauben, sich in unsere Angelegenheiten, in unsere Beziehungen einzumischen, sondern sie eigenständig aufzubauen – damit dies die notwendigen Voraussetzungen für die Bewältigung aller Probleme schafft und uns trotz nationaler Grenzen von innen heraus als Ganzes stärkt. Daran glaube ich – das ist unsere Zukunft.

Putin wendet sich an die Streitkräfte

Ich muss mich auch an die Soldaten der Streitkräfte der Ukraine wenden.

Genossinnen und Genossen! Ihre Väter, Großväter und Urgroßväter haben nicht gegen die Nazis gekämpft und unser gemeinsames Vaterland verteidigt, damit die heutigen Neonazis die Macht in der Ukraine ergreifen können.

Sie haben einen Treueeid auf das ukrainische Volk geschworen und nicht auf die volksfeindliche Junta, die die Ukraine ausraubt und genau dieses Volk schikaniert.

Führen Sie seine kriminellen Befehle nicht aus. Ich fordere Sie auf, Ihre Waffen sofort niederzulegen und nach Hause zu gehen. Um es klar zu sagen: Alle Angehörigen der ukrainischen Armee, die dieser Forderung nachkommen, werden das Kriegsgebiet ungehindert verlassen und zu ihren Familien zurückkehren können.

Ich möchte noch einmal betonen, dass die Verantwortung für ein mögliches Blutvergießen allein auf dem Gewissen des Regimes liegt, das das Gebiet der Ukraine regiert.

Einmischung führt zu Konsequenzen

Nun ein paar wichtige, sehr wichtige Worte für diejenigen, die versucht sein könnten, sich von außen in das Geschehen einzumischen. Wer auch immer versucht, sich bei uns einzumischen, geschweige denn unser Land und unser Volk zu gefährden, muss wissen, dass die Antwort Russlands sofort erfolgen und zu Konsequenzen führen wird, die Sie in Ihrer Geschichte noch nie erlebt haben. Wir sind auf jede Entwicklung der Ereignisse vorbereitet. Alle notwendigen Entscheidungen wurden in dieser Hinsicht getroffen. Ich hoffe, dass ich gehört werde.

Liebe Bürgerinnen und Bürger Russlands!

Das Wohlergehen, die Existenz ganzer Staaten und Völker, ihr Erfolg und ihre Lebensfähigkeit haben ihren Ursprung immer in einem mächtigen Wurzelsystem ihrer Kultur und ihrer Werte, den Erfahrungen und Traditionen ihrer Vorfahren, und hängen natürlich unmittelbar von ihrer Fähigkeit ab, sich schnell an das sich ständig verändernde Leben anzupassen, vom Zusammenhalt der Gesellschaft, ihrem Willen zur Konsolidierung, die ganze Kraft zu sammeln, um vorwärtszugehen.

Gewalt wird immer gebraucht – immer –, aber Gewalt kann unterschiedliche Qualitäten haben. Die Politik des „Lügenimperiums“, von der ich zu Beginn meiner Rede gesprochen habe, beruht auf roher, direkter Gewalt. In solchen Fällen sagen wir: „Wo Stärke ist, braucht man keine Vernunft.“

Aber Sie und ich wissen, dass die wahre Stärke in der Gerechtigkeit und der Wahrheit liegt, die auf unserer Seite ist. Wenn das so ist, so muss man auch zustimmen, dass Gewalt und die Bereitschaft zum Kampf Unabhängigkeit und Souveränität zugrunde liegen und das Fundament bilden, auf dem man sein Haus, seine Familie, seine Heimat und Zukunft bauen kann.

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger!

Ich bin mir sicher, dass die engagierten Soldaten und Offiziere der russischen Streitkräfte ihre Pflicht professionell und mutig erfüllen werden. Ich zweifle nicht daran, dass alle Machtebenen und die Fachleute, die für die Stabilität unserer Wirtschaft, des Finanzsystems und des sozialen Bereichs verantwortlich sind, sowie die Führungskräfte unserer Unternehmen und die gesamte russische Wirtschaft koordiniert und effizient arbeiten werden. Ich zähle auf die konsolidierte, patriotische Haltung aller parlamentarischen Parteien und öffentlichen Kräfte.

Schließlich liegt das Schicksal Russlands, wie schon immer, in den fähigen Händen unseres multiethnischen Volkes. Das bedeutet, dass die von uns gefassten Beschlüsse umgesetzt und die Ziele erreicht werden und die Sicherheit unseres Vaterlandes gewahrt wird.

Ich zähle auf Ihre Unterstützung, auf jene unbesiegbare Kraft, welche uns die Liebe zu unserem Vaterland verleiht.“

Übersetzung und Dokumentation: Anna Kipnis, Julia Buschmann

Mehr: Lesen Sie hier die aktuellen Entwicklungen in der Ukrainekrise im Liveblog.

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