Intel sucht Kunden für Fabrik in Magdeburg

Intel-Komponenten

Der amerikanische Chipkonzern versucht sich als Auftragsfertiger und sucht Kunden für sein neues Werk in Magdeburg.

(Foto: Bloomberg)

München Auf einen eigenen Stand verzichtet Intel auf der Automesse IAA in München. Der US-Chiphersteller ist trotzdem hochrangig vertreten: Vertriebsvorstand Christoph Schell versucht in diesen Tagen, Aufträge für die neue, 30 Milliarden Euro teure Fabrik des Konzerns in Magdeburg zu ergattern.

An der Elbe will Intel in großem Stil als Auftragsfertiger tätig werden. „Die Kunden in Deutschland und Europa sollten sich fragen: Wie viel Abhängigkeit will ich von Asien?“, sagte Schell dem Handelsblatt. Bislang beziehen die meisten Firmen ihre Halbleiter von Auftragsfertigern, sogenannten Foundries, in Fernost.

Schell hingegen verspricht, künftig die gesamte Wertschöpfungskette in Europa anzubieten. Der Kern der Fertigung findet in Sachsen-Anhalt statt, für Montage und Tests plant das Unternehmen für rund vier Milliarden Euro ein eigenes Werk in Polen. Damit will Intel die Kunden verlässlicher beliefern als die Wettbewerber in Asien, die vor allem während der Pandemie mit den Bestellungen nicht hinterherkamen.

Intel fährt künftig zweigleisig

Für Vertriebsvorstand Schell ist die IAA fast ein Heimspiel: Der einzige deutsche Topmanager bei Intel stammt aus dem schwäbischen Kirchheim/Teck. Vor anderthalb Jahren ist der Betriebswirt vom Computerbauer HP zum zweitgrößten Halbleiterkonzern der Welt gewechselt.

Bislang hat Intel fast ausschließlich für den eigenen Bedarf produziert. Der Konzern ist der weltweit größte Anbieter von Prozessoren für PCs und Notebooks. Das ändert sich gerade: „Intel stellt sich jetzt zweigleisig auf“, erläuterte Schell.

Christoph Schell

Der Intel-Vertriebsvorstand sucht nach Kunden für die neue Fabrik in Magdeburg.

(Foto: HP)

Die neuen Fertigungslinien in Magdeburg seien vor allem dazu gedacht, deutsche und europäische Auftraggeber zu bedienen. Das können sowohl Chiphersteller wie Infineon oder NXP sein als auch Industriekonzerne, die ihre eigenen Halbleiter designen. Vorbild ist die Automarke Tesla, die seit Langem selbst entworfene Chips verwendet.

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Allerdings muss sich Intel auf scharfen Wettbewerb einstellen. Der Auftragsfertiger Globalfoundries strebt ebenfalls eine komplett europäische Produktion an. Das US-Unternehmen produziert bereits seit Jahren in Dresden und verpackt die Halbleiter künftig gemeinsam mit einem Partner in Portugal.

Damit nicht genug: Mit TSMC lässt sich der weltgrößte Auftragsfertiger in Sachsen nieder und kann damit zukünftig auch mit dem Label „made in Europe“ werben. Die Taiwaner besitzen dabei einen gewaltigen Vorteil gegenüber Intel: Sie haben bereits große Kunden gewonnen. Denn an der zehn Milliarden Euro teuren Fabrik an der Elbe beteiligen sich Bosch, Infineon sowie NXP.

Intel kassiert bereits eine Vorauszahlung

Es gebe jedoch „eine gute Resonanz“ auf die Foundry-Pläne von Intel, beteuerte Schell in München. Der Konzern habe eine große Vorauszahlung eines zukünftigen Kunden erhalten, erläuterte Vorstandschef Pat Gelsinger vergangene Woche auf einer Konferenz. Den Namen des Auftraggebers wollte der Manager allerdings nicht nennen.

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Für Intel ist das nicht nur als Zeichen an weitere potenzielle Kunden wichtig. Da das Geschäft derzeit schlecht läuft, kann die Firma aus dem Silicon Valley die Anzahlung gut für ihre Milliardeninvestitionen gebrauchen. Derzeit baut Intel neue Fabriken in Arizona sowie in Ohio. Die Bauarbeiten in Magdeburg sollen Schell zufolge spätestens kommendes Frühjahr starten. Noch hat die EU aber die staatlichen Subventionen nicht genehmigt: Der Bund fördert die Ansiedlung mit rund zehn Milliarden Euro.

Geplante Intel-Chipfabrik

Neubau in Magdeburg: Intel will nicht nur für den eigenen Bedarf fertigen, sondern auch als Auftragsfertiger tätig werden.

(Foto: dpa)

Potenzielle Kunden äußern sich durchaus positiv über die Pläne von Intel, in Europa als Auftragsfertiger zu reüssieren. „Wir benötigen Fabriken in verschiedenen Teilen der Erde“, sagte Qualcomm-Chef Cristiano Amon dem Handelsblatt. Der Handychip-Spezialist ist der zweitgrößte Kunde von TSMC, gleich nach Apple.

Bislang steht und fällt das US-Unternehmen mit der TSMC-Fertigung in Taiwan. Denn die Firma aus San Diego verzichtet weitgehend auf eigene Fabriken. Stehen die Bänder bei TSMC still, ist auch Qualcomm lahmgelegt.

Für Qualcomm eine attraktive Alternative

Die Intel-Fabrik in Europa ist auch deshalb attraktiv für Qualcomm, weil das Unternehmen zunehmend mit der europäischen Autoindustrie ins Geschäft kommt. So beliefert der US-Konzern unter anderem BMW, Mercedes und den VW-Konzern. Die Autofirmen drängen immer mehr auf eine regionale Chipfertigung, um von Zulieferern aus Asien unabhängig zu werden.

Intel will sich von den Foundry-Konkurrenten dadurch absetzen, dass das Unternehmen in Magdeburg Chips mit den kleinsten Strukturgrößen produzieren möchte. Derartige Halbleiter finden auch in Europa immer mehr Abnehmer, weil Autos zu fahrenden Computern werden und entsprechend fortschrittliche Chips benötigen. TSMC will in Dresden dagegen eher ältere Technologiegenerationen anbieten.

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