Hapag-Lloyd steigt in milliardenschweres Bietergefecht um Rivalen HMM ein

Frachter der Hapag-Lloyd

Die Reederei könnte mit dem Erwerb der HMM-Flotte ihren Platz als fünftgrößte Reederei der Welt behaupten.

(Foto: dpa)

Düsseldorf Die Hamburger Container-Reederei Hapag-Lloyd will offenbar die Milliardengewinne der vergangenen zwei Jahre nutzen, um sich die Mehrheit beim koreanischen Wettbewerber HMM zu sichern.

Nach einem Bericht des Branchendienstes „The Loadstar“ hat Deutschlands größte Reederei einen Verkaufsprospekt bei der auf Übernahmen spezialisierten Beratung Samsung Securities angefordert, die mit der Veräußerung beauftragt ist. An diesem Montag endet die Bieterfrist.

Hapag-Lloyd bestätigt das Interesse auf Anfrage indirekt, ohne auf den konkreten Deal näher einzugehen. „Die Hapag-Lloyd AG prüft ständig Möglichkeiten, ihr Geschäft weiterzuentwickeln und auszubauen“, sagte ein Sprecher auf Anfrage zu dem konkreten Fall. „In diesem Zusammenhang prüft sie auch, ob durch Investitionen in andere Liniendienste ein noch stärkerer Akteur in der globalen Schifffahrtsindustrie entstehen könnte.“

Zum Verkauf stehen 57,9 Prozent der weltweit achtgrößten Container-Reederei. Gehalten werden sie von den staatlichen Banken Korea Development Bank sowie Korea Ocean Business Corp, die HMM 2016 vor der Insolvenz retteten.

Die frühere Hyundai Merchant Marine (HMM) war während der langjährigen Seefahrtskrise in Schwierigkeiten geraten. Um eine zweite Megapleite wie bei der ebenfalls koreanischen Hanjin zu verhindern, hatten die staatlichen Banken ihre Kredite bei HMM in Eigenkapital umgewandelt.

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Nachdem die Kapazitätsengpässe während der Coronakrise Koreas verbliebener Container-Reederei hohe Erträge eingebracht haben, will sich der Staat nun von diesen Anteilen gewinnbringend trennen. Branchenexperten schätzen den Kaufpreis auf 3,8 bis 7,6 Milliarden Dollar.

Hapag-Lloyd, die allein im vergangenen Jahr 18 Milliarden Dollar netto verdiente, könnte den Erwerb theoretisch komplett aus eigener Tasche stemmen. Ende Juni 2023 befanden sich in der Konzernkasse liquide Mittel von mehr als 6,8 Milliarden Euro (7,4 Milliarden Dollar). Hinzu kommt, dass HMM wie Hapag-Lloyd der Container-Seefahrtsallianz „THE Alliance“ angehört und damit für die Hamburger keine Unbekannte ist. In den weltweit nur drei Reederei-Verbänden sprechen die Schifffahrtsgesellschaften ihre Fahrtrouten ab.

Hapag-Lloyd bietet gegen südkoreanische Konkurrenten

Ohne den Zukauf besteht für Hapag-Lloyd die Gefahr, im weltweiten Ranking der Container-Reedereien schon bald den fünften Platz zu verlieren und auf Rang sieben abzurutschen. Der japanische Reederei-Konzern ONE, bislang die Nummer sechs, könnte die Hamburger wegen seines fast doppelt so dicken Orderbuchs bei den Werften überholen.

Auch die taiwanesische Evergreen, bekannt geworden durch die spektakuläre Havarie im Suezkanal, ist mit einer Transportkapazität von 1,67 Millionen Standardcontainern (TEU) und einem üppigen Orderbuch nicht mehr weit von den 1,88 Millionen Containerstellplätzen der deutschen Reederei entfernt.

Den Rang verbessern würde die HMM-Übernahme für Hapag-Lloyd dagegen nicht, obwohl zu den 258 Hapag-Ozeanriesen rund 75 HMM-Schiffe mit 790.000 TEU an Kapazität hinzukämen. Die Nummer vier, die chinesische Reederei Cosco, bliebe für die Hamburger trotzdem uneinholbar.

HMM Hamburg

Die achtgrößte Container-Reederei der Welt steht zum Verkauf, die Hapag-Lloyd bietet mit.

(Foto: IMAGO/Nikito)

Hapag-Lloyd-Chef Rolf Habben Jansen hatte sich zuletzt mit Neubestellungen zurückgehalten und stattdessen auf den Zukauf von Hafenterminals fokussiert. Zudem liegen, während allenfalls kleine Schiffsbetreiber von Afrikadiensten zugekauft wurden, die bisher letzten Übernahmen größerer Reedereien lange zurück.

2014 übernahmen die Hamburger die chilenische CSAV, deren einstige Eigentümer heute 30 Prozent der Hapag-Aktien halten. 2017 kam die arabische UASC hinzu, deren Übernahme ebenfalls mit eigenen Aktien bezahlt wurde. „Weitere Zukäufe bringen wegen der bereits erreichten Größe kaum noch zusätzlichen Gewinn“, hatte der gebürtige Niederländer Habben Jansen noch vor einiger Zeit erklärt.

Ob er nun in Südkorea zum Zuge kommt, ist allerdings ungewiss. Denn mit im Bieterwettbewerb befinden sich die Logistikgruppe LX Pantos, der Wettbewerber SM Line, der Schüttgut-Seetransporteur Harim, die Fischfang-Reederei Dongwon und der Bekleidungsexporteur Global Sae-A – allesamt heimische Konkurrenten von HMM.

„Es wird politisch kaum machbar sein, HMM an ein nicht-südkoreanisches Unternehmen zu verkaufen“, äußert etwa Tan Hua Joo, Analyst bei der maritimen Beratungsfirma Linerlytica in Singapur, Zweifel am Erfolg der Hamburger. „Insbesondere nachdem die Reederei in der Vergangenheit staatliche Unterstützung erhalten hat.“

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