Finanzchef Klaus Keysberg verlässt Thyssen-Krupp

Düsseldorf, Berlin Bei Thyssen-Krupp herrscht weiter Unruhe. Der Industriekonzern kündigte wenige Monate nach dem Abschied der ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Martina Merz an, dass auch Finanzchef Klaus Keysberg das Unternehmen verlassen wird. Er werde den Posten nach Ablauf seines Vertrags im Juli 2024 aufgeben. Die Ankündigung der Personalie zehn Monate im Voraus ist durchaus überraschend, der Wechsel selbst hingegen nicht.

Einige wenige Vertreter der Eigentümerseite im Aufsichtsrat hätten zwar eine Ablösung zeitgleich mit Merz favorisiert, wie das Handelsblatt aus hochrangigen Kreisen erfuhr. Ein gleichzeitiger Exit von Vorstandschefin und Finanzvorstand wäre jedoch ein fatales Signal an den Kapitalmarkt gewesen. Zudem sei Keysberg selbst umgänglich, habe jedoch mit Merz nicht harmoniert. Allzu erratisch seien ihm – wie auch Managern in unteren Ebenen – die strategischen Wendungen bei Thyssen-Krupp gewesen, wie es hieß.

Hinzu kommt, dass Keysberg keine fachlichen Fehler nachzuweisen sind. Seit er die Finanzen des Ruhrkonzerns beaufsichtigte, verbesserte sich die Bilanz. Der neue Vorstandsvorsitzende Miguel López hätte daher durchaus auch an Keysberg festhalten können. „Zwischen den beiden Männern gab es keinen Konflikt“, sagte eine Person aus ihrem Umfeld.

Gespaltener Aufsichtsrat

Nach Handelsblatt-Informationen habe es im Aufsichtsrat des Konzerns auch Stimmen gegeben, die Keysberg im Vorstand des Konzerns hätten halten wollen – vor allem wegen seiner Einstellung zur weiteren Gestaltung des Konzerns.

Der Manager soll sich laut mit dem Vorgang vertrauten Personen für den Fall einer möglichen Abspaltung der Stahlsparte des Konzerns dafür ausgesprochen haben, diese finanziell möglichst nachhaltig zu gestalten. Der Konzern hätte vor der Abspaltung hohe Summen aufwenden müssen, um die Stahlsparte selbstständig aufzustellen. Neben milliardenschweren Investitionen in die klimafreundliche Umstellung auf eine grüne Stahlproduktion hätte das neue Unternehmen auch die laufenden Kosten der Stahlfertigung finanzieren können müssen.

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Gerade die Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat dürfte das bevorzugt haben. Während der Suche nach einem neuen Finanzchef bleiben die Details der finanziellen Abwicklung einer möglichen Verselbstständigung der Sparte nun wohl vorerst offen.

Denn der neue CEO macht Druck, die chronisch finanzschwache Gesellschaft auf solidere Beine zu stellen. López will mit dem Effizienzprogramm „Apex“ die Kostenbasis verbessern.

Erste Eckpunkte des Programms will López am kommenden Mittwoch dem Aufsichtsrat vorstellen. Er will in allen Geschäftsbereichen die Rendite steigern, darin stimmt er dem Vernehmen nach mit Keysberg überein.

Doch nicht nur der Druck einiger Aufsichtsräte bewegte Keysberg zum Abschied. Er habe seit geraumer Zeit den Plan gehabt, mit etwa 60 Jahren in den Ruhestand zu gehen, wie das Handelsblatt aus dem Umfeld des scheidenden Finanzchefs erfuhr. Dieser Zeitpunkt sei nach 30 Jahren im Konzern nun erreicht.

Intern und extern wird nach Nachfolger gesucht

Nach den Worten von Aufsichtsratschef Siegfried Russwurm hat Keysberg den Veränderungsprozess des Unternehmens in den vergangenen Jahren „eng begleitet“ und „maßgeblich zu den bislang erreichten Fortschritten der Transformation beigetragen“. Nun erreicht der Umbruch erneut die Konzernspitze, nachdem Anfang August bereits der langjährige Strategiechef und Merz-Vertraute Stefan Schmitt gehen musste.

Anders als bei dessen Abgang gibt es für Keysberg aber noch keinen Nachfolger. Thyssen-Krupp erklärte dazu nur, dass die Suche laufe. Laut Branchenkreisen fahndet der Aufsichtsrat intern, aber auch extern nach potenziellen Kandidaten.

Ein Anwärter ist dabei Volkmar Dinstuhl, der Übernahmen und Akquisitionen für den Konzern abwickelt. Ihm wird der Erfolg beim Verkauf der Aufzugsparte zugeschrieben, der dem Unternehmen 17 Milliarden Euro eingebracht hatte. Es gebe neben ihm aber auch andere Optionen, hieß es in Konzernkreisen. Thyssen-Krupp wollte sich zu dem laufenden Vorgang nicht äußern.

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Auf Keysbergs Nachfolger wartet eine anspruchsvolle Aufgabe. Vorstandschef Lopez will nicht nur die Bilanz verbessern, sondern gleich den gesamten Konzern umbauen. So hält er am Plan fest, die Stahlsparte abzugeben. Auch andere Bereiche könnten verkauft oder in Partnerschaften eingebracht werden.

Entscheidend ist dabei vor allem die Frage, wie Stahl in Zukunft rentabel produziert werden kann. Thyssen-Krupp verdiente im dritten Quartal wegen schwächelnder Geschäfte mit Stahl und im Materialhandel deutlich weniger.

Am Mittwoch wird der Aufsichtsrat von López – und Keysberg – hören wollen, wie sich die Lage zum Besseren wenden lässt.

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