Essensliefer-Start-up Circus Kitchens übernimmt Küchenroboterfirma Aitme

Kochroboter von Aitme

In den Küchen von Circus Kitchens sollen sie die Köche nicht komplett ersetzen, sondern mit ihnen zusammenarbeiten.

(Foto: PHIL LOEFFLER)

Berlin Künftig bekommen die Köche des Hamburger Start-ups Circus Kitchens Hilfe von drei mal drei Meter großen Küchenrobotern. Denn der Essenslieferdienst übernimmt das Berliner Start-up Aitme, das die Roboter herstellt und bereits längere Zeit nach einem Käufer gesucht hat.

„Durch die Übernahme von Aitme werden wir noch effizienter und schneller“, sagt Circus-Kitchens-Chef und -Mitgründer Nikolas Bullwinkel. Mithilfe der Aitme-Roboter möchte er vielfältigere und stärker personalisierte Gerichte anbieten.

Zum Kaufpreis will sich Bullwinkel nicht äußern. In Unternehmenskreisen ist von einem siebenstelligen Betrag die Rede. Ein Verlust für die Aitme-Investoren, darunter die Wagniskapitalgeber La Famiglia und HV Capital. Denn laut dem Datendienst Crunchbase hat Aitme seit der Gründung mehr als zwölf Millionen Dollar von Investoren erhalten. Weder La Famiglia noch HV Capital wollten sich dazu äußern.

Circus-Gründer Helge Plehn, Nikolas Bullwinkel und Carsten Wille (v.l.)

Mit dem Zukauf begegne das Start-up auch dem Fachkräftemangel.

(Foto: PHIL LOEFFLER)

Der Rückgang des Unternehmenswerts und ein Verkauf mit Verlust sind aktuell nicht ungewöhnlich. Unter dem Druck hoher Teuerungsraten, der Zinswende und allgemeiner Zurückhaltung von Investoren sind die durchschnittlichen Start-up-Bewertungen in Europa dem Datendienstleister Pitchbook zufolge im ersten Halbjahr deutlich gesunken. Das zwinge Geldgeber dazu, auch zu niedrigeren Bewertungen auszusteigen.

Circus finanziert die Übernahme selbst. „Wir haben zuletzt im November elf Millionen eingesammelt und erst kürzlich 5,5 Millionen Euro und können so den Zukauf problemlos realisieren“, sagt Bullwinkel. Die bisher vollautomatisch arbeitenden Küchenroboter von Aitme will er in den Circus-Betrieb integrieren.

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Aitme-Gründer Emanuel Pallua sagt zwar, er begrüße die Übernahme. Doch sie bedeutet auch das Scheitern der ursprünglichen Geschäftsidee von ihm und seinem Mitgründer Julian Stoß. Sie wollten ihre Roboter seit 2019 als Kantinenersatz in Unternehmen und Behörden etablieren. Die Geräte sollten die gewünschten Gerichte ganz ohne menschliche Mitarbeiter zubereiten und in Pappschalen füllen.

Zuletzt war rund eine Handvoll der Geräte im Einsatz, einer davon beim KI-Investor Merantix in Berlin. Die Roboter sehen aus wie eine Riesenversion des „Thermomix“ mit mehreren Töpfen, Greifarmen und Schüsseln.

Aitme-Küchenroboter sollen Köche nicht komplett ersetzen

In den Küchen von Circus Kitchens sollen sie die Köche nicht komplett ersetzen, sondern mit ihnen zusammenarbeiten. „Die Roboter von Aitme können viele Küchenprozesse schneller, präziser und mit geringerer Fehleranfälligkeit durchführen und sind deshalb eine sinnvolle Ergänzung für unser Küchenpersonal“, sagt Bullwinkel.

Auch Essensabfälle ließen sich so reduzieren. Zudem sei es aktuell schwer, auf dem Arbeitsmarkt überhaupt Köche zu bekommen. Mit dem Zukauf begegne Circus auch dem Fachkräftemangel.

Bullwinkel gründete Circus Kitchens vor zwei Jahren und bietet seit Sommer 2022 in Hamburg geliefertes Essen an. Inzwischen hat das Start-up nach Köln, Berlin und Duisburg expandiert. Insgesamt hat die Firma trotz der Zurückhaltung von Investoren bereits rund 18 Millionen Euro eingesammelt, unter anderem von Blackmars Capital und Business-Angels wie Verena Pausder und Lea-Sophie Cramer.

Die Circus-App bietet wechselnde Gerichte an, die Kunden können aber auch selbst Zutaten zusammenstellen, aus denen eine Künstliche Intelligenz dann das Rezept erstellt. Die Gerichte werden in den Mikroküchen auf Bestellung zubereitet und ausgeliefert. Bei der Lieferung kommen teils eigene Fahrer zum Einsatz, teils die des Lebensmittellieferdienstes Flink, den Bullwinkel mitgegründet hat.

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Die Expansion hat bei Circus zuletzt Geld verschlungen. Damit das Wachstum günstiger wird, stellt Circus Kitchens auf ein Franchise-Geschäftsmodell um. Bullwinkel kündigte im Rahmen der Neuaufstellung im Mai laut dem Datendienst Layoffs.fyi rund 35 Mitarbeitern. Einschließlich Aitme hat das Start-up aktuell rund 120 Mitarbeiter. „Ein erster Hamburger Standort ist bereits profitabel, weitere sollen folgen“, sagte Bullwinkel.

Wie hoch der Verlust aktuell noch ist, wollte der Mitgründer genauso wenig bekannt geben wie aktuelle Wachstumszahlen.

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