Französische Politik verärgert über Beteiligung chinesischer Unternehmen am Hamburger Hafen


Die Entscheidung Berlins, der chinesischen Reederei Cosco eine 25-prozentige Minderheitsbeteiligung am Hamburger Hafen zu geben, wurde von französischen Politikern kritisiert, die für eine geschlossene Front gegen die Schaffung von Abhängigkeiten zwischen der EU und China plädieren.

Die deutschen öffentlich-rechtlichen Sender NDR und WDR gaben am 20. Oktober bekannt, dass der chinesische Schifffahrtsriese Cosco trotz des Widerstands mehrerer deutscher Ministerien eine Minderheitsbeteiligung am Hamburger Schifffahrtshafen übernehmen soll.

Der Hafen ist Deutschlands größter und der zweitgrößte der EU für Containerschiffe und damit ein wichtiger Standort für EU-Handelsströme.

Nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine, der Vorsicht der EU bei der Schaffung neuer Abhängigkeiten und Forderungen der Kommission nach einem verstärkten Schutz kritischer Infrastrukturen im Block haben französische Politiker die Entscheidung Deutschlands kritisiert, den Anteil an das chinesische Unternehmen zu verkaufen.

„Ich bin bestürzt über die deutsche Entscheidung“, sagte die Mehrheitsparteiabgeordnete Anne Genetet, die in China lebende französische Staatsbürger vertritt, gegenüber EURACTIV.

Investitionen in kritische Infrastrukturen seien „der effektivste Weg, den China hat, um seine Interessen in Europa voranzutreiben“, fügte sie hinzu.

Von EURACTIV um Stellungnahme gebeten Zu der deutschen Entscheidung und ob in Frankreich neue chinesische Investitionen in kritische Infrastrukturen zu erwarten seien, sagte das französische Ministerium für internationalen Handel, es habe „bisher keine ausreichend detaillierte Antwort“ erhalten und sich nicht weiter dazu geäußert.

Risiken für die wirtschaftliche Souveränität der EU

Die Neugestaltung der handels- und wirtschaftspolitischen Abhängigkeiten Europas von China stand im Mittelpunkt der stundenlangen Diskussionen der Staats- und Regierungschefs der EU auf der letzten Tagung des Europäischen Rates am 20. und 21. Oktober in Brüssel.

Vierzehn europäische Häfen haben chinesische Konglomerate als Anteilseigner, sechs davon über Mehrheitsbeteiligungen.

China’s Merchant Ports (CMP), ein weiteres chinesisches Konglomerat, hält Minderheitsbeteiligungen an drei französischen Häfen, eine Situation, die laut Genetet “mit großer Vorsicht behandelt werden muss”.

„Die französischen Abgeordneten erkennen nicht, wie die chinesische Diplomatie in der Praxis funktioniert“, sagte Genetet und warnte davor, dass sowohl der strategische Schritt von Cosco in Hamburg als auch die allgemeinere Ausbreitung des chinesischen Einflusses auf europäische kritische Infrastrukturen „die wirtschaftliche Souveränität eines Landes einschränken“ können.

Bereits im Oktober 2021 ein Bericht von Das französische Institut für Militärstrategie IRSEM stellte fest, dass „wirtschaftlicher Druck bei weitem einer der stärksten diplomatischen Hebel Chinas“ in Europa war.

„Die deutsche Entscheidung widerspricht dem aktuellen EU-Narrativ, dass es eine ‚Neukalibrierung‘ der wirtschaftlichen Abhängigkeiten zwischen der EU und China geben muss“, Elvire Fabry, Senior Researcher am Jacques Delors Institute, gegenüber EURACTIV.

Dies stehe in krassem Gegensatz zu Frankreichs Bewahrung einer Einheitsfront, sagte sie und fügte hinzu: „Frankreich hat sich nachdrücklich für eine EU-weite Gesetzgebung zum Filtern ausländischer Direktinvestitionen eingesetzt [in 2020].“

Mathieu Duchâtel, Asia Program Director am französischen Institut Montaigne, sagte gegenüber EURACTIV, dass ein ähnlicher Mechanismus 2019 im französischen Recht verankert wurde – so gestaltet, dass er „maßgeschneidert für China“ war.

Darüber hinaus die jüngste Ankündigung, dass Bundeskanzler Olaf Scholz wird diesen Freitag (4. November) nach China reisen, was zu wachsender Frustration beiträgt.

„Deutschland ist ein sinkendes Schiff“, sagte eine französische Quelle, die dem Thema nahe steht, gegenüber EURACTIV.

Koalitionsstreitigkeiten

Der umstrittene Hamburger Hafenvertrag hat auch in Deutschland eine Debatte über den chinesischen Einfluss ausgelöst. Während die regierende SPD und ihr Bundeskanzler Olaf Scholz den Deal weitgehend befürworteten, kritisierten die Grünen und die liberale FDP den Schritt scharf.

Außenministerin Annalena Baerbock gehört zu den lautesten Kritikern. Das chinesische Unternehmen Cosco solle sich ihrer Meinung nach „überhaupt nicht“ im Hamburger Hafen engagieren.

„China verbietet ausländischen Unternehmen, in ihre Infrastruktur zu investieren, verbietet Unternehmen, in China tätig zu sein […]. Und das alles erlauben wir dann in unserem Land?“ Das sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock ARD am Sonntag. „Das ist eine absolute Wettbewerbsverzerrung“, fügte sie hinzu.

Außerdem schlug der liberale Finanzminister Christian Lindner ein neues Gesetz vor, um das Ausmaß des chinesischen Einflusses in Deutschland zu begrenzen. Da Peking versuchen werde, Abhängigkeiten zu schaffen, müsse „das Außenwirtschaftsrecht geändert werden“, sagte Lindner Funke Mediengruppe.

„Das Finanzministerium hat anlässlich des Cosco-Falls eine entsprechende Initiative ergriffen“, fügte er hinzu.

Was diese neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen beinhalten könnten, nannte Lindner zwar keine Details, aber auch in der SPD scheint der Schritt Unterstützer zu haben.

Lars Klingbeil, SPD-Vorsitzender, sagte am Sonntag: „Bei der Digitalisierung, bei der kritischen Infrastruktur, bei der Frage der künstlichen Intelligenz, der Daten, der Quantencomputer, bei all diesen Fragen hat China nichts zu suchen in Europa dabei sein.“

[Edited by János Allenbach-Ammann/Nathalie Weatherald]



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